Kreis Germersheim Germersheim: Schminkseminare für Krebspatientinnen

Make-up soll kranken Frauen Selbstvertrauen und Hoffnung geben. DKMS life bietet regelmäßig Schminkkurse in Kliniken an.  Foto:
Make-up soll kranken Frauen Selbstvertrauen und Hoffnung geben. DKMS life bietet regelmäßig Schminkkurse in Kliniken an.

Die Diagnose Krebs, die jedes Jahr rund 230.000 Frauen erhalten, bedeutet für viele nicht nur einen Kampf ums Überleben, sondern auch einen täglichen Kampf mit dem Spiegelbild.

Chemotherapie und Bestrahlung verändern das Aussehen drastisch. Die Frauen fühlen sich zusätzlich von der Krankheit gezeichnet. DKMS Life bietet deshalb Schminkseminare für Krebspatientinnen in Kliniken an. Kursleiterin Tatjana Esslinger berichtet, wieso Make-up Hoffnung und Selbstvertrauen schenken kann. Frau Esslinger, Krebs ist eine oft tödliche Diagnose, die Menschen verzweifeln lässt. Was können da schon Kajal und Lippenstift bewirken?
Es ist einmal das Zusammensein mit Gleichgesinnten. So makaber das klingt: Aber sich nicht verstellen zu müssen und mit Frauen zusammen sein, die ebenfalls von der Krankheit gezeichnet sind – die eben äußerlich nicht schön, gesund oder glatt sind, wie Models, die einem von jedem Werbeplakat entgegenstrahlen - dass gibt Kraft. Was ein Lippenstift und ein Kajal bewirken können, weiß jede Frau, die mal einen Tag hatte, an dem man in den Spiegel schaut und denkt: „Oje, ich kenne dich nicht, aber ich wasche dich mal.“ Kosmetik hilft sich besser zu fühlen. Nicht jeder sieht gleich, ob es dir gut geht oder nicht. Das ist wiederum hilfreich, denn bei all den Problemen, die die kranken Frauen sowieso schon haben, sollten sie sich nicht auch noch erklären müssen. Frauen in Ihren Seminaren haben mit Haaren, Wimpern und Augenbrauen häufig ein Stück Selbstwertgefühl verloren. Wie helfen Sie den Patientinnen sich wieder schön zu fühlen?
Die Frauen lernen beispielsweise Augenbrauen oder eine Wimpernkranz-Verdichtung selbst zu schminken oder wie sie ein buntes Tuch vorübergehend statt ihrer eigenen Haaren nutzen können. Das hebt den Selbstwert ungemein, sich wieder „ganz“ als Frau zu fühlen, wie vor der Diagnose. Oder sich selbst mal ganz anders zu sehen. Denn was sie lernen, kann den Typ ein wenig verändern, ohne die Frauen unnatürlich oder überschminkt aussehen zu lassen. Als Künstlerin für Körper und Seele möchte ich das Gefühl vermitteln: Du bist gut, wie du bist, sei du selbst und fokussiere dich auf das, was positiv an dir selbst ist. Wenn einem das bei einer Frau gelingt, die sprichwörtlich durch die Hölle gegangen ist, dann hast du alles gewonnen. Die Seminare sollen also auch von Ängsten ablenken, die die Krankheit auslöst, ein Stück Normalität zurückgeben. Kosmetik wird zu einem Teil der Therapie?
Auf jeden Fall. Alles, was man für sich selbst macht und es wiederholt, bringt eine gewisse Routine und in die Normalität zurück. Im Seminar bleibt auch Humor nicht aus, etwa wenn Make-up-Techniken nicht auf Anhieb funktionieren. Wenn ein Lidstrich oder eine Konturzeichnung der Lippen auf halb acht hängt, wird“s meist lustig. Vor und nach den Seminaren tauschen sich die Frauen gerne über alles Mögliche aus. Mein persönlicher Tipp am Ende ist: So schön, wie sich die Frauen jetzt fühlen, rauszugehen und sich zu zeigen, vielleicht mit dem Partner zum Essen zu verabreden oder mit Freunden etwas zu unternehmen. Mein Seminar ist geglückt, wenn die Patientinnen es mit einem Strahlen im Gesicht verlassen. Was war das schönste Feedback, dass Ihnen in Erinnerung geblieben ist?
Ganz oft habe ich gehört: „Sie würde ich gerne mit nach Hause nehmen, sie strahlen und geben mir einfach ein gutes Gefühl.“ Das rührt mich natürlich. Aber das Innigste war, als eine Frau mich nach dem Seminar fragte, ob Sie mich umarmen dürfe. Sie sagte mir, wie dankbar sie für diese zwei Stunden sei. Weil sie so viel Freude lange nicht mehr empfunden habe. Das macht natürlich etwas mit einem. Sie schilderte mir ihren Weg der Krankheit bis zu diesem Tag und ich konnte gar nicht anders als ihre Tränen teilen. So etwas vergisst man nie.

Zur Person

Tatjana Esslinger wohnt in Karlsruhe. Dort hat sie ein Studio für medizinische und kosmetische Pigmentierung (etwa Brustrekonstruktionspigmentierung) sowie ganzheitliche Kosmetik. Neben der Ausbildung zur medizinischen und kosmetische Pigmentistin hat sie Weiterbildungen in Onkologischer Kosmetik absolviert sowie Balance-Onkologische-Beraterin gelernt. Seit sieben Jahren leitet sie Kosmetikseminare der DKMS life.

Info

DKMS Life wurde 1995 gegründet und organisiert jährlich in rund 300 medizinischen Einrichtungen mehr als 1500 kostenlose „Look good, feel better“-Seminare für krebskranke Frauen. Angeboten werden auch Beauty-Workshops für Mädchen ab zehn Jahren. Mehr als 150.000 Patientinnen haben bislang teilgenommen.

Termin

Die „Look good feel better“-Kosmetikseminare für Krebspatientinnen finden am Montag, 20. Mai, 10 Uhr, im Diakonissenkrankenhaus Karlsruhe, und am Dienstag 21. Mai, 14.30 Uhr, in der Asklepios-Klinik Kandel, 14.30 Uhr, statt. Die Teilnahme und eine Tasche mit Kosmetikprodukten sind kostenlos. Nur mit Anmeldung unter Telefon 07275 712212 (Kandel) und 0721 8893375 (Karlsruhe).

Tatjana Esslinger leitet seit sieben jahren Kosmetikkurse für krebskranke Frauen. Foto: Klaus Dinter/frei
Tatjana Esslinger leitet seit sieben jahren Kosmetikkurse für krebskranke Frauen.
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