Kreis Kaiserslautern „Polit-Radler“ und Kinder im Anhänger

Kurze Hose oder Regenjacke? Der prüfende Blick in den Himmel fällt an diesem Sonntagmorgen etwas länger aus. Denn es soll ja nicht mal kurz um die Ecke gehen, sondern zu einem ausgedehnten Fahrradausflug ins Lautertal. Da kann die richtige Kleidung schon über den Spaßfaktor entscheiden. Heute lassen wir mal den Optimismus siegen: Die Wolken gehen allmählich hoch, die Sonne wird wohl bis zum Nachmittag halten. Davon ist auch Harald Westrich überzeugt, der Bürgermeister der kürzlich fusionierten Verbandsgemeinde Otterbach-Otterberg. „Ich bin von Anfang an mit meinem Sportverein beim Erlebnistag dabei“, verkündet der Sozialdemokrat, der im zünftigen Radler-Dress erschienen ist. „Und in den allermeisten Fällen hatten wir Glück mit dem Wetter. Und das wird auch heute so sein.“ Mit einer erfrischend kurzen Rede eröffnet Westrich, flankiert von örtlichen Honoratioren, um Punkt zehn Uhr den Jubiläumstermin. Ortsbürgermeister Herbert Matz schwenkt kurz die schwarz-weiße Starterflagge – und ab geht die Post. Zunächst allerdings nur für ein paar hundert Meter: Heute müssen die „Polit-Radler“ gleich zum nächsten Ereignis. Die Reservisten-Kameradschaft Otterbach hat eingeladen, um ihre Zusammenarbeit mit den Freunden von der US-Army zu feiern (siehe „Zur Sache“). Zu diesem Zeitpunkt brausen die Profis unter den Freizeit-Radlern längst mit einem Affentempo über die B 270. Mit ihren schnellen Maschinen genießen sie sowohl die frische Morgenluft als auch die freie Strecke, die sonst den Autofahrern zwischen Kaiserslautern und Lauterecken vorbehalten ist. Sie machen dabei Tempo, denn sie wissen: Wenn erst einmal die Familien mit Kind und Kegel auftauchen, ist es mit der schnellen Fahrt vorbei. Dann geht nämlich Gemütlichkeit vor Ehrgeiz. Und sie lassen auch nicht lange auf sich warten, die Karawanen aus Richtung Kaiserslautern. Schon gegen 11 Uhr bevölkern sie mit ihren bunt beflaggten Tourenrädern die Straße. Hier ein Ehepaar mit gleich drei Kindern in Papas Anhänger, dort ein Kegelclub im uniformen Dress. Selbst Hund und Katz finden Platz, fesch ausstaffiert für den sonntäglichen Ausflug. Jetzt ist noch höchstens Tempo 20 angesagt, denn allmählich wird es auf der Fahrbahn eng. Doch von Hektik keine Spur, es herrschen Rücksicht und Höflichkeit. Nur gut, dass die allermeisten Radler an diesem Sonntag waschechte Westpfälzer sind. Pünktlich zum mittäglichen Glockenschlag überfällt viele von ihnen ein ungeheurer Hunger und Durst. Und um ihn wirkungsvoll zu bekämpfen, haben sich die Freiwilligen Feuerwehren, Sport- und Heimatvereine bestens gerüstet: In jedem Dorf, von Sambach über Katzweiler und Hirschhorn bis nach Sulzbachtal, locken sie mit ihren Schwenker-Ständen und Spezialitäten. Doch es gibt auch stillere Vergnügen am Rande des Erlebnistags. Zwischen Hirschhorn und Olsbrücken wirbt der BUND mit einem kleinen Stand am Rand der Straße für seine Aktion „Das regionale Äpfelchen“: „Wir haben die Patenschaft für eine Streuobstwiese hier ganz in der Nähe übernommen“, erläutert Sieglinde Gramoll, „wir pflegen sie und dürfen dafür ernten. Und das Obst, vor allem die alten Apfelsorten, verkaufen wir im Herbst in Kaiserslautern. Im letzten Jahr wurde es uns regelrecht aus den Händen gerissen.“ Ziemlich lebhaft geht es wieder in Olsbrücken zu, der letzten Station der Lautertal-Route im Landkreis. Hier haben die Vereine ein regelrechtes Volksfest auf die Beine gestellt, mit diversen Bühnen und Musik. Und mit Erfolg: „Der Andrang ist genauso groß wie im vergangenen Jahr, und das bei den gemischten Wetter-Aussichten“, berichtet Dieter Gehrke, Vorsitzender vom TuS Olsbrücken. „Bis zum Nachmittag werden wir wohl wieder rund 1000 Essen verkauft haben.“ Rund 70 ehrenamtliche Helfer beteiligen sich an der Arbeit, am Ende wird wohl ein hübscher Betrag für die Vereinsarbeit übrig bleiben. Gleichzeitig radeln und schauen, dazu essen und trinken – das ermattet so manchen Ausflügler schneller als gedacht. Das wissen auch die Betreiber der Regionalbahn: Sie haben ihre Züge eigens für diesen Sonntag gleich mit doppelter Traktion ausgestattet. Trotzdem sind die roten Waggons mit ihren extra großen Fahrrad-Abteilen schon am Nachmittag brechend voll. Aber auch das scheint den ermüdeten Radler nicht zu stören: „War doch schön, dass wir es wieder eemol gemacht haben“, lautet der Kommentar einer Mutter, das schlafende Kind auf dem Arm. Erfreulich zudem: Am frühen Abend vermeldete die Polizei keine besonderen Vorkommnisse. Der 21. Erlebnistag im Lautertal kann also kommen. (mibo)

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