Donnersbergkreis Von Qualen und Quallen

Dass er nach einer Verletzungspause starten konnte, war für Daniel Mannweiler „ein Wunder“.
Dass er nach einer Verletzungspause starten konnte, war für Daniel Mannweiler »ein Wunder«.

«Odense/Svendborg.» Eine Pause – die will Daniel Mannweiler seinem Körper und Geist nun erst einmal geben. Verständlich, nach diesen Strapazen. Der 38-jährige Kalkofener wurde am Dienstag im dänischen Svendborg erstmals in seiner Karriere Weltmeister im Cross-Triathlon – nachdem er erst zwei Tage zuvor Vizeweltmeister auf der Duathlon-Sprintdistanz geworden war. Der Weg zum Titel war kräftezehrend – und schmerzhaft.

Dienstag, das Wasser ist kühl im Ostseehafen Svendborg: Mit dem Startsignal stürzen sich die Athleten ins Wasser, um die erste Triathlon-Disziplin – einen Kilometer schwimmen – schnell hinter sich zu bringen. Sie sind nicht die einzigen im kühlen Nass. „Ich habe in meinem Leben insgesamt noch nicht so viele Quallen gesehen“, sagt Daniel Mannweiler später. „Uns wurde gesagt: ’Die meisten machen nichts.’ Mein Gesicht brennt immer noch von den Tentakeln. Das war etwas zu heftig.“ Und ein Grund, weshalb der Kalkofener möglichst schnell aus dem Wasser will. Der Quallen-Antrieb wirkt: Als Zweiter geht es weiter auf die 29 Kilometer lange, recht flache Mountainbikestrecke. Mehrere technische Trails mit Hindernissen und Sprüngen gilt es zu überwinden, der Abstand zu den Verfolgern ist nicht groß. Mountainbike fahren hat Mannweiler lange trainiert: in Südafrika. Mehrere Monate im Jahr verbringt der 38-Jährige mit seiner Familie dort, die restliche Zeit lebt er in Kalkofen. Das Training zahlt sich offenbar aus: Mannweiler führt bald das Feld an. „Normalerweise arbeite ich mich beim Laufen nach vorne, aber dass jetzt die Betreuer mit Stoppuhren am Rand standen und den Rückstand auf mich an ihre Athleten weitergaben, war bei einer WM neu für mich“, so Mannweiler, der mit einem Briten vorneweg fährt. Die ruppige Strecke macht es den Athleten nicht leicht: Einige stürzen, bei anderen streikt das Rad. So auch bei Mannweilers britischem Mitstreiter. Als Mannweiler den Zehn-Kilometer-Cross-Lauf antritt, sind seine „Körner“ verbraucht. Die Strecke führt durch ein Naherholungsgebiet, steile Pfade rauf und runter, über Treppen und Sandstrand. Der Vorsprung schmilzt, das dänische Publikum feuert einen Landsmann auf Platz zwei an, der dem Kalkofener immer näher kommt. „Ich wusste erst ganz am Ende, dass es reicht. Auf dem letzten Kilometer gibt es eine längere Gerade, wo ich den Abstand sehen konnte und die Spannung sich in Freude verwandelte.“ Nach 2:27:16 Stunden steht fest: Es ist der erste WM-Titel für Mannweiler. Dass er starten konnte – eine Verletzung hatte ihn zuvor länger außer Gefecht gesetzt – ist für den gläubigen Christen „ein Wunder“. Und der Verdienst zahlreicher Helfer, wie er dankbar betont. Erst am Tag vor dem Rennen sei ihm bei seiner Rad-Kontrolle der Kopf einer Spezialschraube abgerissen. „Es war klar, da gibt es nichts zu reparieren, und es bedarf eines Wunders, um das Rad noch rechtzeitig in die Wechselzone einzuchecken.“ In diesem Moment seien zwei Mountainbiker aus dem Ort vorbeigekommen, die ihn von einem Fahrradladen zum nächsten brachten, bis er die Schraube bekam. Zum Zeitpunkt des WM-Titelgewinns hat Mannweiler bereits ein anderes großes Rennen in den Knochen: Erst zwei Tage zuvor war er bei der Duathlon-WM über die Sprintdistanz zu Platz zwei gelaufen. „Ich habe mich lange auf beides vorbereitet. Aber es war ein Spagat: Normalerweise würde man vor einem Duathlon nicht Schwimmen trainieren, auch Rennrad und Mountainbike fahren ist sehr verschieden.“ Der Spagat gelang. Vielleicht auch, weil Mannweiler beim Duathlon dem Rat seines Trainers Dirk Schmidt folgte: „Ich sollte den ersten Kilometer langsam starten und ab dem zweiten Kilometer beschleunigen. Es fühlte sich im Rennen falsch an, von der Startline nicht alles zu geben und die Schnellen weglaufen zu lassen. Ich war noch nie so weit hinten“, sagt Mannweiler. Das aber änderte sich. Viele Athleten vor ihm hatten sich schlicht übernommen. Mannweiler lief die 5,5 Kilometer in 17:40 Minuten und fuhr mit einer großen Gruppe auf der 20-Kilometer-Radstrecke. Stück für Stück sammelten sie fast alle Fahrer vor ihnen ein. Mit der schnellsten Radzeit (30:05 Minuten) verschaffte er sich eine gute Ausgangsposition für die letzten 2,5 Kilometer zu Fuß. 1,5 Kilometer vor dem Ziel lag Mannweiler noch an Platz sechs. „Ich habe schon ans Aufgeben gedacht, damit die Schmerzen aufhören. Alle Muskeln brannten, und es sah nicht aus, als wäre noch überhaupt etwas möglich.“ Er habe im Rennen gebetet – und Kraft geschenkt bekommen. So viel, dass es am Ende zu Platz zwei reichte. „Ich wusste, dass ich gut in Form bin, und dachte, dass der Duathlon ganz gut wird. Aber ich wusste ja gar nicht, ob mein Körper den Triathlon noch mitmacht“, ist Mannweiler noch immer glücklich über sein Ergebnis. Und nun? Eigentlich habe er für Ende Juli noch die Teilnahme an einer Deutschen Meisterschaft geplant. „Aber im Moment ist der Kopf dafür noch gar nicht frei“, sagt er. Erst einmal sei ausspannen angesagt. Im Schwimmbad – ganz ohne Quallen.

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