Kreis Germersheim Kleiner Stab soll Großes bewirken

Guido Laatz aus Lingenfeld ist ein Mensch, der sich unglaublich freuen kann. Zum Beispiel, wenn ein Mann zu ihm sagt: „Ich hätte nie gedacht, dass meine Frau so zutreten und kreischen kann.“ Eine solche Rückmeldung, sagt er, mache ihn glücklich. Denn Guido Laatz aus Lingenfeld lehrt Selbstverteidigung. Der Bedarf sei da, sagt der 49-Jährige.
„Es gibt nichts, was es nichts gibt.“ Diese Erfahrung hat der Lingenfelder Guido Laatz in den vergangenen drei Jahren gemacht, seitdem er Selbstverteidigungslehrgänge mit dem Kubotan, einem stiftgroßen Metallstab anbietet. Die Menschen kommen aus ganz unterschiedlichen Gründen zu ihm: Weil sie schon Schlägen ausgesetzt waren, weil sie Angst haben, im Dunkeln mit dem Hund Gassi zu gehen oder weil sie gefährliche Situationen wie einen Vergewaltigungsversuch erlebt haben. Und manchmal geht es auch um praktische Fragen, mit denen unter anderem Mitarbeiter in Geschäften konfrontiert werden: Verfolge ich einen Ladendieb? Was mache ich mit betrunkenen, pöbelnden Kunden? Laatz will den Teilnehmern Sicherheit und Selbstvertrauen mitgeben. Er gibt die Selbstverteidigungskurse alle paar Wochen sonntags – so wie es sein Schichtplan zulässt. Denn hauptberuflich arbeitet der Lingenfelder als Industriemeister Chemie bei der BASF in Ludwigshafen, die Selbstverteidigungskurse sind sein Hobby. Sie seien für jeden geeignet: Alte, Junge, Dicke, Dünne, Sportliche, Unsportliche. Laatz lehrt die Teilnehmer sich mit dem Kubotan zu wehren. Den leichten, kleinen Metallstab kann man am Schlüsselbund tragen – und im Ernstfall damit Angriffe von allen Seiten abwehren, erzählt Laatz: „Die Teilnehmer lernen zehn Techniken, um sich mit dem Kubotan wehren zu können.“ Geübt wird zunächst mit einem abgeschnittenen Besenstil. Wenn die Handgriffe sitzen, zieht sich einer von Laatz’ Söhnen (20 und 16) Schutzkleidung an, und der Kubotan kommt zum Einsatz. „Ziel ist es, den Angreifer für ein, zwei Minuten außer Gefecht zu setzen, um abhauen zu können“, erzählt der Lingenfelder. Für Laatz ist der Kubotan ein super Gerät zur Selbstverteidigung, dessen Benutzung in der Europäischen Union (außer Großbritannien) legal ist. In seinem Kurs erklärt er die Rechtslage, frischt – als DRK-Übungsleiter für Sicherheit, Selbstverteidigung und Erste-Hilfe – die stabile Seitenlage und die Herz-Lungen-Wiederbelebung auf, erklärt, wie man deeskalierend auftritt und sich nach einem abgewehrten Angriff verhalten soll. Laatz hat viele Jahre Vollkontakt-Kickboxen, Vollkontakt-Taekwondo und andere Selbstvereteidigungstechniken gemacht sowie viele Aus- und Fortbildungen absolviert. Er ist zertifizierter Ausbilder für Defense und Security bei der Industrie- und Handelskammer sowie Mitglied im Bundesfachverband für Sicherheit und Selbstverteidigung. Im Mai schließt er die Ausbildung zum geprüften Gewaltpräventionstrainer bei Freddy Kleinschwärzer ab, einem ehemaligen Sicherheitsbeamten an verschiedenen deutschen Botschaften. Im Herbst hat Laatz sein Hobby ausgebaut und bietet seitdem samstags mit seiner eigenen Kampfsport- und Kampfkunstschule, die er „Reality SV Selbstverteidigung“ nennt, Lehrgänge für Kinder und Erwachsene im Top-Fit-Studio in Lingenfeld an. Co-Trainer ist Alexander Leibe. Im Moment sind 13 Erwachsene und fünf Kinder angemeldet, Ziel ist es, die Kurse auf 20 Kinder und 30 Erwachsene auszubauen. „Neue Teilnehmer können jederzeit einsteigen“, sagt Laatz. Im Moment ist der Lingenfelder schwer mit der Organisation einer Großveranstaltung beschäftigt: Er plant für das Pfingstwochenende ein Selbstverteidigungscamp. Etwa 100 Kinder und Erwachsene von befreundeten Kampfsportschulen aus Worms, Speyer, Bad Waldsee und München erwartet er am Lingenfelder Baggersee; übernachtet wird in Zelten. Die Leiter der sechs Schulen geben jeweils einstündige Trainings, so dass jeder die verschiedenen Arten der Selbstverteidigung und des Kampfsports kennenlernen kann. Das Motto dabei: „Miteinander anstatt gegeneinander.“ „Es ist das erste Mal, dass so etwas stattfindet“, sagt Laatz. Das Wochenende sei zwar nur für Schüler der Schulen gedacht, aber alle, die Interesse hätten, könnten kommen und zuschauen. Und ganz sicher wird er sich auch wieder freuen. Dann nämlich, wenn einer der Teilnehmer ihm die Rückmeldung gibt: „Mensch Guido, was ich bei dir alles gelernt habe ...“ (snr)