Alsace Sorge um Elsass-Häuser

Sehenswertes Ensemble: Das rechte Haus sollte eigentlich abgerissen werden. Nun zeigt es sich in Lembach in den Nordvogesen reno
Sehenswertes Ensemble: Das rechte Haus sollte eigentlich abgerissen werden. Nun zeigt es sich in Lembach in den Nordvogesen renoviert in seiner alter Pracht.

Wer durch das Elsass reist und die vielen pittoresken Häuschen am Wegesrand bewundert, kann sich die Botschaft von Denis Elbel kaum vorstellen: „Jeden Tag wird ein Fachwerkhaus im Elsass abgerissen. “

Denis Elbel ist Vize-Präsident der „Association pour la sauvegarde de la maison alsacienne“ (ASMA). „Jeden Tag stirbt ein Stück unserer Kultur. Wenn wir so weitermachen, sind unsere Fachwerkhäuser irgendwann ganz verschwunden“, sagt der 68-jährige Elsässer. Asma setzt sich für die Rettung und Bewahrung der für den Landstrich so typischen Fachwerkhäuser ein. Auch wenn düstere Wolken über den putzigen elsässischen Fachwerkhäusern schweben, es gibt auch ein Vorbild positiver Natur.

Besitzer bevorzugen Neubau statt Renovierung

Die Rede ist von Lembach in den Nordvogesen. Das Dorf westlich von Wissembourg ist noch am ehesten für sein Zwei-Sterne-Restaurant „cheval blanc“ bekannt. Aber es hat auch einen streitbaren Bürgermeister respektive hatte einen, denn Charles Schlosser ist seit einem Jahr in Pension. Mehr als 20 Jahre war er für die Geschicke des hübschen Tourismus-Städtchens verantwortlich. „In seiner Amtszeit ist hier kein einziges Fachwerkhaus abgerissen worden. Das ist beispielhaft für das Elsass. Es zeigt, wenn eine Kommune entsprechende Verordnungen zum Schutz des Maison alsacienne erlässt, kann man sehr viel machen“, sagt Elbel.

Beim Rundgang durch die Fachwerk-Kulisse erläutert Schlosser, wie er den Denkmalschutz in die Tat umgesetzt hat. „Man muss vor allem eines tun. Viel mit den Menschen reden. Kaum Einer ist begeistert, wenn er ein Haus geerbt hat, es zu Gunsten eines Neubaus abreißen lassen will, dann kommt die Gemeinde und will ihn davon abhalten. Da freut sich keiner“, sagt der pensionierte Lehrer. Grundvoraussetzung seien zunächst die Verabschiedung entsprechender formaler Satzungen innerhalb der Kommune. Man habe früh begonnen, den historischen Ortskern zu kartieren und die Gebäude rot zu markieren, die erhalten bleiben sollen. „Die rechtliche Basis haben wir mit der Satzung beschlossen. Es ist auch wichtig, als Gemeinde voranzuschreiten. So haben wir den Dorfbrunnen oder die Waschbänke im Ortskern aufwendig saniert. Es ist ein Zeichen, dass uns der Schutz unseres Ensembles am Herzen liegt“, sagt Schlosser.

Mittlerweile seien von 120 historischen Gebäuden etwa 30 saniert. Dass nicht jede Gemeinde in der Region zwischen Vogesen und Rhein so denkt, weiß ASMA-Vizepräsident Elbel nur zu gut. „Wir haben aktuell Probleme in Brumath und Hochfelden. Die Abrissgenehmigungen sind schon unterschrieben. Wenn der Bürgermeister nicht hinter dem Gedanken des Denkmalschutzes steht, wird es schwierig. In Mommenheim haben wir dagegen ein Haus retten können“, sagt Elbel. Der pensionierte Bauingenieur, der früher Brücken in Südfrankreich und Kamerum baute, kann die Vorstellung des Verlusts nur schwer ertragen. Mit seiner Association funkt er Baubewilligungen immer wieder dazwischen. Wenn er oder seine 800 Mitglieder davon erfahren, dass einem Haus der Garaus gemacht werden soll, wird zunächst das Gespräch mit der Kommune und den Verantwortlichen gesucht. Falls das nicht hilft, wird auch mal der Prozess-Weg beschritten. Dass man sich damit nicht nur Freunde macht, liegt auf der Hand. Aber der drahtige Mann hat mittlerweile Argumente pro Fachwerkhaus, die trotz seiner Nachteile - oft windschief, ziemlich dunkel, kleine Räume, altmodisch - auch ein jüngeres Publikum erreicht. „So ein Haus besteht aus Holz, Lehm und Stroh. Ökologischer geht es doch gar nicht“, sagt der Elsässer.

Ältestes Haus stammt aus dem Jahr 1757

Und da sich immer mehr junge Leute Gedanken um ihre Umwelt machen, sei dies in der Abwägung wichtig. Die Häuser, die gut isolieren, könne man relativ problemlos abmontieren und einige Meter weiter wieder aufstellen. „So haben wir es bei einer Bäckerei gemacht, die einen Anbau brauchte. Alle waren danach glücklich“, sagt der frühere Dorf-Schultes. Eine wichtige Argumentation für das Elsass-Haus sei ferner die monetäre Unterstützung. Es gebe Subventionen vom Département, der Region, der Kommune und vom Kulturerbe-Fonds. Letztlich könnten sich junge Leute, die ein Haus von den Großeltern geerbt haben, sich innen ja modern einrichten, aber wichtig sei es, die Fassade zu erhalten.

„Es gibt die Elsass-Häuser seit dem Mittelalter. Hier in Lembach hat ein Brand einst den Ort verwüstet, danach wurde er neu errichtet. Unser ältestes Haus datiert daher von 1757“, sagt Schlosser und deutet beim Rundgang auf das Gebäude. „Es ist einfach wichtig, unsere Identität, unsere Tradition zu bewahren“, fügt Elbel hinzu. Und wie zum Beweis führt er zu einem Schlösschen im Ortskern, das er seit einigen Jahren aufwendig sanieren lässt. Einst gehörte es dem Baron von Fleckenstein, der den Irrungen und Wirrungen der Französischen Revolution zum Opfer fiel. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.

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