Donnersbergkreis Miteinander verwachsen

Zeigten unter der Leitung von Martin Reitzig eine runde Ensembleleistung auf hohem Niveau: die „Lufoniker“ aus Ludwigshafen und
Zeigten unter der Leitung von Martin Reitzig eine runde Ensembleleistung auf hohem Niveau: die »Lufoniker« aus Ludwigshafen und die Bezirkskantorei Kirchheimbolanden-Winnweiler sowie die Gesangssolisten.

«KIRCHHEIMBOLANDEN.»Denn gegen eines sind Alexander Borodin, der wenig bekannte Tscheche Jan Krtitel Kuchar und Felix Mendelssohn mit ihren Werken nicht angekommen: die infernalischen Hitze. Diese hat offenbar doch etliche Interessierte vom Besuch des Konzerts unter der Gesamtleitung von Martin Reitzig abgehalten. Leider. Eingangs spielten die „Lufoniker“ aus Ludwigshafen (hervorgegangen aus dem „Collegium Musicum“) die Sinfonie Nr. 1 Es-Dur von Alexander Borodin (1833 - 1887). Dem insbesondere mit Holz- und Blechbläsern opulent besetzten Orchester von Musikliebhabern gibt seit zwei Jahren Robert Weis-Banaszczyk neue, weiter weisende Impulse. Borodin, Musiker und Chemiker zugleich, widmete sich der Musikfolklore des Ostens, wobei er fast alle wesentlichen Arten östlicher Intonation bis weit in den Orient hinein miteinander verband. Er wollte die russische Musik erneuern, sich im Verein mit Gleichgesinnten wie unter anderem Mussorgski oder Rimski-Korssakoff von den „Westlern“ abgrenzen. Der erste Satz dieser 1867 beendeten Sinfonie kreist um ein immer wieder aufgenommenes Thema – die dynamische Bandbreite ist weit, das motivierte Ensemble steigert sich zu enormem Volumen und Vehemenz. Weis-Banaszczyk dirigiert souverän und temperamentvoll und gleichzeitig beherrscht. Seine Bewegungen sind klar und harmonisch. Im zweiten Satz – einem sehr schnellen Scherzo – ist eine liedhafte, schwerblütige Melodie deutlich russisch eingefärbt. Das „Andante“ des dritten Satzes setzt fahl und düster ein und erzählt in epischer Breite auf weichem Klangteppich, aus dem feine Lyrismen aufsteigen – das lässt an das Genre Filmmusik denken. Der Finalsatz trumpft machtvoll und urgewaltig auf – optimistisch, sehr rhythmisiert, lautstark. Bläser und Streicher sind eins und schier unerschütterlich in ihrem Ungestüm. Insgesamt eine beachtliche Leistung. Reizvoll setzt Reitzig die Fantasie g-Moll von Jan Krtitel Kuchar um Ein sehr reizvolles Intermezzo zwischen symphonischer und nachfolgender Chormusik setzte Reitzig an der Orgel mit der Fantasie g-Moll von Jan Krtitel Kuchar (1751-1829) um, Komponist und Organist in Prag. Zu Gehör kam ein schillerndes Kaleidoskop vielfarbiger Tönungen: Dem klangprächtigen Beginn folgte eine zarte, einschmeichelnde Episode. Dunkle Stimmung, dominant anschwellend, wich einer wunderhübschen und feinen Sequenz, filigran, transparent, spielfreudig und leichtfüßig – in hellen Silbertönen brillierte über düsterer Basslinie das ganz besondere Glockenspiel der Stumm-Orgel. Reitzig zog eine Palette von Registern bis zu den orchestral dröhnenden Schlussakkorden. Im Fokus des Konzerts stand der selten aufgeführte Psalm 95, op. 46 von Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847). Er verband der Vergessenheit anheim gegebene barocke Strukturen mit romantischer Gefühlstiefe und schuf damit wunderbare Kirchenmusiken – den 95. hielt er wohl für seine beste Psalmvertonung. Der Text stellt eine Herausforderung dar: Die erste Hälfte ist ein froher Aufruf, Gott anzubeten und zu preisen, die zweite kontrastiert dazu mit der eindringlichen Warnung vor der Missachtung des Wortes Gottes und damit der Erregung des göttlichen Zorns. Der Komponist gestaltete diese spannungsgeladenen Gegensätze in den Tonarten Es-Dur und g-Moll und änderte die Anordnung der Verse. „Kommt, lasst uns anbeten“: Der einleitende Chorsatz ist kein hochgestimmter Lobpreis – vielmehr beschwörend und warm ruft er zum Gebet auf. Die Partitur schlägt einen sehr emotionalen und packenden Bogen von Feierlichkeit, Demut, Freude und Frömmigkeit zu dem dunkel untermalten Gebot: „Heute, da ihr seine Stimme höret, so verstocket euer Herz nicht!“ Die so unterschiedlich gefärbten instrumentalen und menschlichen Stimmen in ständiger Wechselbeziehung zueinander sowie der Ideenreichtum dieser Musik fesseln und rühren an. Unter dem Taktstock Reitzigs entstand eine in sich runde Ensembleleistung von Chor, Orchester und Solisten auf hohem Niveau. Der Chor sang bemerkenswert homogen, dynamisch geschliffen und inspiriert, die LUfoniker konzertierten auf gleicher Wellenlänge mit den Sängern – beide Klangkörper blieben durchgängig miteinander verwachsen. Die Auswahl der Solisten erwies sich als überaus gelungen Ebenso gelungen war auch die Auswahl der Solisten: Martin Steffan beeindruckte zu Beginn mit seinem weittragenden und strahlenden Tenor, der in der weiteren Folge hochdramatisches Potenzial aufwies. Im jubelnden zweiten Satz, „Kommet herzu, lasst uns dem Herrn frohlocken“, glänzte der leuchtende und sonore Sopran Sigrun Haasers. Besonders schön, voller Gefühl und auf gleicher Ebene: das „Duetto“ der beiden Frauenstimmen, mit Doris Steffan- Wagner als „Soprano II“. Die wunderbare Klangsprache Mendelssohns, das Können und die Ausstrahlung der Musiker wirkten nach. Begeisterter langer, langer Applaus.

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