Kreis Kaiserslautern Das Bild Hölderlins geprägt

Im „Großen Pfalzbuch“ bei den kurzen Biografien zu Kunst und Literatur wird er zwar erwähnt, aber sein vielfältiges Schaffen ist weitgehend vergessen. Dabei war Wilhelm Michel ein bedeutender Journalist und Schriftsteller, der sich vor allem als Hölderlin-Forscher einen Namen machte. Seine Lebensbeschreibung des Dichters erreichte eine Auflage von 11.000 Exemplaren.

Wilhelm Michel, am 9. August 1877 als Sohn eines pfälzischen Militärbeamten in Metz geboren, wuchs in Frankenstein auf. Er studierte in München und Würzburg, wo er juristische, philosophische und philologische Vorlesungen besuchte. Von 1901 an betätigte er sich als freier Schriftsteller und Journalist in der bayerischen Landeshauptstadt. Michel schrieb tiefgründige Betrachtungen und kritische Feuilletons für die Zeitschriften „Die Schaubühne“ und „Die Weltbühne“. Ab 1913 wirkte er als Redakteur der Zeitschrift „Deutsche Kunst und Dekoration“ in Darmstadt. Der vielseitige Autor verfasste auch Gedichte, die in dem Band „Der Zuschauer“ gesammelt sind. Gegen Ende des Ersten Weltkriegs erschienen in der Zeitschrift „Der Pfälzerwald“ zwei Gedichte über seinen Heimatort, die er mit den Angaben „Frankenstein in der Pfalz, z. Z. im Feld“ versah. Die Werke Michels stehen weitgehend im Bann des Expressionismus, eine revolutionären Kunstbewegung, die von 1910 bis 1925 in Deutschland tonangebend war. Dies wird schon in den Titeln seiner weltanschaulichen und kulturkritischen Schriften deutlich. Sie lauten zum Beispiel „Apollon und Dionysos“, „Das Teuflische und Groteske in der Kunst“, „Das Herz im Alltag“ und „Wir heißen euch hoffen“. Neben der Deutung Nietzsches und Rilkes beschäftigte sich Michel jahrzehntelang mit dem Leben und Schaffen Hölderlins. Er veröffentlichte mehrere Arbeiten über den schwäbischen Dichter: 1912 eine erste Abhandlung, in den 20er Jahren zwei Essays über Hölderlin und den deutschen Geist und seine abendländische Wendung, 1940 schließlich die große Biografie, ein Standardwerk, mit dem Michel das Bild Hölderlins neu prägte. Der Pfälzer Schriftsteller war in besonderer Weise mit der Gedankenwelt des jüdischen Philosophen Martin Buber verbunden. Wie dieser sah er einen Zusammenhang zwischen den geistigen und kriegerischen Konflikten unserer Zeit. Er vertrat ein „mythologisches Heldentum des Formschaffens“ und verteidigte den Dichter gegenüber dem Politiker. In betont religiöser Haltung vertraute er auf das Zusammenwirken der christlichen und der nationalen Kräfte. Michel wurde 1925 mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet. Er starb am 16. April 1942 in Darmstadt. (khs)

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