Kreis Bad Duerkheim Ohne Dresscode auf hoher See

Erika und Uwe Albrecht aus Edigheim sind auf den Weltmeeren zu Hause. Dabei hat es ihnen weder das „Traumschiff“ MS Europa noch der Luxusliner „Queen Mary II“ oder ein Pauschalkreuzer aus der Aida-Flotte angetan. Das Ludwigshafener Ehepaar hat Atlantik, Pazifik, Panamakanal und das Eismeer an Bord von Frachtschiffen bereist.

„Es wird nicht langweilig. Das Wasser sieht jeden Tag anders aus“, berichtet der 54-jährige Chemielaborant. Uwe Albrecht vermisst Bespaßung und immerwährende Essenbüffets ebenso wenig wie seine Ehefrau Erika. Im Gegenteil: „Wenn man aufgeschlossen ist, hat man immer etwas zu tun. Wir haben uns mit Geografie, Nautik, Technik und Astronomie beschäftigt. Das ist ein Gefühl wie bei der Entdeckung der Welt“, schwärmt die Krankenhausangestellte am Frankenthaler Klinikum. Den Kern der Idee lieferte der Vater von Uwe Albrecht. „Er ist in den 1920er-Jahren auf der Suche nach Arbeit nach Argentinien gefahren und hat sich die Rückfahrt auf einem Frachtschiff finanziert, indem er dort Kohle geschippt hat.“ Diesen Spuren wollte er zu seinem 50. Geburtstag im Jahr 2010 folgen. „Und den letzten Ausschlag gab ein Zeitungsbericht über Fahrten als Passagier auf Frachtern.“ Das passende Schiff dafür, die „MSC Tanzania“ war schnell gefunden. Das 300 Meter lange und 33 Meter breite Containerschiff verkehrte auf der „Auswandererroute“ zwischen Bremerhaven und New York. „Ich hatte vorher nie groß etwas mit Seefahrt zutun, aber mich hat hier vom ersten Moment an alles fasziniert“, berichtet seine Frau. „Mir war es auf der ganzen Fahrt keinen Moment langweilig.“ Umso mehr bedauert sie das Schicksal ihres ersten Dampfers: „Der hat von seinen Ausmaßen her exakt in den Panamakanal gepasst.“ Aber obwohl das Schiff erst 1997 in Dienst gestellt wurde, sei die Technik mittlerweile veraltet. „Die Tanzania wird verschrottet“, bedauert sie. An Bord der Frachter seien früher alle Schichten doppelt besetzt gewesen. Mittlerweile habe die Technik einiges an Personal eingespart. So sind auf fast allen Containerschiffen zwei bis vier Kabinen, die ursprünglich den Offizieren vorbehalten waren, frei für Passagiere. Die werden von Reedereien weitervermietet und sind heiß begehrt. „Unsere letzte Tour haben wir im Juli 2012 festgemacht. Da waren die Fahrten bis September 2013 schon ausgebucht“, berichtet Albrecht. Diese große Fahrt führte sie über 29.300 Seemeilen oder 54.264 Kilometer in 90 Tagen von Hamburg nach Hamburg, einmal um die Erde. Eine logistische Glanzleistung auch für die Passagiere. „Man weiß bei einem Frachtschiff nie genau, wann es in den Hafen kommt und wie lange es dann festliegt. Da braucht man ein wenig Flexibilität. Unsere große Fahrt hat sich zweimal um eine Woche verzögert. Das war nicht nur für die Anschlüsse schwierig, sondern man braucht auch Kollegen und Chefs, die so etwas tolerieren“, erklärt Erika Albrecht. Im Gegenzug dazu sei nicht garantiert, dass auch wirklich alle ursprünglich avisierten Häfen angelaufen werden. Dafür kommen ab und an neue Zwischenstopps in den Containerterminals rund um den Globus hinzu. „Und man hat natürlich auch nie die Garantie, dass man in einem Hafen auch das Schiff verlassen kann. Das ist immer eine Frage der Liegezeiten“, sagt sie. Die Liste der angelaufenen Häfen liest sich trotzdem eindrucksvoll. Tahiti und Sydney sind ebenso dabei wie Cartagena in Kolumbien, New York und natürlich die Zwischenstationen entlang des Panama-Kanals. All das und noch vieles andere mehr lernte das Ehepaar aus Ludwigshafen auf seiner großen Überfahrt kennen. Und das alles in einer entspannten Atmosphäre und nach dem eigenen Rhythmus. „Die Mannschaft auf solchen Schiffen besteht in der Regel aus Philippinos. Kontakt hat man mehr zu den Offizieren, die eher europäisch dominiert sind“, sagt Uwe Albrecht. Ganz wichtig dabei: „Auf solchen Schiffen gibt es keine Äquatortaufen, kein „Captain’s-Dinner“ und auch keinen Dresscode. Die Kleidung ist ganz egal. Gute Kleider benötigt man höchstens für die Landgänge. Ansonsten ist es auf so einem Schiff ölig, rußig und schmutzig, und man wird von den Reedereien vorher darauf hingewiesen, ältere Kleidung einzupacken.“ Fest steht aber auch, dass das Edigheimer Ehepaar so die Weltmeere für sich eroberte und vom Fernweh gepackt wurde. „Das ging sogar so weit, dass ich mittlerweile den „Sportbootführerschein See“ gemacht habe“, berichtet Erika Albrecht lächelnd.

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