Kreis Germersheim Freiluftgalerie am Eselsbuckel

Asiatische Landschaften gibt es jetzt in der Unterführung am Eselsbuckel zu bestaunen.
Asiatische Landschaften gibt es jetzt in der Unterführung am Eselsbuckel zu bestaunen.

«WÖRTH.» Von seiner Wochenend-Tour in den Heilbach bei Wörth und drei kurzen Abstechern bei Malern und Sprayern kann Nils Nager, Neues, Einmaliges und Sensationelles berichten.

Am Anfang waren junge Leute, die in den vergangenen Jahren mehrmals – mit ausdrücklicher Erlaubnis und Unterstützung der Stadt – Kritzeleien in Unterführungen mit Farbe aus der Dose kunstvoll übersprüht und sehenswerte Graffiti geschaffen haben. Bürgermeister Dennis Nitsche (SPD) konnte jetzt die inzwischen weit fortgeschrittene Sprayer-Truppe sowie Kunstschaffende aus Wörth und Maximiliansau für eine große Gemeinschaftsaktion gewinnen. Ziel war, die graue Betonwand unterhalb des „Eselsbuckels“ in eine riesige Freiluftgalerie zu verwandeln. „Vorarbeiter“ war der Wörther Künstler Andreas Hella, der bei solchen Verschönerungsaktionen oft seine Hände im Spiel hat. Entlang des 60 Meter langen Gehwegs hat er die Mauer mit 22 goldfarbenen Barock-Rahmen versehen und den Hintergrund in Anthrazit gestrichen. Die Hobby- und Berufskünstler durften sich ein Format – quadratisch, rechteckig, rund oder oval – aussuchen und am Wochenende die weißen Flächen mit Farbe kunstvoll füllen. Was sie unter sengender Sonne schufen, kann sich ebenso sehen lassen wie die Unterführung, die fünf Sprayer in eine farbenprächtige asiatische Landschaft mit einem Feuer speienden Vulkan und einem Bambus schwingenden Pandabären verwandelt haben. Sind die Techniken auch noch so verschieden, greifen die Künstler gerne die Formen und Farben der Umgebung oder typische Wörther Motive auf. „Unsere Familie hatte es immer mit Fischen“, sagt der „Ur-Wörther“ Egon Wilhelm und präsentiert solche aus Edelstahl nach aufwendiger Schweißarbeit. Neben einer Regenbogenforelle und einem Karpfen blickt aus einem Rahmen eine hübsche Frau mit Fisch-Ohrringen. Ein Relief aus Beton zeigt „Menschen in der Stadt“. Wie marmoriert wirken in Gießtechnik mit Acrylfarbe behandelte Fliesen. Fremd scheint neben einem Sonnenblumenfeld die Skyline von Manhattan, doch daneben erkennt mancher Wörther beim Blick durch die ins Abendrot getauchte Ottstraße mit den beiden Hochhäusern im Hintergrund seine Heimat. Die Maximiliansauer Künstlerin Christa Klöfer malt frei und spontan und füllt gleich zwei Rahmen auf ihre in Fachkreisen hoch geschätzte Art mit Farbe. „So gut kann ich in meinem Hobby nie werden“, sagt nebenan Inge Ritter bescheiden. Aber mir gefällt ihre Wörther Landschaft, die sie einem Nolte-Aquarell nachempfindet. Vor einem alles überstrahlenden Mandala in Blau halte ich besinnlich inne. Offensichtlich inspiriert vom Besuch des Hähnchenfestes hält Andreas Hella auf zwei Tafeln einen lauthals krähenden Hahn und – eines seiner Lieblingstiere? – den Strauß mit langem Hals und dickem Kopf, fest. Seine ebenfalls Kunst schaffende Gattin rührt für ihr Kopfrelief Mörtel an und bricht Mosaikteile aus einem Spiegel. Immer wieder sind Passanten zu Fuß oder per Fahrrad gekommen, um den Künstlern die verdiente Ehre zu geben, ihre Arbeiten zu würdigen und das Gesamtkunstwerk zu bestaunen. Am Ende haben dann alle Teilnehmer mit ihrem Handabdruck auf einer rechteckigen Tafel buchstäblich Eindruck hinterlassen. Und auf der Straße sind die Autos viel langsamer als sonst gefahren. Für Hella ist das Geschaffene „keine Aktion für die Ewigkeit: Die Rahmen bleiben; die Kunst wird von Zeit zu Zeit ausgetauscht.“ Von Opa Nörgel erfahre ich, dass sich Wörth schon vor Jahrzehnten weltweit einen Ruf als Malerdorf erworben hat. Aber das wäre eine andere Geschichte . . .

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