Kreis Bad Duerkheim Das Schaf und die Menschen

Das Kamerunschaf von Bobenheim ist weder Herde noch Menschen gewohnt und deshalb sehr scheu.
Das Kamerunschaf von Bobenheim ist weder Herde noch Menschen gewohnt und deshalb sehr scheu.

Schäferin Elena Mottl war am Freitag noch sehr zuversichtlich, das Kamerunschaf, das sich seit langem allein auf den Äckern von Bobenheim herumtreibt, am Samstag einfangen zu können. Am Abend blies sie die Aktion ab und verabschiedete sich aus ihrem Engagement: „Im Hintergrund, vor allem im Internet, agieren zu viele Leute, die offenbar alles besser wissen“, sagte sie.

Die 53-Jährige, die im Heidewald zwischen Maxdorf und Lambsheim vor allem mit seltenen Waldschafen Landschaftspflege betreibt, war im November von einer Bobenheim-Roxheimerin gebeten worden, ihre Sachkenntnis einzubringen. Die Frau sorgte sich um das scheue, weibliche Jungschaf, das im Frühjahr als Lamm aus der Herde eines örtlichen Landwirts entwichen ist und sich seitdem auf den Äckern im Ortsteil Bobenheim aufhält. Mittlerweile kann man fast davon sprechen, dass das Tier verwildert ist. „Kein Wunder, es hat ja die Herdenführung gar nicht erlebt“, sagt Mottl. Zunächst hieß es, das Schaf treibe sich zwischen dem Wormser Flugplatz und der Bobenheimer Siedlung herum, also östlich der Landesstraße 523. Irgendwann muss es die Seite gewechselt haben, denn inzwischen ist es Mottl zufolge ausschließlich auf der westlichen Seite nördlich des Bobenheimer Friedhofs anzutreffen. Alle Versuche von Ordnungsamt, Feuerwehr, Tierrettung und Veterinäramt, das Schaf zu seiner Herde zurückzubringen, schlugen nach Angaben der Gemeindeverwaltung fehl, darunter auch ein Einsatz mit dem Betäubungsgewehr. Seit November wird behördlicherseits nichts mehr groß unternommen, auch weil das Tier keine Gefahr für die Öffentlichkeit darstelle. Nachdem die Maxdorfer Schäferin von der Bobenheim-Roxheimerin um Hilfe gebeten worden war, sprach sie sich mit dem Eigentümer, dem Ordnungsamt und dem Veterinäramt ab und wollte ihr Glück auf eigene Kosten probieren. „Wir kamen schon mal bis auf einen Meter heran, aber dann sind wir mit den Schuhen in der nassen Erde steckengeblieben“, erzählt sie. Danach habe ein Krankheitsfall in der Familie Vorrang gehabt. Der Pferch in der Nähe des Friedhofs war gestellt, Strohballen dienten als Sichtschutz, damit sich die Schäferin würde anschleichen und das Gehege im richtigen Moment schnell zumachen können. Besagte Bobenheim-Roxheimerin wollte die Lage gut beobachten und Mottl Bescheid geben, wenn Gina sich nähert. „Im Pferch wurde vor einiger Zeit eine Futterstelle angelegt“, berichtete Mottl. „Nicht zum Sattfressen, aber zumindest mit so viel Futter, dass das Schaf sich daran gewöhnt hat, sie täglich aufzusuchen, meistens morgens.“ Denn mittlerweile findet das dunkle Haarschaf auf den umliegenden Feldern nicht mehr so viel Gemüse. Wenn das Schaf in dem geschlossenen Gehege sei, brauche es nur noch einen Transporter, um sie nach Maxdorf zu bringen, so die Überlegung der beiden Frauen. Dort wäre das Tier langsam, Schritt für Schritt in die Herde integriert worden. Doch dann kam alles anders. Vertreter eines Tierschutzvereins im rheinhessischen Armsheim tauchten am Freitag an dem Pferch auf. Vorsitzende Edith Lied äußerte sich gegenüber der RHEINPFALZ skeptisch, dass die Bemühungen von Mottl erfolgreich sein würden. Noch mehr aber empörte sie sich darüber, dass die Gemeinde ihr Engagement, das Tier einzufangen, aufgegeben habe. Bei ihrer Annäherung an das Schaf sei es geflüchtet, später sei es ihr auf dem Wirtschaftsweg neben der nach Worms führenden Landesstraße praktisch vors Auto gelaufen. Aufgrund der Spurenlage ist sie überzeugt, dass das Tier die vielbefahrene L 523 schon mehrfach überquert hat. Das hätten Anwohner im Gespräch vor Ort bestätigt. Diese wollten das aber nicht der Gemeinde melden aus Sorge, das Schaf könnte dann erschossen werden. „Diese Untätigkeit der Behörden geht gar nicht“, so Lied. „Was ist, wenn ein Unfall passiert und Menschen zu Schaden kommen? Wer haftet dann?“ Bei der Frankenthaler Polizei habe sie Anzeige erstatten wollen, aber die habe der Beamte mit Verweis darauf, dass zuständige Behörden in dem Fall schon tätig gewesen seien, nicht aufnehmen wollen. Mottl wiederum ärgerte sich über die Einmischung fremder Tierschützer, die den Fall gar nicht beurteilen könnten und ihr die Fachkunde absprechen wollten. Mit dem Versuch der Tierhilfe Phönix Armsheim, sich dem Schaf zu nähern, sei möglicherweise die ganze Vorarbeit zum Einfangen zunichte gemacht worden. Bereits im November hatte die Gemeinde an die Bürger appelliert, das Schaf in Ruhe zu lassen. „Ich breche den Versuch ab, da wird mir zu viel Wirbel um ein Tier gemacht“, so Mottl. Schon lange werde in den sozialen Medien die Diskussion um das Schaf geschürt und aufgebauscht. „Und was glauben Sie, wer alles bei mir deswegen auf dem Handy anruft!“ Da bleibe sie doch lieber in Maxdorf bei ihrer Schafherde.

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