Wochen-Spitze Güterzüge: Der Geist der Turmbauer zu Babel

Regional statt international ...
Regional statt international ...

Mehr Waren auf die Schiene – diese Forderung gibt schon lang. Geht es nach den Wünschen der Schweizer, dann sollen günftig Güterzüge auf der Strecke Wörth/Strasbourg verkehren. Aber ist das wirklich sinnvoll?

Die Schweiz wünscht 60 Güterzüge linksrheinisch pro Tag. Die Schweiz, das ist natürlich nicht mein lieber Freund Alois Zurbriggen aus dem Saastal, das ist auch nicht der Beat Ruebli aus Zürich und all die Millionen lieben anderen Schweizer. Die Schweiz, das sind hier sehr handfeste wirtschaftliche Interessen: Das Konsortium, das den über 50 Kilometer langen Gotthard-Basis-Tunnel gebaut hat, will endlich dafür belohnt werden.

Damit tritt dieser Tunnel nun schon zum zweiten Mal als Bedrohung auf: Auch die vierzig Nachtzüge, die immer noch und immer wieder im Gespräch sind, gehen auf ihn zurück. In Bremen soll ein riesiges Schiff landen und der Inhalt ans Mittelmeer gekarrt werden. Spätestens jetzt muss klar werden, dass der Ruf, einfach Verkehr auf die Schiene zu legen, auch nicht die große Erlösung sein kann. Die Bahnanlagen hier in der Region taugen ja auch nicht mehr für Personen-Fernzüge. Sie reichen aus, den Nahverkehr für die Bewohner der Region sehr gut zu bewältigen, das können sie, mehr sollen sie nicht und für mehr sind sie nicht geschaffen. Das gilt für angrenzende Bebauung ebenso wie für die Übergänge, die bei solcher Intensivstnutzung völlig überlastet wären.

Regionales stärken wäre eine Alternative

Jüngst schlug ein Leser vor, statt eines Riesenschiffes zwei kleinere Schiffe fahren zu lassen, eines mit den Gütern für den Norden, das andere, das ohne Bahn und Verkehr die Waren gleich in den Süden bringt. Warum werden solche Vorschläge nicht aufgegriffen? Ja natürlich, dann geht der Bahn Verdienstmöglichkeit verloren. Aber schafft man künstlich Verkehr, um daran zu verdienen, oder verdient man an dem Verkehr, den man unbedingt braucht?

Dahinter steckt immer noch der Geist der Turmbauer zu Babel. Je größer der technische Fortschritt wird, umso größer werden nicht nur die sinnigen, sondern auch die unsinnigen Projekte, von den kriegerischen ganz abgesehen. Einzelne werden Millionäre und Milliardäre dadurch, die anderen leiden. So verwandelt sich unsere seit Jahrhunderten angestammte und von der Natur bevorzugte Heimat schleichend in einen Industriepark, dem sich alles unterzuordnen hat, auch das menschliche Leben. Die Betroffenen haben dabei schlichtweg nichts mitzureden.

Es gibt schon ernstzunehmende Wissenschaftler, die fordern, den Kapitalismus abzuschaffen, weil er die Menschheit zugrunde richtet. Fangen wir einmal viel bescheidener an: Die Schweiz will ein Viertel des Güterlastverkehrs, der sie plagt, auf die Schiene hieven. Ein durchaus berechtigtes Interesse. Aber warum geht man nicht den Schritt konsequent zu Ende und lässt dieses Viertel einfach nicht mehr ins Land? Nach dem zu erwartenden großen Geschrei würde man vielleicht überlegen, nicht mehr jeden kleinen Suppenwürfel aus Hinterindien heranbringen zu lassen. Die zügellose Globalisierung hat ihre Zerstörungsmacht bewiesen. Zudem fehlen immer mehr wichtige Produkte, die früher selbstverständlich waren. Regionales wieder stärken, Verkehr dadurch vermeiden statt nur verlagern, das wäre eine echte Alternative, denn auch Bahnverkehr und Bahnlärm sind hinderlich und machen krank.

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