Kreis Kaiserslautern Insektenhotels: Das rät die Pflanzendoktorin

Sabine Günther vor dem stattlichen Insektenhotel der Stadtgärtnerei: Das Erdgeschoss des Turms ist für Eidechsen und Co. konzipi
Sabine Günther vor dem stattlichen Insektenhotel der Stadtgärtnerei: Das Erdgeschoss des Turms ist für Eidechsen und Co. konzipiert.

Rheinpfalz-Gartensprechstunde: Viel wird geredet über Naturschutz. Dabei muss es aber nicht bleiben. Jeder kann neuen Lebensraum für Insekten und Co. schaffen – und zwar für kleines Geld. Sabine Günther hat auf dem Gelände der Stadtgärtnerei Landstuhl, deren Leiterin sie ist, einen Lebensturm geschaffen.

Die Bezeichnung Lebensturm bezieht sich auf die fliegenden, krabbelnden und kriechenden Bewohner, die sich darin niedergelassen haben. Überall sind kleine „verschlossene Haustüren“ zu sehen. „Durch den Eingriff in den Lebensraum wild lebender Bienen und Insekten sind viele Nistmöglichkeiten der Tierwelt verloren gegangen“, erläutert die Gärtnermeisterin und Pflanzendoktorin, die sich schon alleine aus beruflichen Gründen viel mit diesem Thema beschäftigt hat und gerne Wohnungen für die fleißigen Helfer und Nützlinge zur Verfügung stellt.

Das kann eben ein Turm wie auf dem Gelände der Landstuhler Stadtgärtnerei sein, aber genauso gut sind Balkon oder Terrasse dazu geeignet, vorausgesetzt, es befindet sich zumindest etwas Grün als Lebensgrundlage für die Untermieter in der Umgebung. Eventuell kann ein solches Mehrparteienhaus sogar zu einer „Brücke“ in den nah gelegenen Garten oder Park werden. Dieses Refugium kann zu einem Zuhause für Wildbienen – laut Günther gibt es 585 Arten, von denen die Mehrheit im Boden nistet, die aber auch Pflanzenhalme oder Totholz bewohnen –, für verschiedene Wespenarten, Hummeln, aber auch Raupen und Käfer sein. Ergänzt werden können sie durch Lamellenkästen für Florfliegen oder „Ohrwurmbungalows“, mit Stroh gefüllte und mit einem Netz verschlossene Tontöpfe, die kopfüber in einen Baum gehängt werden.

Es muss nicht teuer sein

Ein solches Quartier muss nicht die Maße des Insektenhotels der Stadtgärtnerei haben, das mit mehreren Etagen etwa vier Meter hoch ist und dessen Konstruktion aus Vierkanthölzern gebaut wurde. Deutlich kleiner, etwa als Mini-Haus für den Balkon, kann es auch Unterschlupf bieten. Vor allem aber muss es nicht teuer sein, denn fast jeder hat in Keller, Schuppen oder Garage nicht mehr benötigte Materialien gelagert, die für den Bau an sich und die Ausgestaltung der Wohnungen geeignet sind. „Das können Holzstücke und Bretter sein, Tontöpfe, Steine, Häckselgut, Laub, Stroh, Bambusstäbe oder auch halbierte und aufgerollte Schilfrohrmatten“, nennt Günther einige der Möglichkeiten.

Das Erdgeschoss des Landstuhler Turms ist für Eidechsen und Co. konzipiert. Der Steinhaufen bietet ideale Voraussetzungen zum Verstecken und zum Sonnen. In den Stockwerken darüber hat sie unter anderem alte Dachziegeln, Mauersteine und Rohrmatten gepackt. Sie bieten diversen Insektenarten ein Dach über dem Kopf und eine gemütliche Kinderstube. Auch lagern in einem der Fächer mehrere Baumscheiben, die mit Bohrlöchern gespickt sind. „Die Bohrlöcher müssen immer zehnmal so tief wie breit sein“, nennt Günther die Faustregel. Das heißt, verwendet man einen Vier-Millimeter-Bohrer, muss das Loch 40 Millimeter tief sein. Ebenfalls wichtig: „Die Rückseite muss offen sein“, erteilt sie einseitig verschlossenen Röhren eine klare Abfuhr. Insektenhotels dieser Art werden oft im Handel angeboten. „Sie sehen zwar meistens hübsch aus, werden aber nicht bezogen.“

Nadelholz ist zu weich

Grundsätzlich können junge und erwachsene Bauherren beim Gestalten der Behausungen ihrer Fantasie freien Lauf lassen. Im Internet, beispielsweise auf den Seiten des Naturschutzbundes, finden sich zahlreiche Bauanleitungen. Ob klein oder groß, ob eines oder mehrere – zu beachten ist allerdings: „Nadelholz ist nicht geeignet, weil es zu weich ist und die Feuchtigkeit aufnimmt“, hat die Gärtnermeisterin einen Tipp parat.

Des Weiteren sollten keine Tannenzapfen verwendet werden, da ihr Harz wie ein Kleber wirkt. Außerdem sollten scharfe Kanten an Röhren oder Steinen abgeschliffen werden, damit es bei den Bewohnern nicht zu Verletzungen kommt. Nicht geeignet sind auch verlassene Schneckenhäuser, da sie keinen „Ausgang“ haben. Dann fehlt nur noch ein Dach. „Der Regenschutz ist wichtig, damit die Nisthilfen nicht vermodern und verrotten“, hält die Fachfrau fest.

Der Standort kann sonnig sein, aber bitte nicht ganztägig. Die „Haustüren“ sollten nach Süden, nie nach Nord-West ausgerichtet sein, und es sollte ein Platz ohne Zugluft gewählt werden. Damit Specht und andere hungrige Gesellen sich nicht an den Bewohnern laben, rät Günther dazu, als Schutz ein Netz oder Hasendraht vor den Eingängen zu spannen.

Das Stroh muss jedes Jahr erneuert werden

Hat sich eine solche Behausung bewährt und ist in die Jahre gekommen, müssen unerwünschte Gäste wie Milben draußen gehalten werden. „Das Stroh in den Ohrwürmertöpfen und in den Florfliegenkästen muss in jedem Frühjahr erneuert werden, wenn die Nützlinge geschlüpft sind“, empfiehlt Günther. Zwar seien Insektenhotels grundsätzlich pflegeleicht, da Insekten das Säubern und Aufräumen selbst übernehmen. Um eine „Renovierung“, die ebenfalls im Frühjahr stattfinden sollte, kommen „Hausbesitzer“ aber nach einiger Zeit nicht umhin. „Alle vier, fünf Jahre sollten recycelbare Materialien ausgetauscht werden.“

Für die Gartenexpertin liegen die Vorteile eines solchen Wohnangebotes klar auf der Hand. „Damit betreibt man biologische Schädlingsbekämpfung und fördert Lebensraum für Insekten, die wiederum durch die Bestäubung von Blüten die Artenvielfalt erhalten“, erläutert sie. Noch etwas führt sie an: „Ein Insektenhotel kann auch ein Lernobjekt sein. Wenn man transparente Röhrchen verwendet, kann man die Bewohner beobachten und studieren.“ Das gelingt auch, wenn ihnen gerade jetzt in den heißen Monaten eine Wassertränke in unmittelbarer Nähe angeboten wird, denn auch Insekten haben Durst. Im Hinblick auf möglicherweise aufkommende Langeweile in den gerade begonnenen Sommerferien meint sie: „Ein solches Bauvorhaben kann man auch als Familienprojekt angehen.“

Sprechstunde

Am Dienstag, 26. Juli, ist wieder RHEINPFALZ-Gartensprechstunde. Wenn Sie Fragen zum Thema Insektenhotel haben oder Sie ein anderes Anliegen rund um den Garten umtreibt, dann sind Sie, liebe Leserin und lieber Leser, bei uns richtig. Sabine Günther, „Pflanzendoktorin“ und Gärtnermeisterin, steht Ihnen am Dienstag zwischen 10 und 12 Uhr unter Telefon 0631/3737-288 zur Verfügung. Über die Gartenthemen werden wir am Mittwoch berichten.

x