Kandel Gemeinsam gegen Extremisten

Buttons mit der Aufschrift „Mein Kandel ist bunt“ wurden bei den Demonstrationen gegen Rechts getragen.
Buttons mit der Aufschrift »Mein Kandel ist bunt« wurden bei den Demonstrationen gegen Rechts getragen.

Eine Resolution für eine offene, demokratische Gesellschaft hat der Stadtrat Kandel im September 2020 verabschiedet. 115 Kandeler haben sie online unterzeichnet. Jetzt sollen es mehr werden.

„Jeder Extremist ist Mist!“ So steht es auf einem der gelben Klebezettel, auf denen die Teilnehmer der Arbeitsgruppe für Toleranz und Geschichtsbewusstsein im Oktober 2020 ihre Gedanken notierten. Jeder Extremismus ist Feind der Demokratie – egal ob von rechts, links oder aus islamistischem Lager. „Das stimmt und ist zu unterstreichen“, sagt Stadträtin Ulrike Regner (Grüne), die jene AG ins Leben gerufen hat. „Allerdings muss sich Kandel aufgrund der letzten Monate vor allem gegen Rechtsextremismus wehren.“

Tatsächlich machte die 9.000-Einwohner-Stadt Kandel in der Vergangenheit immer wieder wegen Rechtsextremismus Schlagzeilen. Nach dem Mordfall Mia hatten AfD und NPD in Kandel demonstriert, sowie das so genannte „Frauenbündnis Kandel“, das der rechtsextremen Szene nahesteht. Zudem gab es Demonstrationen des von der AfD-Politikerin Christina Baum ausgerufenen Bündnisses „Kandel ist überall“. Als Reaktion darauf gab es jeweils Gegendemonstrationen. Die Initiativen „Wir sind Kandel“ und „Kandel gegen rechts“ entstanden. Sie mobilisierten unterm Strich weitaus mehr Teilnehmer als die rechtsextremen Provokateure.

Demonstrationen sind nicht jedermanns Sache

Dennoch: Längst nicht alle Kandeler, die für ihre demokratische und tolerante Haltung einstehen, fühlten sich von den beiden Gegeninitiativen angesprochen. Mancher geht eben generell ungern auf Demos, Protestmärsche oder Mahnwachen. Auch unter toleranten Demokraten bestehen unterschiedliche Milieus. Das geschlossene Miteinander fällt manchmal schwer. Das jedoch soll sich in Kandel ändern.

Denn im September 2020 hatte der Stadtrat seine Kandeler Resolution beschlossen – einstimmig und über Parteigrenzen hinweg. „Darin dürften sich alle Kandeler wiederfinden“, sagt Stadtbürgermeister Michael Niedermeier (CDU), der die Initiative von Ulrike Regner, eine solche Resolution auf den Weg zu bringen, von Anfang an unterstützt hat. In der Resolution heißt es: „Wir setzen uns ein für eine demokratische Zivilgesellschaft, die sich konsequent gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Vorurteile und Diskriminierung wendet.“

Klar Position bezogen

Wie wichtig solche klaren politischen Zeichen sind, zeigte der vergangene Sommer, als mit den Corona-Skeptikern auch Rechtspopulisten und Anhänger von Verschwörungstheorien lautstark an die Öffentlichkeit traten. Für die studierte Pädagogin und Grundschullehrerin Regner, die seit 2019 gewähltes Mitglied im Stadtrat ist, war damit höchste Zeit zu handeln. „Mit der Resolution positionieren wir uns jetzt geschlossen und gemeinsam“, sagt die engagierte Kommunalpolitikerin: „Das ist für viele ein gutes Vorbild und hoffentlich auch ein Anreiz, selbst mitzumachen.“

Wobei der große Rückhalt bislang noch ausblieb. Lediglich 115 Personen haben die online veröffentlichte Resolution unterzeichnet. Das mag an der im Internet schwer auffindbaren Adresse liegen oder daran, dass die Resolution noch nicht ausreichend beworben wurde. Es kann aber auch an der Zurückhaltung vieler Kandeler liegen, die nicht mit ihrer Person und ihrem Namen für die Resolution einzustehen bereit sind. Bürgermeister Niedermeier möchte den Erfolg der Resolution nicht an einer Zahl der Unterzeichner ausmachen.

Mitstreiter gesucht

Dass Handlungsbedarf besteht, hat die AG für Toleranz und Geschichtsbewusstsein gezeigt. Dort diskutierte man über einen zurückliegenden Vorfall an einer Grundschule, wo ein Kind rassistisch gemobbt und schließlich von der Schule genommen wurde. Darauf angesprochen zeigte sich die Schulleitung zunächst unbedarft und uneinsichtig.

Jetzt aber sind dort, angeregt vom Förderverein der Schule, Projektwochen gegen Rassismus geplant. Die AG wünscht sich ein breites Bündnis und sucht in Vereinen und Kirchengemeinden weitere Mitstreiter. Allerdings trifft sie sich wegen Corona derzeit nicht. „Wer trotzdem dieser Tage unterstützen will, soll die Online Resolution unterzeichnen“, sagt Ulrike Regner. Das geht elektronisch und ganz ohne Infektionsrisiko.

Kontakt

www.kandel.de/sv_kandel/Rathaus/Kandler%20Resolution/

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