Donnersbergkreis Suche nach Frieden vereint

Vor drei Jahren ist der „Engel der Kulturen“ als Bodenintarsie auf dem Rockenhausener Marktplatz verlegt worden. Mit dem morgige
Vor drei Jahren ist der »Engel der Kulturen« als Bodenintarsie auf dem Rockenhausener Marktplatz verlegt worden. Mit dem morgigen Aktionstag wollen die Veranstalter die Zusammenarbeit zwischen Gruppen verschiedener Kulturen und Religionen wiederaufleben lassen.

«Rockenhausen.» Ein friedvolles Zusammenleben von Religionen und Kulturen: So lautet das Ziel des Kunstprojekts „Engel der Kulturen“, das 2015 in Rockenhausen zu Gast war. Zum dritten Jahrestag der Verlegung des Friedenssymbols der Kunstaktion auf dem Marktplatz – einem Engel aus Metall – planen die Initiatoren von damals für morgen eine Neuauflage der Aktion. Im Gespräch mit Maurice Weber sprechen Tanja Rieger, katholische Gemeindereferentin, und Joachim Bäcker, zuständig für Erwachsenenbildung in der protestantischen Kirche an Alsenz und Lauter, über die Hintergründe, das Programm und die Ziele des Begegnungstags.

„Engel der Kulturen“ ist ein Kunstprojekt der Künstler Carmen Dietrich und Gregor Merten gegen jede Form von Ausgrenzung. Wie kam es zu dem Gastspiel des Projektes in Rockenhausen vor drei Jahren, und was führte nun zu der Entscheidung, das Projekt in eigener Initiative und ohne die Künstler wieder neu aufleben zu lassen? Tanja Rieger:

Im Jahr 2014 haben sich Vertreter verschiedener Religionen und des Arbeitskreises gegen Rechts zusammengesetzt, um auf Initiative von Ruprecht Beuter (damals Evangelische Arbeitsstelle Nordpfalz) das Projekt „Engel der Kulturen“ nach Rockenhausen zu bringen – dabei wurde auch eine Intarsie aus Metall auf dem Marktplatz verlegt, das Symbol des Projektes. Die beiden Künstler waren vor Ort, und Vertreter der drei Religionen hatten ein entsprechendes Programm dazu gestaltet. Dieses Ereignis jährt sich nun zum dritten Mal, was wir zum Anlass genommen haben, mit dieser damals gebildeten Arbeitsgemeinschaft ein neues Event auf die Beine zu stellen. Wie setzt sich diese Arbeitsgemeinschaft zusammen, und was soll mit der Aktion bezweckt werden? Joachim Bäcker: Der Arbeitskreis setzt sich zusammen aus Vertretern der jüdischen Kultusgemeinde in Kaiserslautern, dem türkisch-muslimischen Verein in Rockenhausen, Vertretern der evangelischen und katholischen Kirche und des Arbeitskreises gegen Rechts, der die Veranstaltung auch finanziell unterstützt. Nach dem Aktionstag vor drei Jahren kam schon bald die Idee auf, die Zusammenarbeit wieder aufleben zu lassen. So entstand die Idee, einen Begegnungstag zu veranstalten, bei dem in lockerer Form über die verschiedenen Kulturen informiert wird und man Fragen stellen kann, die man immer mal stellen wollte. Diese werden dann von Experten beantwortet. Die Veranstaltung beginnt um 11 Uhr und endet um 14 Uhr. Kann man auch zwischendurch spontan vorbeikommen? Welche Aktionen werden angeboten? Rieger: Wir haben ganz bewusst diese Uhrzeit gewählt, damit auch Menschen vielleicht in ihrer Mittagspause vorbeikommen können. Wir haben auch an Schulen dafür geworben, dass sie eine Art „Lerngang“ dahin machen können. Man kann in den drei Stunden zu jeder Zeit kommen und immer an einem Kreativtisch Platz nehmen, an dem man mit verschiedenen Farben Engel gestalten kann. Beim Essen und den Getränken wird es Speisen aus verschiedenen Kulturen geben, typisch deutsches Fingerfood, welches von Helfern der Gemeinde zubereitet wird, syrisches Fingerfood von den Helfern aus dem Begegnungscafé Komm und natürlich Speisen aus der jüdischen und muslimischen Kultur. Über dieses Fingerfood, das an die Menschen verteilt wird, kann man einfach ins Gespräch kommen: Was unterscheidet uns denn jetzt, oder was haben wir vielleicht auch gemeinsam? Es gibt auch ein Quiz, bei dem die Preise so gestaltet wurden, dass sie religionenfreundlich sind und auch den Speisevorschriften aller Religionen entsprechen. Ein weiteres Angebot, dass im Programm erwähnt wird, ist die „Engeltafel“. Verbirgt sich dahinter etwa ein gewaltiger Tisch, an dem alle zusammen speisen können? Bäcker: Nein (lacht). Die Engeltafel ist eine Kreidetafel, die wir aufstellen wie eine Schultafel. Auf ihr können die Besucher einen Satz vervollständigen, nämlich: „Ein Engel ist für mich …“. Denn ein Engel ist für viele Leute auch etwas sehr Greifbares, das kann ja auch ein anderer Mensch sein, der einem Gutes tut, oder eine Organisation, die Menschen hilft, wie zum Beispiel die Tafel in Rockenhausen. Auf eine andere Kreidetafel können die Menschen ihre Fragen schreiben; das, was sie schon immer einmal wissen wollten über diese großen Religionen. Im Stundentakt werden diese Fragen dann von den insgesamt vier Experten – Vertretern der vier Religionen – beantwortet. Wir hoffen, dass viele Passanten spontan Interesse zeigen, deshalb haben wir das Ganze auch zwischen 11 und 14 Uhr gelegt, da kommen hoffentlich einige Menschen vorbei. Für dieses Ereignis arbeiten Vertreter des Judentums, Islams und des Christentums Hand in Hand. Welcher Gedanke steckt hinter dieser Zusammenarbeit? Rieger: Da gibt es mehrere. Zum einen wollten wir einfach die Zusammenarbeit aufleben lassen, die 2015 zu dem ersten „Engel“ in Rockenhausen geführt hat und die uns alle bereichert und den Horizont für viele Dinge geöffnet hat. Zum anderen wollten wir es für die Stadt Rockenhausen und die Menschen machen, die sich dafür interessieren, und sagen: Wir leben in dieser Welt, in der Kulturen und Religionen aufeinander treffen – ob man will oder nicht. Es geht nur, wenn man gemeinsam am Tisch sitzt und miteinander spricht, oder das Andere auch einfach mal so stehen lässt, wie es ist. Man muss Menschen anderer Religionen das nicht aufdrängen, was man selbst für gut befindet und kann anderes auch für gut befinden, weil andere es für sich so für richtig halten. Somit ist der Engel auf dem Marktplatz auch ein Mahnmal und eine Herausforderung, das interkulturelle Zusammenleben zu meistern. Der langfristige Plan ist übrigens, die Aktion jedes Jahr zu wiederholen – immer am 27. September. Bäcker: Das Symbol zeigt ja, dass man sich gegenseitig respektiert. Das ist ja auch – mehr denn je – notwendig und auch wichtig für das Zusammenleben. Auch in so einer Stadt wie Rockenhausen treffen täglich viele Religionen aufeinander. Wenn es Vorurteile gibt, entstehen diese meistens aus Unwissenheit – so ein Tag kann und soll ein Beitrag dazu sein, das auch ein bisschen aufzulösen. Ist der Tag auch eine Chance für Menschen, die Ängste mit anderen Kulturen und Religionen verbinden, diesen zu begegnen und diese abzulegen? Rieger: Es geht vor allem darum, die verschiedenen Kulturen ins Gespräch miteinander zu bringen. Im Arbeitskreis hat das funktioniert – diese positiven Erfahrungen werden vom Arbeitskreis in die einzelnen Gemeinden weitergeben. Ich könnte mir schon vorstellen, dass der Begegnungstag da helfen kann. Ich denke, dass auch Besucher dieselben Erfahrungen machen können. Alles andere hängt davon ab, ob die Menschen die Veranstaltung besuchen und sich auch darauf einlassen. Ein Ziel der Veranstaltung ist der Wille oder auch die Sehnsucht nach Frieden. Wenn man alle Religionen richtig anschaut, wird man überall die Aufforderung finden: Suchet Frieden. Das verbindet uns auf jeden Fall. Bäcker: Eines ist klar: Es hat schon immer geholfen, wenn man sich miteinander bekannt gemacht hat.

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