Kreis Germersheim Von wegen Laster: Vor Hochzeit kommt – Verlobung

Von überallher bringen Menschen und Maschinen Teile ans Fließband, damit Arbeiter die Laster bauen können. Hier werden Fahrgeste
Von überallher bringen Menschen und Maschinen Teile ans Fließband, damit Arbeiter die Laster bauen können. Hier werden Fahrgestell und Fahrerhaus miteinander verbunden – die sogenannte Hochzeit.

Um all die Sachen kaufen zu können, die beispielsweise im Supermarkt stehen, müssen sie erstmal dorthin kommen. Das erledigen Laster. Viele von denen haben vorne einen Stern, das sind Mercedes. Gebaut werden sie im Lastwagenwerk in Wörth – es ist so groß wie 400 Fußballfelder – aus ganz vielen Teilen und in ganz vielen Arbeitsschritten von mehreren Tausend Menschen.

Zunächst werden verschieden lange Eisenteile aufs Fließband gesetzt. Mehrere davon durchziehen die riesig große Werkshalle von Anfang bis zum Ende. Ein Laserstrahl beschriftet die wie ein Schweizer Käse durchlöcherten Eisenteile, damit die Arbeiter am Band wissen, wohin sie welche Schraube stecken und wie fest sie diese anziehen müssen. So werden zwei lange Eisenteile mit mehreren kurzen zu einem stabilen Rahmen verschraubt; die Fachleute sprechen auch vom Chassis, sprich Tschassi. Darauf werden alle Teile des Lastwagens befestigt: nicht nur die bis zu fünf Achsen, an denen die Felgen mit den Reifen montiert werden. Hinzu kommen Federn, damit der Fahrer auf unebenen Straßen nicht so durchgeschüttelt wird, und ein Tank für den Dieselkraftstoff.

Roboter setzen das Fahrerhaus zusammen

Um die Arbeit am Fließband zu erleichtern, lag der Rahmen bisher auf dem Kopf. Von einem Kran wird er, 1500 Kilo schwer, nun gewendet, um weitere Teile daran fest zu machen. Das Getriebe zum Beispiel für die Gangschaltung; der kleinste Gang ist zum Anfahren und die größeren zum schneller Fahren. Der Arbeitsschritt, bei dem der bis zu 625 PS starke Motor aufs Chassis gesetzt wird, heißt Verlobung, weiß Frederik Neises, der mir das Lastwagenwerk zeigt und alles erklärt. Er hat selbst früher am Band gearbeitet.

Auf einem anderen Band setzen inzwischen Roboter sechs silberne Blechteile zur Fahrerkabine zusammen. Weiter geht’s in die Lackieranlage. Dort wird die Kabine in einer Waschstraße zunächst gründlich gereinigt. Dann wird sie in eine graue Flüssigkeit getaucht, die Grundierung, damit der Laster nicht rostet. Darauf werden bis zu vier Lackschichten gesprüht. 533 Farben stehen zur Auswahl. Anschließend wird die Fahrerkabine ausgestattet: mit Fenstern und Scheibenwischern, Betten, damit Fahrer auf langen Strecken übernachten und schlafen können, Sitzen, Lenkrad, Ablagefächern, Türen und noch einigem mehr. Anstelle von Spiegeln werden zum Teil Kameras und Bildschirme eingebaut, damit der Fahrer noch besser sehen kann, was rund um seinen Laster passiert.

Fahrzeugrahmen und Fahrerkabine feiern Hochzeit

Wenn am Rahmen alle Teile befestigt sind und die Kabine komplett ausgestattet ist, kommt – „die Hochzeit“, sagt die uns begleitende Vivien Weiß von der Pressestelle. Ein Pfarrer oder festlich gekleidete Menschen sind aber nicht da. Dafür sind andere spannende Dinge zu sehen. So hebt ein Kran die Kabine aufs Chassis, an dem Arbeiter sie mit 20 dicken Schrauben befestigen, Kabel und Schläuche miteinander verbinden. Dann läuft das Fließband im Schneckentempo weiter. An der nächsten Station wird die Stoßstange mit den Lampen eingesetzt. Einige Meter weiter werden die verschiedenen Behälter befüllt: mit Öl und Diesel etwa, sonst läuft der Motor nicht, fährt der Laster nicht.

Endkontrolle: Funktioniert der Laster?

Am Ende des Fließbandes wird getestet, ob alles am Lastwagen funktioniert, Lampen, Bremsen und Motor zum Beispiel. Zwar haben Leute am Computer die ganze Zeit über aufgepasst, dass nichts schiefläuft beziehungsweise dafür gesorgt, dass Fehler beseitigt werden, aber man kann ja nie wissen. Als Letztes schauen sich Arbeiter an, ob der Lack in Ordnung ist. Kratzer am Fahrzeug, die möglicherweise am Fließband entstanden sind, werden ausgebessert.

Wenn alles in Ordnung ist, wird der bis zu 14 Tonnen, also 14.000 Kilogramm schwere Lastwagen aus der Werkshalle gefahren; bis zu 470 pro Tag. An einer anderen Stelle erhält er, wenn er nicht nur einen Anhänger ziehen soll, einen Aufbau, zum Beispiel eine Ladefläche, um irgendwelche Dinge darauf zu packen. Es könnte aber auch ein Feuerwehr- oder Müllauto werden oder eins für Soldaten. Neises erzählt, dass zwar in Wörth viele Tausend Laster gebaut werden, aber in einem Jahr nicht einer, der einem anderen komplett gleicht. So unterschiedlich sind die Wünsche der Käufer auf der ganzen Welt. Von den Wünschen ist es auch abhängig, wie teuer ein Laster wird. Ein großer Actros etwa kostet durchschnittlich rund 100.000 Euro, ein kleiner Atego weniger. |gs

Bis zu 470 Lastwagen werden im Mercedes-Werk in Wörth pro Tag hergestellt: kleinere wie das Modell Atego und große, wie der Actr
Bis zu 470 Lastwagen werden im Mercedes-Werk in Wörth pro Tag hergestellt: kleinere wie das Modell Atego und große, wie der Actros auf dem Foto. Die Laster wiegen bis zu 14 Tonnen und haben bis zu 625 PS.
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