Kreis Kaiserslautern Flink an der Kugel und Flasche

Die Einkilokugel rollt und rollt und will gar nicht mehr aufhören, sich von der zwölfköpfigen Männergruppe zu entfernen. Michael Immetsberger aus der Mannschaft U60 der Hobby-Singers Otterbach-Erfenbach legt gleich zu Beginn des choreigenen Boßelturniers am Himmelsfahrtstag einen voluminösen Wurf vor.

„Die Topographie ist aber auch günstig“, lästern die einen, deren Kugeln zuvor auf den Gleisen der Lautertalbahn gelandet waren. „Erst bergan mit dem Armschwung und dann weiter bergab von ganz alleine. Dazu braucht man keine Kraft mehr.“ Ziel des als ostfriesischer Nationalsport bezeichneten Boßelns ist es, mit möglichst wenigen Würfen eine Strecke hinter sich zu bringen in Konkurrenz zu einer anderen Mannschaft, hier der Ü60. „Wir haben dieses Wurfspiel auf einer Hobby-Singer-Reise nach Hamburg kennengelernt“, erzählt Schatzmeister Walter Hartmann aus Mehlbach. „Die Idee, das auch einmal hier bei uns auszuprobieren, hatten wir schon lange.“ Nun ist es am Vatertag endlich so weit. Die Strecke auf dem Fahrradweg immer an der Lauter entlang vom Penny-Markt bis zum Klärwerk und zurück beträgt zwischen vier und fünf Kilometer und eignet sich gut dafür. Sangesbruder Wolfgang Denzer kommt mit einem mit Birkengrün geschmückten Bollerwagen. Mit dabei ist ein „Klootsoeker“, ein Fangkorb an einer Stange aus dem Boßelsortiment, der dazu dient, verirrte Kugeln aus den Wassergräben herauszufischen. Außerdem transportiert Denzer Bierflaschen und Obstler auf Eis. „Legt mal das alkoholfreie in die Mitte für das Foto“, schlagen einige nicht ganz ernst gemeint vor. „Wer heute morgen noch keinen Kaffee hatte, zu mir“, ruft ein anderer. Jeder hat von Ehrenpräsident und Initiator Peter Stemler ein Gläschen mit Henkel – an einer Kordel befestigt – umgehängt bekommen. Der „Kaffee“ sieht zwar echt aus, erweist sich aber als Kaffeelikör. Wie könnte es am Vatertag auch anders sein. Die Stimmung wirkt schon zu Beginn wie „vorgeglüht“. Für dieses norddeutsche Kräftemessen hat Stemler im Internet alle Boßelzutaten einschließlich dem „Dat Boßelbook“ besorgt. Darin heißt es, dass Neugeborene zuerst im Boßelverein und dann erst beim Standesamt angemeldet würden. Viel gravierender aber ist folgender Ratschlag: „Wer intensiv gebosselt hat, sollte anschließend am Straßenverkehr nicht mehr teilnehmen.“ Das Kräftemessen wird nämlich stets mit einem Schluck aus der Flasche belohnt. Aber wie es sich für einen Chor gehört, gibt es zuvor ein Lied. „Wenn das so ist, dann prost…“ Derweil bereitet im Vereinslokal „Fuchsdelle“ der Vorstandsvorsitzende Hans Peter Schläfer ein deftiges Mal vor. 1971 wurden die Hobby-Singers aus der Taufe gehoben, haben heute rund 650 Mitglieder, einen reinen Männer- und einen gemischten Chor. Für soziale Zwecke seien schon rund 100.000 Euro gespendet worden, weiß Schatzmeister Hartmann. 36 Mal wurde das Kinderfest veranstaltet, sechs Mal das „Waldfest der Zuversicht“ in Verbindung mit der Aktion „Alt – arm – allein“ und drei Mal ein Nachwuchswettbewerb für junge Bands unter Sponsoring der Kammgarn und von RPR. „Das dreitägige Waldfest ist einer der Höhepunkte des Jahres, beliebt und stets sehr gut besucht“, fasst der Schatzmeister zusammen. (ibr)

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