Donnersbergkreis Träume werden nicht überwacht

Hat die Patienten im Blick: Anna Kremer überwacht im sogenannten Schlaflabor am Bildschirm unter anderem die Atmung der Schläfer
Hat die Patienten im Blick: Anna Kremer überwacht im sogenannten Schlaflabor am Bildschirm unter anderem die Atmung der Schläfer.

Mittwochmorgen, 4 Uhr. Wenn alles schläft und eine (den Schlaf über-) wacht, dann befindet man sich im Haus 15 des Westpfalz-Klinikums. Dort ist das Schlafmedizinische Zentrum der Hals-, Nasen-, Ohrenklinik untergebracht, besser bekannt als Schlaflabor. Dort geht’s – naturgemäß – besonders ruhig zu.

„Bitte leise sein.“ Anna Kremer flüstert, kein Wunder, will sie ihre Patienten keinesfalls aufwecken. Denn die sind genau aus dem Grund da: zum Schlafen. Und das tun alle vier um 4 Uhr früh auch brav. Kremer ist die Herrin des Schlafs, wacht über ihre Patienten. Das tut sie an vier Monitoren, auf denen mittels vieler Kurven alle möglichen Parameter der Schlafenden gemessen werden: Blutdruck, Herzschlag, Augenbewegung und vor allem: die Atmung. Die ist es nämlich, die die Schlafspezialisten vor allem interessiert. Stimmt etwas mit der Atmung nicht, kann das auf den Schlaf und damit auf die Erholung tiefschürfende Auswirkungen haben. Ein Patient etwa hat mehr als 60 Atemaussetzer pro Stunde. Solche Menschen kämen gar nicht mehr in die für die Erholung so wichtige Tiefschlafphase, erklärt Kremer. Im Moment träumt der Patient. Das kann sie an charakteristischen Kurvenverläufen ablesen, die die Augenbewegungen messen. Und was träumt er? Kremer lacht. „Das kann ich nicht sagen.“ So weit geht die Überwachung dann doch nicht. Viele Patienten im Schlaflabor sind zur Kontrolle da. Sprich: Ihnen wurde schon geholfen, das regelmäßige Schlafen unter Expertenaufsicht dient zum Feintuning und zur Kontrolle. Vielen Patienten hilft eine auf den ersten Blick leicht futuristisch anmutende Schlafmaske. Mit der wird – grob gesprochen – permanent leichter Druck auf die Atemwege gegeben, was Wunder wirken kann. Und das im wahrsten Sinne. Kremer, die seit 2007 im Schlaflabor arbeitet, berichtet von Patienten, die nach dem Schlaflabor-Besuch mit anschließender Maskenverordnung wieder erholsamen Schlaf finden. „Einer hat uns mal ein Dankeskärtchen geschrieben. Er sei ein anderer Mensch geworden“, erzählt Kremer, während sie immer wieder ihre Augen über die Monitore schweifen lässt, parallel auch Notizen macht. Etwa, als die Patientin in einem der sechs Schlafräume erwacht und den Alarm drückt. Nichts Schlimmes, die Frau möchte zur Toilette. Allerdings ist das nicht ganz so einfach, wenn man verkabelt ist. Kremer verschwindet kurz, klemmt die medizinische Überwachung ab. Das merkt auch der Computer, der mit einem roten Warndreieck auf dem Bildschirm mit der Aufschrift „Verbindung getrennt“ reagiert. Aber nicht lange, wenige Minuten später ist das Geschäft erledigt und die Patientin eingestöpselt. Weiterschlafen. Wer sich ins Schlaflabor einbucht, bleibt meistens zwei Nächte, berichtet Kremer. Wichtig sei, dass die Patienten auch tatsächlich schlafen, was angesichts einer ungewohnten Umgebung und Kabel am Leib nicht immer einfach sei. Daher dürfen die Patienten mitbringen, was ihnen beim Einschlafen helfen kann: Kuscheltiere (ja, auch bei Erwachsenen) oder Lieblingskissen sind erlaubt, Haustiere dagegen nicht. Beim Schlafen müsse eigentlich nichts beachtet werden, räumt Kremer mit Vorurteilen auf, man dürfe wie zuhause schlafen. „Nach der Bio-Eichung sage ich dann auch immer, dass man sich bewegen darf, wie man will.“ Bio-Eichung meint in dem Fall, dass sichergestellt wird, dass die Mess-Geräte tatsächlich arbeiten und aufzeichnen. Daten von etwa sieben Stunden werden von jedem Schläfer registriert, die dann der Tagdienst auswertet. Das kann pro Patient schon mal eine Stunde in Anspruch nehmen. Im Schlaflabor gibt es drei Schichten, eine in der Nacht sowie zwei am Tag. Der Nachtdienst beginnt zur Tatortzeit (20.15 Uhr) und endet um 6.30 Uhr. Tagsüber ist zwischen 6 und 16 Uhr, während der Kernzeit, immer jemand da, wobei das Team von insgesamt neun Leuten auch den Dienst in der HNO-Abteilung von Professor Norbert Stasche, dem Chef der HNO und damit auch des Schlaflabors, versieht. Die Schläfer werden abends gegen 20.30 Uhr erwartet, berichtet Kremer, zwei Stunden später soll dann jeder versuchen, zu schlafen, was den meisten auch gelinge. Fast 5 Uhr. In ein paar Minuten beginnt Kremer mit dem Wecken der Patienten. Und freut sich dabei meist schon drauf, rund zwei Stunden später selbst schlafen gehen zu können. Ganz ohne Überwachung.

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