Donnersbergkreis Mit Ecken, Kanten und viel Leidenschaft

Mehr Zeit will Holger Weirich in Zukunft haben – für seinen rund 100.000 Liter fassenden Gartenteich ebenso wie für seine Famili
Mehr Zeit will Holger Weirich in Zukunft haben – für seinen rund 100.000 Liter fassenden Gartenteich ebenso wie für seine Familie.

«Obermoschel.» Nach 35 Jahren im Stadtrat, davon zehn als Beigeordneter und 15 als Bürgermeister, ist Schluss: Vor der Kommunalwahl hat sich Holger Weirich dazu entschlossen, kein viertes Mal für das Amt des Ortschefs zu kandidieren. „Klar ist ein bisschen Wehmut dabei“, sagt der 58-Jährige über seinen Abschied aus der Kommunalpolitik. Aber er hat einen sehr guten Grund.

Nicht dass Weirich die Ideen für seine Stadt ausgegangen wären. Im Gegenteil: Fragt man ihn nach den Projekten, die er noch gerne umgesetzt hätte, muss er nicht lange überlegen. „Ich hätte gerne die Burg weitersaniert“, sagt Weirich. Ein Hochzeitszimmer wollte er noch realisieren. Und natürlich die Stadthalle, für die die Pläne bereits „fix und fertig“ seien. In ihr, sagt der Ortschef, wäre alles enthalten: eine große Bühne, Garderobe, Umkleiden, ein Foyer für Empfänge – zudem wäre die Halle „barrierefrei nach allen Richtungen“. Von der Halle, ist sich Weirich sicher, würden mehrere Seiten profitieren. Aber: „Das hätte ein paar Millionen gekostet. Da habe ich mich am Ende nicht mehr getraut, eine Investition in dieser Größenordnung zu tätigen.“ Nicht zu vergessen seine Pläne zur Erweiterung des Freizeitgeländes. „Eventuell mit einer Wasserfläche, einem Spielplatz für Kleine und einem Kiosk. Vielleicht noch das ein oder andere Ferienhäuschen... Kennen Sie die Hobbits?“, fragt er. Die in einen Grashügel eingebauten Häuschen, ist er sich sicher, „wären ein Alleinstellungsmerkmal“. Genau wie die Sesselbahn vom Freizeitgelände hoch zur Burg. Letztere sei an den Kosten und rechtlichen Fragen gescheitert – die Bahn hätte durch den Schlosswald und damit ein FFH-Gebiet geführt. Immer wieder, weiß Weirich, sei er für seine ausgefallenen Ideen belächelt worden. „Ich habe dann immer gesagt: Das ist mein Ernst! Es muss etwas sein, das ein Alleinstellungsmerkmal ist.“ Ohne ein paar Visionen, ist er sich sicher, geht es eben nicht in einem solchen Amt. Die Leidenschaft, seine Stadt weiterzuentwickeln, ist Weirich noch immer anzumerken. Obwohl Kommunalpolitik immer mühsamer geworden sei. „Ich habe angefangen, weil es mir Spaß gemacht hat und ich etwas bewegen wollte“, erzählt er. Doch ohne ein dickes Fell gehe es nicht. „Lob oder Anerkennung ist äußerst selten.“ Viele Projekte realisiert Dabei hat sich einiges getan, seit Weirich vor 15 Jahren Bürgermeister wurde. „Ich bin sehr zufrieden“, sagt er, wenn er etwa über die Umstellung der städtischen Beleuchtung auf LED erzählt. Obermoschel sei Vorreiter gewesen, „und wir mussten keinen Anlieger belasten“, betont er stolz. Weitere Beispiele: das Freizeitgelände und der kurz vor Baubeginn stehende Bürgertreff in der Wilhelmstraße. Acht Jahre habe es gebraucht, um bis hier zu kommen. „Da braucht man einen langen Atem, aber es hat sich gelohnt“, findet Weirich. In seine Amtszeit fällt auch die Ansiedlung eines Windrads auf städtischem Gelände. „Ohne diese Einnahmen hätten wir theoretisch nicht am Entschuldungfonds teilnehmen können“, sagt Weirich – räumt aber zugleich ein: Die Lärmbelästigung sei „größer als wir angenommen haben“. Nicht zu vergessen das Programm zur Städtebauförderung, an dem die Stadt seit 2004 teilnimmt. „Dutzende Häuser sind da saniert worden.“ Ohne die Fördermittel hätten viele sich das nicht leisten können, ist sich Weirich sicher. Apropos Finanzen: „Früher konnten wir da noch mehr jonglieren“, erinnert er sich. „Heute ist unser Budget schon fast aufgebraucht, wenn wir die Rechnung für das Oberflächenwasser kriegen.“ Mit dem Abzug der Volksbank sei der Stadt eine große Einnahmequelle weggebrochen. Das Gebäude ist übrigens mittlerweile verkauft. Gerne hätte er es gesehen – Thema Leerstände –, wenn sich im Zuge der Fusion „wenigstens ein Bürgerbüro“ in Obermoschel angesiedelt hätte. „In meinen Augen ist es nachweisbar, dass es günstiger gewesen wäre, Teile der Verwaltung nach Obermoschel zu verlegen, statt in Alsenz zu sanieren.“ „Nie ein Parteisoldat gewesen“ Mit seiner Meinung hält Weirich nicht hinterm Berg. Auch so manchem Konflikt ist er in seiner Amtszeit nicht aus dem Weg gegangen. Etwa, als er sich einst eine Rüge einhandelte, weil er ein Bauvorhaben ohne Architekt durchgezogen habe. Heute muss er beim Gedanken daran lächeln. „Das hat uns einen fünfstelligen Betrag eingespart.“ Weirich ist ein Mensch mit Ecken und Kanten. „Die muss man schon haben. Man darf nur nicht ganz selbstherrlich sein“, findet er – und betont trotz SPD-Mitgliedschaft, „nie ein Parteisoldat“ gewesen zu sein. Nach der konstituierenden Sitzung ist für Weirich nun aber Schluss mit Kommunalpolitik. Mehr Zeit will er haben – für seinen großen Gartenteich, sein Motorrad und vor allem einen besonderen Menschen. Seine Frau sei schwer erkrankt. „Ich hoffe, dass wir nun ein bisschen mehr Freizeit zusammen verbringen können.“ Zur Serie In „Raus aus dem Rathaus“ stellen wir langjährige Bürgermeister vor, die mit der Kommunalwahl aus ihrem Amt ausgeschieden sind.

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