Germersheim ADFC achtet auf Abstand

Johannes Meichßner (links) und Erhardt Vortanz zeigen den neuen Seitenabstand, den vorbeifahrende Kraftfahrzeuge einhalten müsse
Johannes Meichßner (links) und Erhardt Vortanz zeigen den neuen Seitenabstand, den vorbeifahrende Kraftfahrzeuge einhalten müssen.

„Mehr Platz fürs Rad“ fordert der ADFC deutschlandweit und auch im Landkreis Germersheim. Die neue Straßenverkehrsordnung (StVO) sieht einen besseren Schutz von Radfahrern vor, weil der Sicherheitsabstand beim Überholen auf eineinhalb Meter erhöht wurde. Dennoch gibt es Konfliktpotenzial – auch in der Stadt Germersheim.

Ausgerüstet mit einer kleinen Kamera, einer sogenannten Dashcam, ist Erhardt Vortanz mit seinem Fahrrad in der Marktstraße unterwegs. Sein Sicherheitsabstand zu den geparkten Autos beträgt über einen Meter. Ein Überholen ist in der Straße nicht mehr möglich, denn auf dem Gepäckträger hat er einen Abstandhalter montiert, der das Rad einen Meter breit macht. „Das ist gerade so zulässig“, sagt Vortanz. Breiter als einen Meter dürfe ein Fahrrad nicht sein. Und seine Kamera zeichnet während der Fahrt andere Verkehrsteilnehmer auf – nach vorne oder hinten – je nachdem wie viele Kameras gerade montiert und angeschaltet sind. Vortanz ist – wie er selbst sagt – Aktivist und Beisitzer im ADFC-Kreisverband. Er möchte andere Menschen dazu bewegen, sich mit ihm als Fahrradfahrer auseinanderzusetzen. Und ein Sicherheitsabstand ist wichtig. Eine Frau aus Bellheim wurde wegen Missachtung dessen von ihm angezeigt.

Angst vorm Überholtwerden

„Knappes und schnelles Überholtwerden ist für über 80 Prozent der Radfahrenden eine Situation der Angst“, zitiert Johannes Meichßner, Vorsitzender des Germersheimer ADFC-Kreisverbands, eine Forsa-Umfrage. Gerichte haben in den vergangenen 40 Jahren den Mindestabstand in ihren Urteilen immer wieder auf 1,5 bis 2 Meter festgesetzt. Nun sei mit der Novelle der StVO dies endlich festgeschrieben worden. „Beim Überholen mit Kraftfahrzeugen von zu Fuß Gehenden, Rad fahrenden und Elektrokleinstfahrzeug Führenden beträgt der ausreichende Seitenabstand innerorts mindestens 1,5 Meter und außerorts mindestens 2 Meter“, zitiert Meichßner die neue Verordnung.

Gerade dies soll die Frau aus Bellheim nicht getan haben. Vortanz erzählt, dass er die Kamera am Rad nach hinten ausgerichtet hatte und die Frau sehr nah an ihm vorbeigefahren ist. „In einem Bereich bei erlaubten Tempo 30 recht zügig“, wie er erzählt. Da sie abgebogen sei, sei er ihr nachgefahren und habe sie nach dem Parken zur Rede gestellt. Er habe sie darauf aufmerksam gemacht, dass er sie anzeigen werde. Als Beweis soll das gedrehte Video dienen.

Dashcam: Illegal oder Beweis?

Die Videos von Dashcams sind umstritten. Der Rechtsbeistand des ADFC habe gesagt, es könne passieren, dass das Video als Beweis nicht anerkannt werde und er eine Strafe erhalte, weil er widerrechtlich im öffentlichen Raum gefilmt habe. „Wobei die Bilder nicht veröffentlicht, sondern nur als Beweis dienen werden“, sagt Vortanz. Andererseits könne es sein, dass das Gericht das Beweisvideo zulasse und es ausgewertet werde. „Mal sehen, wie es ausgeht“, sagt Vortanz. Sinn und Zweck sei es, das Radfahren sicherer zu gestalten.

Und so dreht er seine Runden durch die Innenstadt. Denn auf den Radwegen muss in Germersheim mit Begegnungsverkehr gerechnet werden. Sascha Hofmann, Baudezernent der Stadt Germersheim, kontert: „Ein Radweg mit Gegenverkehr ist besser als kein Radweg.“ Er weist auf Besserungen hin, dass die Thematik in der Stadtplanung angekommen sei. Das nächste Projekt sei der geteilte Verkehrsraum nach dem Umbau der Straße An der Hochschule. Vortanz dreht derweil weiter seine Runde. Doch immer, bevor es zum Begegnungsverkehr auf dem Radweg mit einem anderen Radfahrer kommt, biegt der in eine andere Straße ab. Übrigens: Für Radfahrer untereinander oder Fußgänger und Radfahrer gilt der in der StVO festgeschriebene Seitenabstand nicht – nur für Kraftfahrzeuge.

Einwurf: Sicherheit

111 Unfälle gab es im Bereich der Polizei Germersheim vergangenes Jahr mit Radfahrern. Bei 20 davon gab es Schwerverletzte, bei 64 Leichtverletzte. 101 Unfälle ereigneten sich Innerorts, bei 53 davon waren Radler Hauptverantwortliche. Und die Zahl der Radfahrunfälle steigt. Die Aktion des ADFC, auf die neuen Sicherheitsabstände der Verkehrsordnung hinzuweisen ist richtig. Gerade in Städten und Dörfern wird viel Rad gefahren. Kurz warten bevor man sicher überholen kann, bringt alle sicher ans Ziel.

Knapp ein Meter ist das Fahrrad mit dieser fixierten Abstandshalterung breit.
Knapp ein Meter ist das Fahrrad mit dieser fixierten Abstandshalterung breit.
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