Kreis Germersheim „Jetzt müsste ein Durchbruch her“

Rheinzabern. Da steht Andreas Kümmert auf der Bühne, hat gerade sein Ticket für die Teilnahme am Eurovision Song Contest gelocht, die Chance auf einen internationalen Durchbruch als Sänger und Musiker – und er gibt den Titel einfach auf. Kümmert leide „an inneren Dämonen“ teilt seine Plattenfirma tags drauf mit. Innere Dämonen, die kennt auch der Rheinzaberner Dominik Münch (30), Sänger, Fernsehsternchen und einstiger Teilnehmer der Show „Deutschland sucht den Superstar“.

Erstaunlich offen spricht Münch von seiner Krise im vergangenen Jahr und wie er es nun noch einmal wissen will. Zuletzt hatte er im Herbst 2013 einen weiteren Anlauf genommen, um ins Showgeschäft zu kommen (wir berichteten). Vom „Großmaul Münch“, der dem großen Dieter Bohlen einst vor laufender Kamera Paroli gab, war da schon nicht mehr viel übrig. Der Rheinzaberner war ruhiger geworden, hatte den Blick nach vorn gerichtet, zwei Fernsehsendungen im Visier, die auch über die Mattscheiben flimmerten. Was dann kam, machte seine Pläne auf einen Schlag zunichte. „Mein Sohn ist dann an Knochenkrebs erkrankt, da fing es an mit meinen Problemen“, erzählt Münch. Über Umwege hatte er von der Diagnose erfahren, da sein Sohn bei seiner ehemaligen Freundin in Frankenthal lebte. „Ich hab sie angerufen und sie hat mit gesagt, dass er austherapiert sei“, sagt Münch, „Austherapiert. Sie wissen was das heißt?“ Verzweifelt habe er sich bemüht, noch Zeit mit Lenny zu verbringen – aber das waren nur noch Wochen. Der Fünfjährige starb am 6. Januar 2014. Und dann? „Ich bin abgerutscht, das war ein Scheißegal-Gefühl“, sagt Münch. Alle Termine: abgesagt, kein Fernsehen, kein Auftritt. Er habe angefangen, sich regelmäßig zu betrinken. „Ich konnte lange nichts machen, was mir Spaß macht – also auf der Bühne stehen, meine Musik, Fernsehen.“ Er sei hart auf dem Boden aufgeschlagen, berichtet der Sänger. Herzrasen, Antriebslosigkeit. Schließlich habe er sich Hilfe geholt, sei ins Psychiatrische Landesklinikum nach Klingenmünster gefahren. „Man fühlt sich unwohl dort, die Leute, die ganze Situation“, blickt er zurück. Trotzdem sei es ein guter Anfang gewesen – und er wolle Leuten Mut machen, sich auch Hilfe zu holen, wenn sie merken, dass sie aus einer solchen Lage nicht mehr allein herauskommen, sagt er. „Man braucht halt vielleicht mehrere Anläufe, es braucht einfach Zeit“, lautet sein Rat. Inzwischen fühle er sich wieder gut. Nicht perfekt, aber wieder voller Tatendrang sei er. „Natürlich gibt es Momente, da denke ich, mein Herz bleibt gleich stehen und ich schwitze wie verrückt“, sagt Münch. Aber das werde weniger, er gewinne wieder Selbstvertrauen, seit er in Behandlung sei. „Ich denke einfach, dass es wieder bessere Zeiten gibt.“ Geholfen habe ihm auch, eine neue Frau kennengelernt zu haben. Seit eineinhalb Monaten ist er mit der gebürtigen Ludwigshafenerin Schanja Kütterer zusammen, die er per Internet kennengelernt hat. Hat sie gewusst, mit wem sie gechattet hat? „Nein, ich hatte keine Ahnung“, sagt sie und lacht. Das Paar hat sogar schon Pläne für eine gemeinsame Zukunft, das Komplettprogramm mit Heirat und Kindern. Seine Freundin unterstütze ihn perfekt, schwärmt Münch glücklich. Und bei seiner Karriere helfe sie auch mit. „Ich muss weitergehen“, sagt er. Und weitergehen heiße eben Musik, Show, Fernsehen, Unterhaltung. „Ich könnte mir keinen normalen Job vorstellen, Klamottenladen oder so“, sagt Münch trocken. Aber einen Imagewandel kann er sich vorstellen. Weg von Unterhaltungsmusik, weg vom Hau-drauf-Image, hin zu elektronischer Musik. Einen Produzenten aus Frankfurt hat er kennengelernt, Thorben Seitz (32). „Thorben kenne ich seit zwei, drei Jahren“, sagt Münch, „Ich habe das zuerst nicht so richtig ernst genommen, aber er hat nicht locker gelassen und gesagt: Ballermann ist nix für dich!“ Am Wochenende haben sie sich das erste Mal getroffen, Pläne für die ersten Projekte geschmiedet und Songs probegehört. „Ansonsten sind wir natürlich auf Sponsorensuche, Leute, die das Projekt Dominik Münch unterstützen, ganz konkret, wenn es ein Musikvideo gibt“, erzählt der Sänger. Wird es da ein Problem sein, dass er über seine Tiefpunkt, seine Behandlung so freimütig erzählt? Werden Manager und Plattenlabels nicht den Rückwärtsgang einlegen, wenn sie davon erfahren? „Das glaube ich nicht“, sagt Münch selbstbewusst, „Ich glaube, dass es viel mehr verbreitet ist im Showgeschäft, als man denkt, dass da viele Probleme haben.“ Wichtig sei, dass Betroffene etwas unternehmen würden: „Wegrennen kann jeder, aber man muss kämpfen.“ Sich helfen zu lassen, sei der erste Schritt. Und: „Ich bin trotz allem stolz auf mich. Jetzt müsste ein Durchbruch her.“

x