Donnersbergkreis Kirchheimbolanden: Haus der Familie unter neuer Leitung

Marje Beisiegel (links) im Gespräch mit ihrer Nachfolgerin Ilse Kraut im Haus der Familie.
Marje Beisiegel (links) im Gespräch mit ihrer Nachfolgerin Ilse Kraut im Haus der Familie.

Marje Beisiegel gibt Amt als Koordinatorin ab an Ilse Kraut und zieht Bilanz zu den Jahren unter ihrer Ägide

„Ich hänge an dem Haus“, sagt Marje Beisiegel mit einer Spur Wehmut, „ich habe das ja mitaufgebaut“. Familiäre Rücksichten waren aber nun für sie Anlass, das Staffelholz als Koordinatorin zu Jahresbeginn an Ilse Kraut weitergegeben – nach einem Jahrzehnt, in dem sie die Arbeit im Haus nachhaltig geprägt hat. Die neue Koordinatorin war schon mehrfach ehrenamtlich im Haus aktiv – und hat ihm einiges zu verdanken, wie sie erzählt. Ilse Kraut stammt aus Bennhausen. Nach Hahnweilerhof und Kirchheimbolanden hat sie heute ihren Lebensmittelpunkt in Göllheim, wo sie mit ihrer 17-jährigen Tochter lebt. Zwei Söhne sind bereits erwachsen, lässt sie im Gespräch wissen zu ihrer Person. „Als wir noch Mehrgenerationenhaus waren, hatten wir die Verpflichtung, Jobs zu schaffen und Möglichkeiten zu geben, sich bei uns für den ersten Arbeitsmarkt zu qualifizieren“, blickt Marje Beisiegel zurück. Ilse Kraut hatte zunächst ehrenamtlich mitgearbeitet und bekam dann eine solche Arbeitsgelegenheit im Haus. Das Zeugnis, das sie dann erhielt, habe ihr dann den Weg zu einer Stelle als Hauswirtschafterin in einer Kita geebnet, fügt Ilse Kraut an. Insgesamt hat es in drei Fällen geklappt, über das Mehrgenerationenhaus Menschen in feste Arbeitsverhältnisse zu bringen, bilanziert Beisiegel. Das Mehrgenerationenhaus ist aber inzwischen Geschichte. Aus der Einrichtung ist ein Haus der Familie geworden. „Eigentlich machen wir jetzt das, was wir ursprünglich wollten, nämlich auf rein ehrenamtlicher Ebene zu arbeiten“, so Beisiegel. Finanziell war das Mehrgenerationenhaus zwar besser ausgestattet, vier Jahre lang gab es jährlich 40.000 Euro von der EU. In der Praxis habe es sich aber, neben hohen Anforderungen, oft als Bürokratiemonster erwiesen. „Wir sind nie zu Potte gekommen“, erinnert sich Beisiegel an häufige Probleme etwa bei Abrechnungen. Dem Haus der Familie, in das sich die Einrichtung 2012 umgewandelt hat, flossen anfangs nur noch 5000 Euro an Landesmitteln zu. Inzwischen sei auch das ausgelaufen. Man stehe nun auf eigenen Füßen, und das heißt auch, man ist abhängig vor allem vom Engagement von Spendern. Die Angebote im Haus indes sind nahtlos in die neue Struktur übergegangen. Mehrgenerationenhäuser waren vor gut einem Dutzend Jahren bundesweit angestoßen worden als niedrigschwellige Beratungszentren, Info-Börsen, Treffpunkte, als Herz- und Nervenzentren generationenübergreifender Initiativen. In jedem Landkreis sollte es eines geben. In Kibo habe vor allem Klaus Züfle mit dem damaligen Dekan Thomas Vieweg das Projekt vorangetrieben, erinnert sich Beisiegel. 2007 sollte es mit dem „öffentlichen Wohnzimmer“ losgehen, doch die Verlagerung der Förderebene vom Bund auf die EU verzögerte den Start auf 2008. Beisiegel war die erste Koordinatorin des Hauses und sorgte dafür, dass sich das „öffentliche Wohnzimmer“, dass sich die Einrichtung mit Leben füllte. Schauplatz der Anfänge war noch das Bonhoefferhaus, da die Tell-Schützen aus der Liebfrauenkirche als ihrem langjährigen Domizil noch nicht ausgezogen waren. „Ich habe die Zeit genutzt, um mit Behörden, Gruppen, auch mit den Nachbarn Kontakt aufzunehmen“, so Beisiegel. Erste Einrichtungen boten bald Sprech- und Beratungsstunden an. Der Umzug in die von der Stadt zur Verfügung gestellte Liebfrauenkirche kam dann 2010. Hier können seither drei Räume genutzt werden. Viele gut nachgefragte Angebote brachten das Haus nun voran. Von der Hausaufgabenhilfe für türkische Kinder über Malkurse, Kinderbetreuung, Kochen für alleinstehende Männer bis zum Schach oder Hilfen beim Lohnsteuerjahresausgleich hat sich in den Jahren viel entwickelt. Manches hat sich bis heute gehalten, anderes hat sich selbstständig gemacht wie der Malkreis mit Traudel Franz, der sich heute in der Ritter-Schule trifft. Ein großer neuerer Schwerpunkt ist die Flüchtlingshilfe mit mehreren Terminen in der Woche. Viele Mitstreiter kann Beisiegel nennen, zu Beginn etwa Gisela Schlosser bei hauswirtschaftlichen Themen, Schreiner Rudolf Hansen mit seinen Bastelkursen und der praktischen Hilfe im Haus, Hanno Zipp, der seit Jahren PC-Kurse für Senioren anbietet, Melanie Kaspar mit Handarbeiten und Kochen oder Pia Butz, die die Hausaufgabenbetreuung leitet und wie Erich Morschhäuser, Silvia König und weitere Akteure eine Stütze der Flüchtlingsarbeit ist. Manche Sachen waren „besondere Renner“, sagt Beisiegel und nennt als Beispiel einen Kurs in Handygebrauch für Senioren. Zur Zeit gibt es unterm Dach des Hauses der Familie dreimal die Woche Hausaufgabenhilfe, zweimal Töpfern, je einmal PC-Hilfe für Senioren sowie Schach und je einmal alle 14 Tage das Gruppentreffen für Menschen mit Alltagsproblemen bei Heidi Toonstra-Schappert. Im Sommer ist der Verein „Frauen helfen Frauen“ einmal pro Woche präsent. Dazu kommt die Terminliste der Flüchtlingshilfe, die von Helfer- und Beiratstreffen über gesellige Treffen bis zum Gitarrenunterricht und der Fahrrad-Reparaturhilfe reicht. So hat sich das Haus unter Beisiegels Ägide etabliert und weiterentwickelt. Veränderungen im Hintergrund, etwa Wechsel bei der Förderung oder der Trägerschaft, die vom Diakonischen Werk Speyer aufs protestantische Dekanat überging, wurden im Betrieb des Hauses kaum spürbar. Anlaufstelle ist es in der Woche im Schnitt für 50 Nutzer. Die Finanzierung ist nicht einfach. 14.000 bis 15.000 Euro werden laut Beisiegel pro Jahr benötigt, Geld für Strom, Wasser, Müllabfuhr, Einrichtungsbedarf, Verbrauchsmaterial – insbesondere das Heizen sei teuer, da nur elektrische Heizlüfter eingesetzt werden können. Personalkosten fielen nur an für ihre Aufwandsentschädigung und das Putzen. Finanziert wird das Haus aus Spenden. Beisiegel verweist hier auch auf regelmäßige Unterstützer wie die Lini-Eff-Stifung, auch die Barbarossa-Bäckerei habe dem Haus unter die Arme gegriffen. Es existiere ein Förderverein – Mitgliederzuwachs steht hier auf der Wunschliste. Die Mitwirkung bei Veranstaltungen wie Residenzfest und Christkindlmarkt habe ebenfalls stets Einnahmen generiert. Das Haus kann zudem für Veranstaltungen gebucht werden. Ein aktuelles Defizit von 6000 bis 7000 Euro stehe gleichwohl im Raum, da werde zwischen Stadt und VG um Übernahme beraten. Unbefriedigend ist freilich der bauliche Zustand des Gebäudes, dessen Dach gerade erneuert wurde. Pläne zum Ausbau gab es, sie wurden aber noch nicht umgesetzt. Beklagt wird vor allem das Fehlen einer ordentlichen Heizung. Beisiegel vermisst aber noch etwas anderes: „Ich habe das Gefühl, dass es etwas an Wertschätzung für die Einrichtung selbst und das große ehrenamtliche Engagement fehlt.“ Sie selbst wird dem Haus noch erhalten bleiben in der Töpferei, die sie gerne weiterbetreuen möchte. Offiziell vollzogen wird der Leitungswechsel im Haus der Familie im Gottesdienst am 25. Februar.

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