Donnersbergkreis Musikalische Spurensuche

Das 50-köpfige Orchester machte den Wilden Westen für das Publikum hör- und spürbar.
Das 50-köpfige Orchester machte den Wilden Westen für das Publikum hör- und spürbar.

Der Musikvereins Bolanden machte sich unter Leitung von Daniel Schneider in diesem Jahr auf in die Vergangenheit, als junge Nachwuchskünstler nach Amerika auswanderten, um dort eine neue Heimat zu finden. Vor mehr als 300 Gästen, die trotz des ESC im Fernsehen in die Werner-von-Bolanden-Halle nach Bolanden gekommen waren, bot das 50-köpfige Orchester ein begeisterndes Erlebnis, das darüber hinaus eine höchst aktuelle Lehre enthielt. Ausgangspunkt des Abends war die Geschichte von Lilly Heimer und Hugo Spohn. Wie viele andere Pfälzer und insbesondere Musiker aus dem Musikantenland machten sich diese jungen Bolander vor fast 200 Jahren auf den Weg in die neue Welt. Sie hatten die Hoffnung, dort Arbeit und eine neue Heimat zu finden. Der schnittige „Washington Post March“, der den Abend eröffnete, erinnerte daran, wie große Schiffe begrüßt werden, wenn sie in den Heimathafen einlaufen. Und die bekannte Filmmusik von „1492: Conquest of Paradise“ vermittelte in epischer Bildersprache das Staunen vor dem Neuen, dem Unbekannten und der Weite des amerikanischen Kontinents. Die Entdeckerlust war bei „Oregon“ spürbar. Der Treck nach Westen, eine Fahrt mit dem Zug, ja sogar Postkutschenüberfälle und Indianerangriffe konnte man in diesem Stück heraushören. Beim folgenden Stück „North and South“, der Titelmusik aus „Vom Winde verweht“, ging es um den amerikanischen Bürgerkrieg. Dort verloren sich dann auch die Spuren der beiden Bolander Auswanderer. Doch damit war das Konzert nicht zu Ende. Im Gegenteil: Mit der vielfach ausgezeichneten Gastpianistin Hye Rim Ma aus Korea folgte der beeindruckende Höhepunkt des Abends, die „Rhapsody in Blue“ von George Gershwin. Dass das Orchester mit der Meisterpianistin auf Augenhöhe mithalten konnte, zeigt die außergewöhnliche Qualität, die sich in Bolanden entwickelt hat. Hye Rim Ma: „Auch ich habe vor einigen Jahren meine Heimat verlassen, weil ich hier in Deutschland bessere Möglichkeiten habe, meine Musik zu spielen und mich zu entwickeln. Ich kenne die Einsamkeit in der Fremde. Als ich von der Geschichte hörte, die dem heutigen Abend zugrunde liegt, war ich sofort und gerne bereit, bei diesem Projekt mitzuwirken. Außerdem ist es für mich eine neue Herausforderung, als Pianistin mit einem Blasorchester zusammenzuspielen.“ Gershwins Werk gilt als Meilenstein der Musikgeschichte, da in ihm Klassik, Jazz und Volksmusik zu einer neuen Einheit amerikanischer Musik verschmelzen. Anschließend zeigten die Bolander Musiker die ganze Bandbreite amerikanischer Musik auf. Vom Musical („West Side Story“) über Glen Millers Big Band Swing („In the Mood“), bis zur Popmusik mit Blood, Sweat & Tears, Beach Boys, Blues Brothers und Michael Jackson. Dabei glänzten nicht nur die Orchestermitglieder, sondern auch Thomas Wagner, Alexander Wildberger und Stefan Unfricht mit ihren Stimmen. „Die Weite des Landes in Amerika und die Vielfalt der Kultur beeindrucken mich ungemein. Das kam in der Musik heute toll zum Ausdruck“, meinte Andreas Marschall aus Kirchheimbolanden. „Und das Thema heute hat mich persönlich besonders angesprochen. In den 50er Jahren sind Nichten von mir mit GIs nach Amerika gegangen. Die besuchen wir regelmäßig und sie kommen immer wieder hierher zurück.“ „Seit 2004 bin ich ständiger Gast der Bolander Konzerte“, sagte Jamill Sabbagh. „Ich bin immer wieder aufs Neue erstaunt, was dieser kleine Ort auf die Beine stellt. Vor langer Zeit hat gerade auch diese Region Musiker nach Amerika exportiert. Heute kommt die Musik auf anderen Wegen wieder zurück.“ „Als wir dieses Konzertprogramm zusammenstellten“, ließ Dirigent Schneider die RHEINPFALZ wissen, „ging es uns darum zu zeigen, dass Migration auf lange Sicht ungemein bereichernd ist. Viele haben bei uns Angst vor dem Fremden. Dabei ist das eine Chance für die Zukunft. Wir wissen nur noch nicht, was sich daraus entwickeln wird.“ „Das war absolute Spitze, was der Bolander Musikverein heute gebracht hat“, zeigte sich Verbandsbürgermeister Axel Hass begeistert. „Ich werde im Sommer nach Amerika reisen. Und die Musik heute Abend hat mir darauf richtig Lust gemacht.“ Nach Ende des dreistündigen Konzerts und nach langem Applaus löste Werner Kanoffsky die kleine Geschichte auf: „Wir wissen nicht, ob es Lilly und Hugo einmal gegeben hat, aber heute gibt es ’Hugos’ und ’Lillys’ an unserer Bar als Cocktails.“

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