Die gute Nachricht Erdbebenhilfe: Geld für Gemeinden sinnvoller als Sachspenden

 Kharamanmaras, Türkei: Ein Mann sitzt neben seinem eingestürzten Haus, während unter den Trümmern nach Menschen gesucht wird.
Kharamanmaras, Türkei: Ein Mann sitzt neben seinem eingestürzten Haus, während unter den Trümmern nach Menschen gesucht wird.

Die Erdbebenkatastrophe in der Türkei und Syrien, vor allem die schnelle Hilfe für die Opfer, bewegt die Mitglieder der Ditib-und der IGMG-Gemeinde in Germersheim. Beide Gruppen haben auf spontane private Hilfstransporte verzichtet. Warum sie sich stattdessen um Spenden bemühen.

Sehr viele Aktivitäten hat die rund 500 Mitglieder umfassende türkisch-islamische Gemeinde Germersheim Ditib initiiert. „Bisher haben wir 77.000 Euro an Spenden überwiesen“, sagt Hayrettin Günes, Vorsitzender des Vereins. Hinzu kommen viele private Spenden, die online überwiesen wurden. Auch in der Gemeinde der Internationalen Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) mit 110 Mitgliedern wurde nach den Freitagsgebeten Spenden gesammelt. „Da wurden unsere Erwartungen weit übertroffen“, sagt Özer Demiral, Vorsitzender der Gemeinde. Er unterstreicht aber auch, dass nicht nur Spenden wichtig sind. Es gelte auch, spirituell zu unterstützen. In der Gemeinde seien auch Mitglieder, deren Familie Opfer zu beklagen hat.

Gemeinde stark engagiert

Die Frauen und die Jugend beider Gemeinden in Germersheim haben den Erlös aus dem Verkauf von Lahmacun, Döner, Kuchen, Gebäck und anderen Spezialitäten gespendet. Außerdem hat die Ditib-Eltern-Gruppe vor dem Serpa-Markt ein leckeres Buffet aufgebaut und eine große Grillaktion gestartet. Auch der Erlös dieser Aktion wurde gespendet. In Lustadt haben die Ditib-Gemeinden ein Fußballturnier mit zwölf Mannschaften veranstaltet, Teams unter anderem aus Bad Kreuznach oder Wittlich haben daran teilgenommen. „Ein solches Turnier machen wir immer“, sagt Günes, doch in diesem Jahr wird der Erlös der Erdbebenhilfe zur Verfügung gestellt.

Hilfspakete – zum Beispiel mit Kleidern – wolle man nicht packen, auch wegen der Kosten des Transports. Außerdem würden, so Günes, ja viele Kleider in der Türkei gefertigt. Da könne man von dem gespendeten Geld vor Ort Kleidung kaufen. „Wir machen, was geht“, sagt Günes. Das komplette Team der Ditib-Gemeinde sei an den Aktionen beteiligt. „Am Tag des Erdbebens waren unsere Landsleute geschockt, jeder wollte etwas unternehmen“, erinnert sich Özer Demiral. Doch sei es wichtig, bei aller Emotion und Betroffenheit, Hilfe gezielt einzusetzen. Welche Form der Hilfe notwendig ist, wird bei der IGMG über den Dach- beziehungsweise Regionalverband zentral gesteuert. „Unser Vorsitzender war vor Ort, hat gesehen, was am dringendsten gebraucht wird“, sagt Özer Demiral.

Ramadan beginnt bald

Am 22. März beginnt Ramadan, der Fastenmonat für Muslime, auch ein Monat der mildtätigen Almosen. Hier rechnen beide Vorsitzenden mit weiteren Spenden zugunsten der Erdbebenopfer. Die Katastrophe hat auch viele Opfer im Norden Syriens gefordert, einer Region, in die auch viele Binnenflüchtlinge eine vorübergehende Unterkunft gefunden haben. „Es sind so krasse Geschichten, ich kann das alles gar nicht in Worte fassen“, sagt Obama Barmou aus Jockgrim, der selbst vor Jahren aus Syrien geflüchtet ist. Er unterstütze seit etwa vier Jahren persönlich Landsleute bei administrativen Angelegenheiten. Aktuell bemüht er sich um ein Visum für Syrer, deren Familienangehörige zuerst vor dem Assad-Regime in den Norden Syriens geflüchtet und nun durch das Erdbeben obdachlos geworden sind. Im September – also schon vor den Erdbeben – hat Barmou den Verein „Syrische Sozialgemeinschaft“ mit begründet. Aktuell warte man auf die Eintragung ins Vereinsregister.

Hilfe für Syrien

Hilfstransporte oder Sachspenden seien nach seiner Kenntnis von der syrischen Community im Kreis nicht organisiert worden. „Die Situation war unklar, ob die Waren überhaupt im Krisengebiet ankommen.“ „Wir haben auch keine Hilfsstrukturen, keine direkten Ansprechpartner vor Ort, über die wir Hilfe organisieren können“, sagt Obada Barmou. Eine Möglichkeit sei jedoch die Kriegskinder-Nothilfe des in Lindau ansässigen Dr. Adnan Wahhoud zu unterstützen (Spendenkonto: Kriegskindernothilfe eV. DE68764500000430000117). Dieser hat bereits vor der Erdbeben-Katastrophe in Syrien medizinische Hilfe initiiert. Dr. Wahhoud habe Kontakte und Strukturen vor Ort, um auch Erdbebenopfern helfen zu können. Frauen und Kinder seien die vulnerablen Gruppen, die am dringendsten Hilfe brauchen.

Info

Beiräte für Migration und Integration: „Trauer für die Erdbebenopfer“, Gemeinsames Gedenken und interreligiöses Gebet, Samstag, 25. Februar, 16 Uhr, Europaplatz Germersheim.

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