Kreis Germersheim Faule Äpfel und Gemüseschalen

Direkt über dem Behälter für den Flüssigdünger sitzt die Gasglocke, in der Gas für die Aufbereitung gesammelt wird. Zwei davon s
Direkt über dem Behälter für den Flüssigdünger sitzt die Gasglocke, in der Gas für die Aufbereitung gesammelt wird. Zwei davon soll es in Westheim geben.

Es stinkt. Keine Frage. Kaum sind die Germersheimer Besucher aus dem Bus, rümpfen einige die Nase. Die Delegation aus Mitgliedern der Gemeinderäte Westheim und Bellheim sowie des Abfallwirtschaftausschusses des Kreises ist in der Biomüll-Vergärungsanlage Backnang-Neuschöntal ausgestiegen. Sie gilt als Muster für die im Westheimer Kompostwerk geplante Vergärungsanlage, die den Biomüll des Kreises Germersheim und einiger Zulieferer in wertvolles Gas umwandeln soll. „Das wird die Energie von fünf oder sechs Windrädern“, macht Landrat Fritz Brechtel (CDU) keinen Hehl aus seiner Sympathie für das Projekt. Und das mit dem Gestank ist auch gleich geklärt. In Westheim wird es zumindest um die Anlage herum nicht stinken, dort wird es keine Arbeitsschritte im Freien geben. Die gesamte Westheimer Anlage, die von einem Konsortium unter Führung von Suez errichtet werden soll, ist in einer geschlossenen Halle untergebracht. In Backnang erklärt Gerald Balthasar den Aufwand, der nötig war, um den Gestank der Sortier- und Rottehallen in den Griff zu bekommen. Eine Million Euro habe der Rems-Murr-Kreis, der die Anlage selbst betreibt, in die Modernisierung der Entlüftung gesteckt, samt Wasch- und Filteranlage für die Abluft. „Das sollten Sie auch machen“, gibt er den kommunalpolitischen Kollegen aus dem Kreis Germersheim mit auf den Weg. In Backnang werden pro Jahr rund 42 Tonnen Biomüll und Grünabfall aus dem Rems-Murr-Kreis vergoren. Daraus entstehen rund zehn Millionen Kilowatt Strom in zwei Blockheizkraftwerken und noch einmal so viel Leistung geht als Wärme in den Eigenbedarf und an die benachbarte Kläranlage zur Trocknung des Klärschlammes. Die in Westheim geplante Anlage unterscheidet sich in der Nutzung des Biogases aber deutlich davon. In Westheim wird kein Strom produziert, sondern das Gas aufbereitet und in das lokale Gasnetz eingespeist. Was nach der Vergärung übrig bleibt, muss auch verwertet werden. Das ist technisch gut machbar, aber die Abgabe an die Endverbraucher ist kein Verkaufsrenner. „Wir geben Kompost und Flüssigdünger kostenlos ab“, sagt Balthasar. „Das löst unser Entsorgungsproblem.“ Für den Transport des Flüssigdüngers auf die Felder der Bauern bekommen die sogar noch die Kosten erstattet. Suez-Geschäftsführer Oliver Grimm schweben für Westheim allerdings andere Modelle vor. Er möchte den hochwertigen Kompost und Flüssigdünger gerne vermarkten. Beim Kompost hat er Produzenten von Spezialerden auf dem Plan, beim Flüssigdünger ist die Sache offen. Bei dessen Transport spielt das Verkehrsaufkommen eine Rolle. Damit die Landwirte in der Düngezeit im Frühjahr nicht zu „unmöglichen Tag- und Nachtzeiten“ mit ihren teils riesigen Tankgefährten durch die Dörfer fahren, will Suez den Flüssigdünger zu großen Teilen nicht in Westheim, sondern direkt bei den Landwirten lagern. Die Tanks dafür werden von Suez bei den kooperierenden Landwirten gebaut. Überhaupt ist Verkehr das Thema, das Lärm und Geruch in den Hintergrund drängt. Brechtel hält den prognostizierten Zuwachs der Lkw-Transporte zur Kompostanlage von heute 30 auf später 46 Fahrten pro Tag (Hin- und Rückfahrt jeweils als eine Fahrt gezählt) für vertretbar, zumal mit der Vergärung des Biomülls ein Abfallwirtschaftsziel erreicht werde, das man sich vor fast zehn Jahren gesetzt habe. „Das ist ein Beitrag für den Klimaschutz ohne Preissteigerung für die Bürger“, so Brechtel. Die Westheimer Ortsbürgermeisterin Inge Volz (SPD) ist von dem ökologischen Sinn des Vorhabens überzeugt. „Ich habe keine Bedenken. Die Kompostanlage sind wir ja schon seit ewigen Zeiten gewohnt.“ Wichtig ist ihr, dass der Verkehr der Anlage die vorgeschriebene Zu- und Abfahrt über Ölstraße und B 9 einhält. „Das muss beobachtet werden.“ Guido Hörner (CDU) aus ottersheim, selbst Landwirt und Mitglied im Abfallwirtschaftsausschuss, zeigt sich vor allem an der Verwendung von Kompost und Dünger interessiert. „Ich sehe das positiv, wenn man damit die Nährstoffbilanz im Acker decken kann.“ Er sei nicht abgeneigt, auch im eigenen Betrieb die Gärreste der Anlage als Dünger einzusetzen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. „Wenn ich dafür eine neue Maschine für 50.000 Euro zum Verteilen brauche“, rechne sich das aber nicht.

In dieser Anlage in Oberriexingen wird Biogas aufbereitet und in der Station rechts daneben ins Gasnetz eingespeist.
In dieser Anlage in Oberriexingen wird Biogas aufbereitet und in der Station rechts daneben ins Gasnetz eingespeist.
In Backnang-Hohenschöntal holt ein Landwirt Flüssigdünger ab.
In Backnang-Hohenschöntal holt ein Landwirt Flüssigdünger ab.
x