Kreis Germersheim Amt und Ehrenamt für Natur verbinden

Der Weg zum Ziel ist versperrt mit Gestrüpp und mannshohen Brennnesseln. Nur ein schmaler, kaum zu findender Pfad führt in die Welt der ehemaligen Fischzuchtweiher genau an der Gemarkungsgrenze zwischen Weingarten und Freisbach. Der Kreis Germersheim hat das Areal mit ehemals 15 Teichen bereits vor Jahren gekauft, lange nachdem der Eigentümer verstorben war und die Nachfolger das Interesse verloren hatten. Das Problem: Das einstige Amphibienbiotop war komplett zugewachsen. Kurt von Nida, Vorsitzender und „Motor“ der neuen Aktion Südpfalz-Biotope, nutzt das Areal als Anschauungsbeispiel für Mitstreiter und Presse. Er zeigt, welche Möglichkeiten es gibt, auf überschaubarer Fläche Lebensräume für wichtige und seltene Tier- und Pflanzenarten zu schaffen beziehungsweise zu erhalten. Und er erklärt, welcher Aufwand dahintersteckt, diese Biotope zu pflegen, zu kontrollieren, langfristig zu schützen. „Da müssen Behörden, Hauptamtliche und vor allem Ehrenamt Hand in Hand arbeiten, um das zu schaffen“, sagt der Biotop-Aktivist. Mit dabei sind Dieter Zeiß, zweiter Vorsitzender der Aktion Südpfalz-Biotope, und Kurt Garrecht vom Naturschutzverband Südpfalz (NVS). Einen ersten Einblick in ihren neuen Job bekommt Umweltwissenschaftlerin Meike Wagner, die vor wenigen Tagen die erste hauptamtliche Position bei der Aktion Südpfalz-Biotope angetreten hat. Bei ihr werden in Zukunft die Fäden in Sachen Südpfalz-Biotope zusammenlaufen. Egal, ob Berichte aus den Biotopen, Datensammlungen oder Naturschutz-Bürokratie in Form von Förderanträgen. Nach Brennnesseln und Weidengestrüpp öffnet sich eine weite Wiese. Rund 50.000 Quadratmeter auf zwei Flächen umfasst das „Fischteich-Biotop“ in den ehemaligen Bruchwiesen am Kaltenbach. Ein Teil der Wiese ist gemäht, es soll sich ein artenreicher Magerrasen entwickeln. Eine Seite ist begrenzt von einer Streuobstwiese. „Ideal, sehr wertvoll“, wirft Kurt Garrecht ein. Richtung Tümpel, die in der Hitzewelle nahezu ausgetrocknet sind, steht eine fette Seggenwiese, die nicht gemäht wird. „Die Seggen sind so dicht, da kommen keine Weiden oder Eschen mehr durch, die die Landschaft verbuschen könnten“, erklärt von Nida. Außerdem sei der dichte Bewuchs Schutzraum für die Kinderstuben der verschiedensten Tierarten. Der in Rheinland-Pfalz sehr seltene Moorfrosch sei hier beheimatet, erzählt von Nida nicht ohne Stolz. Deshalb habe man nach den Rodungsarbeiten vor zwei Jahren auch die Ufer einiger Teiche abgeflacht und Teiche miteinander verbunden. Mit wissenschaftlicher Unterstützung versteht sich. Mit dem Aushub wurden gleichzeitig Steilwände für den Eisvogel geschaffen. Enten, Watvögel, aber auch Falken gehören zur Vogelwelt des Biotops. Viele Zugvögel sind Gast auf dem Weg nach Afrika und zurück. Neun Amphibienarten haben die Biotopschützer gezählt, 18 Libellenarten. „Die Amphibien und die Libellen brauchen sonniges Offenland“, begründet von Nida die immer mal wieder notwendigen Rodungen. Den Biotopschützern ist klar, dass sie hier keine Ur-Natur, sondern seit Jahrhunderten von Menschenhand geschaffene Kulturlandschaft erhalten, in der sich eine spezielle Tier- und Pflanzenpopulation entwickelt hat. „Das ist die Kulturleistung der Menschen“, sagt von Nida. „Wenn die erhalten werden soll, müssen wir nachhelfen.“ Wie von Menschen geschaffene Kulturlandschaft auch aussehen kann, lässt sich vor Ort beobachten. An einer Seite werden die Teichbiotope von Wald begrenzt, drei Seiten sind von Intensivlandwirtschaft umgeben. Ein Bauer spritzt gerade ein Feld mit einer riesigen Maschine. Von Nida: „Die Landwirte gehören selbstverständlich auch zu unseren Gesprächspartnern in Sachen Naturschutz.“ Die Aktion Südpfalz-Biotope ist eine höchst diplomatische Angelegenheit. Im Gegensatz zu Verbänden wie etwa dem BUND, die sich auch einmal auf provozierende Extrempositionen im eigenen Interesse zurückziehen können, sei Sinn und Zweck der Aktion Südpfalz-Biotope, Kompromisse zwischen allen Seiten auszuarbeiten, die allein dem Biotopschutz dienen. An vorderster Stelle neben Behörden und Verbänden stehen für von Nida und seine Mitstreiter die Bürger. „Wir müssen die Bevölkerung vor Ort einbinden, damit ein Bewusstsein für den Biotopschutz entsteht“, sagt von Nida. Und ergänzt: „Wir machen schon viel mit Ehrenamtlern. Aber wir brauchen noch viel mehr!“

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