Kreis Bad Duerkheim „Eindrücke, die bleiben“

„Wenn sie mich noch einmal losschicken, fahre ich“, hatte Hanns-Günther Knöll im Januar 2017 nach seinem ersten Einsatz als „Senior Experte“ in Zentralchina gesagt. Mittlerweile hat der Senior Experten Service den früheren Chefarzt der Chirurgie am Neustadter Marienhaus Klinikum Hetzelstift schon wieder zweimal in die Ferne geschickt – noch mal nach China, dann nach Turkmenistan.

Und die nächste Reise steht bereits an: Im März fliegt Knöll erneut in die Volksrepublik China, diesmal aber in den Süden an die Grenze zu Vietnam. „Ehrlich gesagt, hätte ich nicht gedacht, dass ich im Ruhestand so viel unterwegs bin“, sagt Knöll, „aber es macht ungeheuren Spaß und ich sammle spannende Erfahrungen.“ Ende des vergangenen Jahres kehrte er von seinem dritten Einsatz zurück, berichtete von seinen Erlebnissen in Baiyin, der drittgrößten Stadt der zentralchinesischen Provinz Gansu: Im Gegensatz zu seinem ersten China-Aufenthalt, bei dem er an einer Universitätsklinik in der Provinz Qinghai tätig war, führte ihn der dreiwöchige Aufenthalt dieses Mal an ein normales Krankenhaus, wo ihn ein überaus herzlicher Empfang mit Bannern erwarten sollte. „Ich war schon etwas geschmeichelt, als mir mein Name von den Wänden entgegen prangte.“ Auf fachlicher Ebene berichtet der Neustadter von einer „gut aufgestellten Klinik“, der man anmerke, dass immer wieder Kollegen aus dem Ausland dort tätig waren: „Der SES hat regelmäßig deutsche Ärzte hingeschickt. Das merkt man den Hygienestandards an“, findet Knöll. Geschlossene Kittel und das Tragen von Handschuhen seien selbstverständlich für professionelle Operationen. „Das Instrumentarium ist zwar nach unseren Maßstäben etwas veraltet, aber absolut in Ordnung“, meint Knöll, dem wegen seiner Körpergröße eigens ein extragroßer Kittel genäht wurde. Die Station, auf der er während seines Aufenthalts tätig war, sei freilich für deutsche Verhältnisse „schon etwas gewöhnungsbedürftig“, berichtet der pensionierte Chirurg. Die Schwestern kümmerten sich lediglich um die Pflege der Patienten, für deren Versorgung mit Essen und Getränken seien Verwandte oder Freunde zuständig. In den Krankenzimmern gebe es so gut wie keine Privatsphäre und keine Waschgelegenheiten. Trotzdem berichtet er letztlich von einem weitgehend funktionierenden Sozialsystem, in dem Bedürftige über einen staatlichen Fonds behandelt werden. Die Ärzte vor Ort seien durchaus zugänglich für seine Tipps und Anregungen gewesen und hätten sich rührend darum gekümmert, dass er in seiner Freizeit viele Eindrücke aus China mitnehmen kann: „Das Land schreitet mit Siebenmeilenstiefeln voran, überall wird gebaut und in die Infrastruktur investiert“, sagt Knöll über die spannenden Kontraste von über 1600 Jahre alten Tempelanlagen und nagelneuen Bahnhöfen mit modernster Technik. Offene, gastfreundliche Menschen habe er auch auf seiner Reise nach Turkmenistan getroffen, doch habe er in der Universitätsklinik der Hauptstadt Aschgabat auch erschütternde Erlebnisse gehabt: Dort hospitierte er als erster deutscher Arzt – eigentlich mit dem Auftrag, moderne Techniken der Hüft- und Knieprothetik einzuführen. Doch stattdessen habe er drei Wochen lang die Sprechstunden in der Orthopädie begleitet und dabei „Krankheiten gesehen, die es bei uns nicht gibt“. „Wer kein Geld hat, wird nicht behandelt“, erzählt Knöll. Es gebe keine Vorsorgeuntersuchungen, und Fehlbildungen würden schlicht nicht therapiert, wenn das Geld fehle. Das führe eben auch dazu, dass Infektionen „schicksalhaft hingenommen“ werden. Turkmenistan sei ein abgeschottetes Land, berichtet Knöll. Obwohl dank großer Erdgasvorkommen materiell reich, sei es eines der weltweit zehn Länder mit dem geringsten Tourismus: „Nach der Zwischenlandung in Baku war der Flieger fast leer.“ Trotz der vielen Prachtbauten aus Marmor und der interessanten Architektur in der Hauptstadt habe er die Erfahrung gemacht, dass das Land medizinisch hinterherhinke: „Das Krankenhaus, in dem ich zu Gast war, war zwar erst fünf Jahre alt, aber technisch auf dem Stand der 1970er-Jahre“, sagt Knöll. Desinfektion finde praktisch nicht statt. Reiche Turkmenen ließen sich deshalb in Indien und im Iran behandeln. Über die Menschen, die er in Turkmenistan kennengelernt hat, will Knöll trotz aller kulturellen Unterschiede – Männer und Frauen tanzen zum Beispiel streng strikt getrennt, Schüler und Studenten tragen Uniformen – nichts Negatives sagen: „Ich bin überall auf freundliche, offene Leute getroffen, habe sehr beeindruckende kulturelle Veranstaltungen besucht.“

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