Trippstadt Natursport-Opening rund um das Haus der Nachhaltigkeit

Annette Aull (links) und Renate Bremicker geben beim Stationentheater in ihren Rollen als Lisbett und Babett einen Einblick in d
Annette Aull (links) und Renate Bremicker geben beim Stationentheater in ihren Rollen als Lisbett und Babett einen Einblick in die Lebenswelt armer Familien in Walddörfern vor 100 Jahren.

Zwischen Familien-Fitnesstouren, einem Waldbaden-Erlebnis, Kräuter- und Ziegenwanderung sowie einer Mountainbiketour konnten die Gäste am Sonntag beim Natursport-Opening rund um das Haus der Nachhaltigkeit wählen. Und dann war da noch die Wanderung mit Stationentheater zur Waldgeschichte.

Einen gewaltigen Zeitsprung erleben die Gäste des Stationentheaters. Im Frühjahr 1922, in den schlimmen Zeiten nach Ende des Ersten Weltkriegs, treffen sie die Waldfrauen Lisbett und Babett am Waschbrunnen in Esthal. Gästeführerin Renate Bremicker und ihre Kollegin Annette Aull stimmen in diesen Rollen ihre Zuhörer auf die Lebenswelt armer Familien in Walddörfern ein. Alle sechs Wochen sei Waschtag bei den Waldbewohnern gewesen. Die Frauen hätten regelrecht Angst davor gehabt. Das Spülen mit kaltem Wasser sei für sie eine wahre Tortur gewesen. Das reine Elend. Und die Seife aus Knochen herstellen: eine ekelhafte Angelegenheit. Damals neuartiges Waschpulver habe unerschwinglich viel gekostet. Dabei sei der Sonntagsstaat immer nur gelüftet worden, um die wertvolle Kleidung zu schonen. Und die Bettwäsche habe den Waschbrunnen nur einmal im Jahr gesehen.

Neuartiges Waschpulver

„Jetzt guck dir das an, der war in den Heidelbeeren“, klagt Babett ihrer Freundin und zeigt ihr das blauverfärbte Oberhemd ihres Ehegespons. Lisbett tritt näher. Mit verfroren wirkendem Gesicht wendet sie sich ihrer Freundin zu. „Ich hab ebbes fer dich“, meint sie. „Das Zeug heeßt Persil.“ Damit sei jeder Fleck aus der Wäsche zu kriegen. Kurzerhand gibt sie das damals neuartige Waschpulver auf den Heidelbeerklecks. „Was meiner mit mir macht, wenn do jetzt e Loch rinkommt“, jammert Babett, und: „Bist du sicher, dass des so geht?“ Zum Beweis hält sie ihrer Freundin die grüne Persil-Packung unter die Nase. Sie solle lesen. „Jetzt kommst du mir aber grad rum! Ich und lesen und schreiben!“, klagt sie. „Das hab ich vergessen, du warst ja net in de Schul“, gibt ihre Freundin zurück.

Reiche Leute in der Stadt hätten damals schon Waschküchen gehabt mit heizbaren Zubern. Davon habe man bei den Familien in den Walddörfern nur träumen können. Der Küchenherd sei dort die einzige Wärmequelle gewesen. Und von dem wertvollen warmen Wasser habe es stets geheißen: „Das ist noch gut, das ist noch zu gebrauchen.“ Nacheinander seien die Familienmitglieder auch noch zum Baden angetreten.

Immer arg viel Arbeit

Dann kommt Lisbett noch einmal auf das Thema Schule zu sprechen. „Das hatt ich vergesse, du warst ja net in de Schul“, beginnt sie. „Ihr warn ja so viel Kinner und du bisch bei de Verwandtschaft groß wor.“ Im Pfälzerwald, „im Dorf, mir waren wenigstens in de Volksschul.“ Ein bisschen Lesen und Schreiben hätten sie gelernt und ein wenig Rechnen. „Nur wonn arg viel Arbeit war, do häm mer dahääm bleibe müsse un helfe.“

„Babette, ich freu mich so, dass ich net allein do am Schwenke bin mit dere große Wäsch. Un dass mer zusamme großer Waschtag hann.“ Den ganzen Sonntag schon habe sich Lisbett damit geplagt. Kaum von der Kirche zuhause, sei es ans Einweichen gegangen. „Ich hab a bissel von dere Pottasche drangemacht, damit es weich wird.“ Und jetzt müsse sie das schwere Zeug zum Brunnen schleppen und schwenken. „Die Pottasch, holst du die auch immer in Esthal?“, fragt Lisbett. Damit könne man viel anfangen, erwidert die Freundin. Im Dorf werde damit Glas hergestellt. Und auch beim Backen sei Pottasche wertvoll. Da gingen die Sachen ein wenig auf, die würden größer und damit würden mehr Kinder satt. „Und ich hab im letzten Jahr was übrig gehabt davon“, erzählt Lisbett. Da hätte sie die Reste in den Garten gekippt. So schöne Kartoffeln wären im Beet noch nie gewachsen.

Wer es etwas tierischer haben wollte, konnte auf Ziegenwanderung mit Irene Schwarz (vorne mit roter Jacke) gehen.
Wer es etwas tierischer haben wollte, konnte auf Ziegenwanderung mit Irene Schwarz (vorne mit roter Jacke) gehen.
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