Kreis Bad Duerkheim „Langzeiteffekte nicht erfasst“

Neonicotinoide, kurz Neonics genannt, sind äußerst wirksame Insektengifte. Ihre toxische Wirkung entfalten sie im Nervensystem der Kerbtiere. Während der Verbrauch in der konventionellen Landwirtschaft steigt, kommen Forschungen zu alarmierenden Ergebnissen. Über die ökologischen Auswirkungen referiert heute Abend im Pfalzmuseum für Naturkunde der Wachenheimer Dr. Peter Hoppe. Wir sprachen mit dem Veterinärwissenschaftler i.R. über seinen Vortrag, zu dem BUND, NABU und Pollichia gemeinsam einladen.

Herr Hoppe, Neonicotinoide sollen für den Kollaps ganzer Völker von Honigbienen verantwortlich sein. Sind denn vor allem Bienen betroffen?

Nicht allein. Bei den Honigbienen beobachtet man die Auswirkungen nur viel intensiver durch die Interessensgruppe der Imker. Neonics sind eine recht neue Klasse von Insektiziden, die sich in der gesamten Pflanze verteilen, inklusive in Pollen und Nektar. Die Vergiftung kann somit alle bestäubenden Blütenbesucher betreffen, etwa Schmetterlinge und Hummeln. Zum Beispiel haben kontrollierte Versuche in England mit Erdhummeln gezeigt, dass von winzigen Dosen betroffene Völker 85 Prozent weniger Königinnen ausbilden und sich somit kaum noch vermehren. Wie steht es um die Auswirkungen auf Wirbeltiere? Die Wirkung der Neonics betrifft natürlich auch die Tiere, die auf Insekten als Nahrung angewiesen sind. Der Vogelwelt, wie auch Amphibien und Fischen, fehlt also schlicht und einfach das Futter. Für Feldvögel genügt das Fressen weniger gebeizter Saatkörner als tödliche Dosis. Vor zwei Jahren wurde in der EU ein Moratorium für den Einsatz dieser Pestizide beschlossen, das Ende 2015 ausläuft. Wird man durch dieses Teilverbot mehr Erkenntnisse gewinnen? Sicher nicht, dazu ist die Zeit zu kurz. Als das Verbot von Neonics bei den bienenattraktiven Kulturen in Kraft trat, war gebeiztes Saatgut schon ausgesät. Außerdem können die Bienen das Gift in vielen anderen Kulturen einsammeln, wo es nicht verboten wurde, etwa an Obstbäumen. Und Langzeiteffekte, etwa in Boden und Grundwasser, werden mit einem zweijährigen Moratorium überhaupt nicht erfasst. Ohnehin kommen die Studien der Agrarchemie-Konzerne zu anderen Ergebnissen als die von unabhängigen Wissenschaftlern.

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