Donnersbergkreis Zauberei darf nicht auf der Stelle treten

Martin Sierp, 1970 in Berlin geboren, hat viele Preise gewonnen bei Bundes- und Weltmeisterschaften in Zauberei und wirkt mit be
Martin Sierp, 1970 in Berlin geboren, hat viele Preise gewonnen bei Bundes- und Weltmeisterschaften in Zauberei und wirkt mit bei »Quatsch Comedy Club«, »NightWash« und »Schmidt Theater«.

«KIRCHHEIMBOLANDEN.» Wenn sich am Samstag, 3. November, um 20 Uhr der Vorhang für die 4. Kirchheimbolander Varieté-Nacht hebt, steht ein Mann im Mittelpunkt: Martin Sierp ist bundesweit bekannter Zauberer, Comedian sowie Moderator und wird die Zuschauer mit viel Humor und magischen Momenten durch den Abend begleiten. Im Interview mit RHEINPFALZ-Mitarbeiterin Anne Kirchberg verrät Martin Sierp unter anderem, warum ihm Interaktion mit dem Publikum wichtig ist und ob er Kirchheimbolanden kennt.

Wie sind Sie Zauberer geworden?

Ich bekam - wie wohl fast jedes Kind der 1970er Jahre - mit sieben Jahren einen Zauberkasten geschenkt, an dem ich aber sehr schnell das Interesse verlor. So richtig los ging es mit der Zauberei für mich am 6. Dezember 1979, als mir der Nikolaus meinen ersten echten Zaubertrick in den Stiefel steckte. Eine auf einer Schnur aufgefädelte Messingmutter durchdrang diese und alles konnte untersucht werden. Das ist übrigens auch noch aus heutiger Sicht ein ziemlich gutes Kunststück. Ich fragte meine Mutter sofort, wo der Nikolaus diesen Trick wohl her haben könnte? Sie sagte mir, dass er ihn sehr wahrscheinlich in Berlin beim „Zauberkönig“, einem Geschäft für Zauberartikel, besorgt hat und fuhr mit mir am selben Tag noch dorthin. Seit diesem Tag bin ich Zauberer und habe im Prinzip mein ganzes Taschengeld über Jahre in diesen Laden getragen. Am Anfang feierten Sie zu dritt mit Timothy Trust und Sascha Grammel als „DIE ZAUdERER“ große Erfolge, dann standen Sie alleine auf der Bühne – war das eine große Umstellung? Ja, absolut. Ich bin zwar vorher und währenddessen auch alleine aufgetreten, aber es war schon etwas anderes. Wir waren 15 Jahre lang ein Team, als Timothy Trust seinen Ausstieg ankündigte. Ich habe dann mit Sascha zu zweit noch drei Jahre weiter gemacht. In dieser Zeit hat er sich dann ebenfalls mehr auf seine eigenen Sachen konzentriert, und ich widmete mich auch verstärkt meinen Soloprojekten. Als ich schlussendlich nach 18 Jahren alleine war, gab es für mich einen großen Entwicklungssprung, womit ich in dieser Form nicht gerechnet hätte. Aber wir drei sind weiterhin eng befreundet und verstehen uns sowohl auf als auch abseits der Bühne ohne Worte. Weshalb hat sich die Zauberei in letzter Zeit so verändert? Einen Zauberer, der mit dem Zauberstab Kaninchen aus dem Zylinder holt, sieht man selten. Es wäre schlimm, wenn die Zauberei auf der Stelle treten würde! Stillstand ist ja bekanntlich Rückschritt. Zumindest die meisten Zauberer haben sich dem Zeitgeist ein wenig angepasst. Aber alles hat seine Berechtigung und Zielgruppe. Früher war es mein Traum, ein klassischer Zauberer zu werden, der mit Karten und Bällen auf der Bühne steht sowie spannende Manipulationen präsentiert. Mit 15 Jahren führte ich einmal solch eine Nummer vor – und die Leute haben gelacht, obwohl ich es gar nicht lustig meinte! Da dachte ich, es ist besser, aus der Not eine Tugend zu machen, und begann mit der Comedy-Zauberei. Heute passe ich irgendwie in keine Schublade: Die Zauberer sagen mir: „Du bist ja gar kein echter Zauberer mehr, sondern ein Comedian“ und die Comedians sagen mir: „Du bist ja gar kein echter Comedian, sondern ein Zauberer“. Ich bin da irgendwie dazwischen und das schafft mir ein ganz gutes Alleinstellungsmerkmal, worüber ich nicht unglücklich bin. Passen Zauberei und Comedy denn gut zusammen? Ja, ich sehe mich als Entertainer und will die Leute unterhalten. Zauberei ist für mich persönlich das leichteste Mittel dafür, weil ich sie schon so lange ausübe, und durch die Comedy wird sie dann noch unterhaltsamer. Außerdem haben beide Kunstformen viel gemeinsam: Beide haben etwas mit Überraschung zu tun. Erzählt man einen Witz und jeder kennt die Pointe, lacht niemand. Weiß jeder, wie ein Zaubertrick funktioniert, erhält man auch keine Reaktion. Das Wichtigste bei beiden ist die Überraschung. Daneben ist Zauberei von Haus aus ja eher eine arrogante Kunstform und läuft im Grunde darauf hinaus: „Ätschbätsch, ich weiß was, dass du nicht weißt!“ Comedy kann das ganz gut relativieren, wenn man sich nicht selbst nicht so ernst nimmt. Das passt auch sehr gut zu mir, weil ich eher ein Understatement-Zauberer bin. Ich möchte mich nicht erhöhen, damit das Publikum mir sagt, wie toll ich bin. Meine Shows sollen immer ein Miteinander mit den Zuschauern sein. Wissen Sie denn bei Vorführungen von Kollegen immer gleich, wie deren Tricks funktionieren? Na ja, dass ich immer alles weiß, wäre etwas anmaßend. Aber in 80 bis 90 Prozent der Fälle weiß ich vom Prinzip her schon, wie es geht. Interessant sind jedoch oft die Details, die man eben nicht gleich erkennt. Darum würde ich zum Beispiel bei David Copperfield sehr gerne mal hinter die Bühne gehen und mir alles en Detail erklären lassen. Auf der anderen Seite ist es auch für mich noch ein toller Moment des Staunens, wenn ich von Kollegen getäuscht werde. Ist Ihnen die Interaktion mit dem Publikum eigentlich wichtig? Ja, sehr! Ich bin niemand, der Texte auswendig lernt und sein Publikum nur berieseln will, denn nur im Zusammenspiel mit den Menschen kann man geniale Momente erleben. Dadurch bleiben meine Programme auch für mich frisch. Aber ich lege auf eine Sache großen Wert: Es gibt viele, die sich nicht in die erste Reihe setzen, um ja nicht auf die Bühne geholt zu werden. Die Menschen haben Angst, vorgeführt oder ausgelacht zu werden. Ich möchte, dass immer miteinander gelacht wird, wir gemeinsam einen tollen Abend erleben und sich Zuschauer bei mir im Publikum als auf der Bühne wohlfühlen. Dafür ist es wichtig zu merken, wie weit man bei der Person, die man vor sich stehen hat, gehen kann. Es geht bei der Show ja nicht um mich, sondern um das Publikum! Sie sollen Spaß haben und mit gutem Gefühl nach Hause gehen. Waren Sie schon einmal in Kirchheimbolanden? Ich komme dank meines Berufes sehr viel herum, aber dort war ich tatsächlich noch nie, nein! Durch meine Reisen habe ich Deutschland sehr schätzen und lieben gelernt. Es gibt wahnsinnig schöne Ecken, an die man sonst nie kommen würde – und vielleicht geht es mir beim Besuch in Kirchheimbolanden ja genauso! Worauf dürfen sich die Zuschauer in Kirchheimbolanden freuen? Auf einen äußerst unterhaltsamen Abend! Ich werde für meinen Teil das bieten, was ich am besten kann: Eine Mischung aus Comedy, Zauberei sowie Improvisation und den anderen Künstler hoffentlich einen wunderbaren Teppich bereiten, damit sie ebenfalls einen schönen Auftritt haben. Finden Sie die Idee denn gut, das Varieté zu den Menschen nach Kirchheimbolanden zu bringen? Auf jeden Fall! Es ist so toll zu sehen, wie viele Kulturinitiativen es in kleinen Städten und Orten gibt und wie begeistert die Menschen dort sind. Ich glaube, die Einwohner freuen sich zu sehen, was in ihrer Stadt alles möglich ist. Und wer weiß, vielleicht kann solch eine Vorführung sogar Interesse bei neuen Talenten wecken. Ich bin mir sicher, dass mein Interesse für diese Kunstformen auch entstand, weil meine Eltern oft mit mir in den Zirkus gegangen sind. Außerdem haben ja nicht alle die Möglichkeit, in die nächstgrößere Stadt zu fahren und sich dort ein Varieté anzuschauen. Dort muss man oft hohe Eintrittspreise bezahlen, wohingegen man die Show in Kirchheimbolanden für einen adäquaten Preis besuchen kann. Kurz- Info Magie in der Orangerie – die 4. Kirchheimbolander Varieté-Nacht, Samstag, 3. November, 20 Uhr, Stadthalle an der Orangerie, mit Martin Sierp, Jennifer Martinez (Vertikaltuch), Maxim Maurice (Großillusionen und Quick-Change), Cyber-Lights (LED-Jonglage), Dirk Scheffel (Musik-Comedy & Xylophon-Artist), Animatix Lux (Schwarzlicht)

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