Kreis Kaiserslautern Pädagogin und Künstlerin
«Gerhardsbrunn.»Hertha Seltzer-Seidels vielbeachtete Arbeit im Staatsexamen befasste sich mit der sogenannten Farbkugel von Philipp Otto Runge, mit deren Hilfe der Maler seine Lehre von den Beziehungen und den Symbolwerten der Farben erläutert hatte. Die geistigen und seelischen Werte der Farben beschäftigten sie auch später als Lehrerin, wenn sie im Unterricht die vier psychologischen Temperamente malen ließ, oder im eigenen Atelier, wenn sie fein abgestufte oder getönte Gemälde schuf.
Hertha Seidel wurde am 14. Oktober 1926 in Homburg geboren; ihr Urgroßvater hat einst dort die Gärten des Schlossberges angelegt. Nach dem Abitur studierte sie an der Johannes-Gutenberg-Universität und an der staatlichen Kunst- und Werkschule in Mainz. Ihre Tätigkeit im Schuldienst führte sie zunächst nach Neustadt, Trier und Kaiserslautern. Von 1954-1986 wirkte sie am Gymnasium in Landstuhl. Nach ihrer Pensionierung lebte und arbeitete sie als freischaffende Künstlerin in Gerhardsbrunn, wo sie ein altes Bauernhaus liebevoll restauriert hatte. Die Pädagogin war Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Pfälzer Künstler und der „Homburger Gruppe“, zu der sich einige saarländische Maler und Grafiker zusammengeschlossen hatten. Sie beteiligte sich an Ausstellungen in Mainz und Frankfurt, in der Pfalzgalerie in Kaiserslautern, im Stadtmuseum in Homburg und im Zehnthaus in Jockrim. In Landstuhl waren ihre Werke im städtischen Bürgerhaus und im evangelischen Gemeindehaus zu sehen. Über ihre künstlerische Arbeit bemerkte sie einmal: „Für mich sind die Bilder innere Wege, die ich gehe. Und wenn ich dort angekommen bin, wo ich glaube, innerlich etwas zu sagen habe, dann versuche ich, das in eine adäquate Form zu bringen. Natürlich möchte ich so malen, dass ein Bild anspricht. Aber es geht mir noch um mehr, ums Innere, um die tieferen Schichten, die nicht auf den ersten Blick zu entdecken sind, um das, was hinter dem Sein steht. Und je mehr das äußere Bild dem inneren dann gleicht, desto näher bin ich dem Ziel.“ Die Malerin verwendete vor allem geschichtete Farben, die sie in einem langwierigen Prozess lasierend auftrug. Ihre Palette enthielt vor allem helle und leichte Töne, wobei die Farben Blau, Gelb und Orange dominierten. Sie entnahm ihre Themen oft dem Bereich der Mythen und Märchen, der Träume und Visionen. Ihre Darstellungen tragen Titel wie „Die persischen Sybille“, „An den Wassern von Babylon“, „Zwischen Skylla und Charybdis“, „Jorinde und Joringel“, „Blaue Schleier“ und „Die Geburt des Mondes“. In ihrem Dorf auf der Sickinger Höhe griff die Lehrerin zu Zeichenstift und Pinsel, wenn ihr die tägliche Arbeit genügend Muße erlaubte. Der Anblick der westpfälzischen Landschaft inspirierte sie immer wieder zu Aquarellen, die aus der Farbe heraus entstehen und sich nach eigenen Gesetzen entwickeln. So eine Ansicht von einem Winterabend: Auf den Feldern und Häusern schimmern Reste von Schnee und Eis, die Szenerie wird vom Schein der untergehenden Sonne unwirklich erhellt. Ein zart hingetupftes Bild, eher verhalten und unscheinbar, dadurch aber zeitlos und überzeitlich. Hertha Seltzer-Seidel starb am 29. November 2004 im Alter von 78 Jahren.