Kreis Bad Duerkheim Ehemalige Pfleger unter Mordverdacht

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Zwei ehemalige Altenpfleger des Seniorenhauses Lambrechter Tal sitzen wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft. Sie sollen gegen Ende des Jahres 2015 eine 85-jährige Bewohnerin des Heims umgebracht haben. Diese Erkenntnis ergab sich aus den Ermittlungen, die Polizei und Staatsanwaltschaft im September wegen Misshandlung von Heimbewohnern aufgenommen hatten.

Es ist die Nacht vom 29. auf den 30. Dezember 2015, als ein 23-jähriger Altenpfleger aus dem Kreis Südliche Weinstraße eine Spritze mit Insulin aufzieht. Seine 26-jährige Kollegin aus dem Kreis Bad Dürkheim weiß, was er vorhat. Während die meisten Bewohner des Seniorenheims Lambrechter Tal schlafen, betritt der Altenpfleger das Zimmer der 85-Jährigen. Er injiziert der Frau das Hormon, das Diabetiker verwenden, um den Blutzuckerspiegel zu senken. Immer wieder spritzt er der Seniorin das Mittel. Eine Überdosis Insulin führt im Körper zu einem Schock, der beispielsweise zu Herzversagen führen kann. Doch die Frau stirbt nicht. Als der Pfleger das merkt, greift er zu einem Kissen und drückt es der Seniorin so lange ins Gesicht, bis sie aufhört zu atmen. So soll sich die Mordnacht abgespielt haben. Die Nachricht über die Tat kommt gestern von der Staatsanwaltschaft Frankenthal und dem Polizeipräsidium Rheinpfalz in Ludwigshafen. Welches Motiv sich hinter dem Mord verbirgt, will Hubert Ströber, der Leitende Oberstaatsanwalt, nicht kommentieren. Die beiden Tatverdächtigen wurden am vergangenen Donnerstag festgenommen. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft hat der Haftrichter am Amtsgericht Frankenthal Haftbefehle wegen Mordes erlassen. „Einen solchen Fall habe ich während meiner Karriere noch nicht betreut“, sagt Ströber spürbar betroffen. Der Fall sei schon außergewöhnlich. Den beiden Tatverdächtigen, die auch psychiatrisch begutachtet werden, droht bei einer Verurteilung eine lebenslange Haftstrafe. Der Vorwurf lautet auf gemeinschaftlichen Mord. Die Tat sei heimtückisch und habe niedrige Beweggründe, sagt Ströber. Die Staatsanwaltschaft wird nun auch ermitteln, ob in der Zeit, in der die beiden Tatverdächtigen in dem Heim gearbeitet haben, weitere Bewohner umgebracht wurden. „Wir müssen uns jetzt um die Toten kümmern, das wird ein schwieriges und langes Ermittlungsverfahren werden“, sagt Ströber im Gespräch mit der RHEINPFALZ. Markus Broeckmann, Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Pfalz, des Seniorenhaus-Trägers, hatte gestern keine näheren Informationen, die über die Mitteilung der Staatsanwaltschaft hinausgehen, und wollte deswegen auch keine Stellungnahme zu dem Fall abgeben. Die beiden unter Mordverdacht stehenden Pfleger und ein Kollege von ihnen sind im September sofort entlassen worden, nachdem Polizei und Staatsanwaltschaft zunächst wegen des Verdachts der Misshandlung von Heimbewohnern gegen sie ermittelt hatten. Seitdem sei im Seniorenhaus nichts Negatives vorgefallen. Auch die eingeschalteten Prüfbehörden, hätten nichts gefunden, was in der Arbeit des Seniorenhauses geändert werden müsste, sagte der AWO-Geschäftsführer gestern. Nach einem Hinweis an die Heimleitung und die AWO Pfalz hatten diese im September sofort die Polizei und die Heimaufsicht benachrichtigt. In einem Fall, so die Staatsanwaltschaft damals, gab es ein „objektives Beweismittel“. In diesem Fall hatte die 26-jährige Tatverdächtige einer hochgradig demenzkranken Frau mehrfach ins Gesicht geschlagen und sie mit verschiedenen Gegenständen beworfen. In Haft kam im September allerdings keiner der drei Verdächtigen. Die Staatsanwaltschaft hatte keinen Antrag auf Haftbefehl gestellt, weil es weder Flucht- noch Verdunkelungsgefahr gebe. Der Leitende Oberstaatsanwalt hatte keine Auskunft zur Zahl der misshandelten Bewohner gegeben. Nach Informationen der RHEINPFALZ hatte es sich um sechs demenzkranke Menschen gehandelt, die sich wegen ihrer Erkrankungen oft nicht an die Misshandlungen erinnern. Die Angehörigen der betroffenen Senioren wurden von der AWO damals persönlich informiert, der Träger hatte sich bei ihnen entschuldigt. Und Geschäftsführer Broeckmann hatte angekündigt, die AWO wolle dazu beitragen, die Vorfälle lückenlos aufzuklären. Hans-Werner Rey, Beigeordneter und Sozialdezernent der Verbandsgemeinde Lambrecht, war von der Wende bei den Ermittlungen gestern überrascht. Von der Arbeit im Seniorenhaus weiß er auch als Angehöriger einer Bewohnerin sonst nur Positives zu berichten. Träger und Heimleitung hätten sich nach den bekannt gewordenen Vorfällen im September auch richtig verhalten, in dem sie die unter Verdacht Stehenden gleich entlassen und die Angehörigen informiert hätten. Rey zeigte sich besorgt über die Negativschlagzeilen für Lambrecht. Das Seniorenhaus der AWO dort ist die einzige große Einrichtung dieser Art in der Verbandsgemeinde Lambrecht. Die Arbeiterwohlfahrt betreibt in der Kommune auch eine Sozialstation und arbeitet eng mit dem Pflegestützpunkt zusammen. Das Angebot der Sozialstation umfasst pflegerische Tätigkeiten, hauswirtschaftliche Dienstleistungen und Betreuungsangebote sowie „Essen auf Rädern“. Die Arbeit dieser Einrichtungen ist auch in den politischen Gremien der Stadt und der Verbandsgemeinde Lambrecht immer wieder als wichtig erachtet und positiv gewürdigt worden. Südwest |ansc/ff

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