Kreis Bad Duerkheim Betrüger schlägt im Seniorenheim zu

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Schon 26 Mal ist der 77-jährige Mann in Strafverfahren verurteilt worden, er verbrachte schon einige Jahre seines Lebens im Gefängnis und vor Gerichten. Am Donnerstag verurteilte das Schöffengericht des Amtsgerichts Frankenthal den Mann zu zweieinhalb Jahren Haft. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Oberstaatsanwalt Holger Diehl hatte dem Senior in der Anklage vorgeworfen, dass er in einem Grünstadter Seniorenzentrum einer 70-jährigen Bewohnerin die EC-Karte und die PIN-Nummer geklaut haben soll, und mit der Karte zwischen März und August 2014 insgesamt 14 Mal an Geldautomaten der Hypo-Vereinsbank Grünstadt und der Postbank Bad Dürkheim Geld abgehoben habe. Am Ende der Verhandlung war das Gericht davon überzeugt, dass der Vorwurf stimme: 17.000 Euro habe sich der Frankenthaler so ergaunert. „Ja sicher“, antwortete der Angeklagte auf die Frage des Vorsitzenden Richters Thomas Henn, ob er das Geld abgehoben habe. Das habe er mit Einwilligung der 70-Jährigen getan, das Geld aber „bestimmt nicht für mich verbraucht“. Die Frau habe das Geld zum Teil selbst ausgegeben, und mit dem anderen Teil Schulden bezahlt. Dem widersprach die 70-Jährige, die Zeugin in der Verhandlung war. Bei dem Versuch, herauszufinden, was nun stimmt, bekam das Gericht einiges geboten: Zwei unterschiedliche Geschichten vom Leben in einem Seniorenheim, gegenseitige Beschuldigungen, einschließlich eines heftigen Wortwechsels, einen Schwächeanfall der 70-Jährigen, die mühsam an einem Stock in den Saal kam und einen selbstbewussten Angeklagten, der mit Rollator und Beinschiene den Gerichtssaal betrat. Der 77-Jährige und die 70-Jährige lernten sich in einem Grünstadter Seniorenheim kennen, in dem beide 2014 wohnten. „Sie war meine Verlobte“, sagte der 77-Jährige. Er habe das zwar gar nicht gewollt, aber sie habe ihn dazu gedrängt. Und da sie „unbestritten eine attraktive Frau war“ habe er das mit der Verlobung akzeptiert. „Ab 70 nimmt man, was man kriegt“, lautete dazu der Kommentar von Rechtsanwalt Bernd Vogt. Die 70-Jährige antwortete auf die Frage, ob sie mit dem Angeklagten verlobt gewesen sei: „Nein!“ Aber der Mann habe „in ganz Grünstadt verbreitet, dass ich seine angehende Frau bin, und zwar so geschickt, dass es sogar die Schwestern glaubten“. „Er suchte ständig meine Nähe“, erzählte die Seniorin. Die EC-Karte nebst PIN habe sie ihm gegeben, weil er ihr dabei helfen sollte, Geld vor Pfändungen in Sicherheit zu bringen. „Ich hab’ dere ihre Schulden bezahlt und dann hab’ ich noch eine Morddrohung gekriegt“, sagte der Angeklagte. Die 70-Jährige erzählte, dass der Angeklagte ihr im Seniorenheim mit einem Gehstock auf den Kopf geschlagen habe. Wegen dieser Körperverletzung wurde die Polizei geholt, und so habe man auch von den Betrügereien erfahren, berichtete ein Polizeibeamter. Nachdem sie gemerkt habe, dass auf ihrem Konto kein Geld mehr ist, habe sie festgesellt, dass ihre EC-Karte und der Zettel mit der PIN-Nummer, die sie an getrennten Stellen in ihrem Zimmer versteckt hatte, verschwunden waren, berichtete die 70-Jährige. Sie habe Nachforschungen angestellt, dabei habe eine Putzfrau ihr erzählt, der Angeklagte sei aus ihrem Zimmer gekommen und habe dieses abgeschlossen, so die Zeugin weiter. Den Zimmerschlüssel habe er wohl aus der Tasche an ihrem Rollator gestohlen. Sie habe den Angeklagten gefragt, ob er etwas von dem Verschwinden der EC-Karte und der PIN-Nummer wisse und er habe geantwortet: „Daran bin ich nicht unschuldig.“ Oberstaatsanwalt Diehl bezeichnete die Angaben des Angeklagten als eine „schlichtweg schlecht erfundene Geschichte“, auch sei es „schoflig“, Lügen über die Frau zu verbreiten. Er forderte drei Jahre Haft. Sein Mandant sei sicher „kein guter Junge“ und sei „betrugserfahren“, sagte Anwalt Vogt. Das sei aber kein Grund, der Zeugin zu glauben. Letztendlich wisse man nicht, was stimme, meinte Vogt und plädierte für Freispruch. Es gebe keinen Grund dafür, dass die Zeugin lügen sollte, fand der Vorsitzende Richter Henn. Dagegen sei an den Angaben des Angeklagten einiges völlig unglaubhaft. „Er hat es immer noch nicht gelernt“, kommentierte Henn die Tatsache, dass der 77-Jährige erneut Straftaten begangen hat. Er wurde in einem Zeitraum rückfällig, in dem er noch unter Bewährung stand.

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