Donnersbergkreis Harmonisch und kraftvoll

Gelungenes, fein abgestimmtes Miteinander: Oratorienchor, Kammerphilharmonie Europa und Solisten unter Stefan Wassers Leitung.
Gelungenes, fein abgestimmtes Miteinander: Oratorienchor, Kammerphilharmonie Europa und Solisten unter Stefan Wassers Leitung.

«KIRCHHEIMBOLANDEN.» Beeindruckend, in sich harmonisch und kraftvoll geriet die Aufführung der „Schöpfung“ von Joseph Haydn durch den Nordpfälzer Oratorienchor unter seinem Gründer und Leiter Stefan Wasser, unterstützt durch die grundsolide musizierende Kammerphilharmonie Europa aus Köln und die vorzüglich miteinander harmonierenden Solisten Nathalie de Montmollin, Thomas Jakobs und Thomas Herberich. Der Applaus in der gut – auch von ungewöhnlich vielen jungen Leuten – besuchten Kirchheimbolander Paulskirche war am Samstag groß.

Haydns Oratorium markiert zweifellos eine musikalische Zeitenwende. 1799 in Wien uraufgeführt, eroberte es rasch die musikalische Welt. Das Rokoko mit seinen tändelnden Arien war vorbei, hinweggefegt von der Französischen Revolution und ihrer auf monumentale Einfachheit setzende Musik. Auch Glucks Opernreform hat sich gewiss auf die Komposition ausgewirkt. Haydn hatte bei seinem triumphalen Gastspiel in London die lapidare Wucht und Knappheit der Händelschen Oratorienchöre kennengelernt und von dort auch das Libretto mitgebracht, das ihm der Wiener Barockmusikliebhaber Gottfried van Swieten ins Deutsche übersetzte. Im Bemühen, die darin geschilderten Naturphänomene anschaulich zu malen, hat Haydn in scharfer Harmonik und ungewöhnlicher Instrumentierung vieles erfunden, was das damalige Publikum frappierte, dem heutigen Hörer aber kaum auffällt, weil es von späteren Komponisten aufgenommen und weitergeführt wurde. Stefan Wasser weist im Programmheft auf diese Fernwirkungen bis hin zu Mendelssohn und Wagner hin, und er dirigiert das Werk auch ganz im Sinne der Sinfonik des 19. Jahrhunderts: In großen, weitgespannten wuchtigen Bögen, voller Freude am pathetischen Forte und Fortissimo, klangmächtig und breit. Da geht manches Detail unter, andererseits gewinnen die Chöre mitreißende Wucht, zumal der Nordpfälzer Oratorienchor groß besetzt ist und sicher singt. Haydns Musik gibt auch das her. Berühmt ist die Orchestereinleitung, das Chaos vor der Schöpfung schildernd, voller harmonischer Schärfen. Es ist hier ein sehr ruhiges, breit angelegtes Chaos, betont durch donnernde Paukenstellen, die schon auf die akustische Problematik des weiten Kirchensaals hinweisen, in dem alles hallend verschwimmt. Das Orchester spielt bestens intoniert, auch die zahlreichen Instrumental-Solostellen werden fast ausnahmslos sehr erfreulich bewältigt. Die Kammerphilharmonie ist ein Partner, auf den Stefan Wasser sich verlassen kann. Getragen-feierlich verkündet der Bass Thomas Herberich sehr gepflegt und klangschön: „Im Anfange schuf Gott Himmel und Erde“. Er ist bestens disponiert, singt ungemein sicher, gestaltet unauffällig, aber lebendig. Der Tenor Thomas Jakobs modelliert seine erste Arie beweglich und lebhaft und erfreut auch später immer wieder durch ausdrucksvoll strukturierten, sensiblen Vortrag bei klangschön gerundeter Stimmführung. Er hat aber auch unter der Akustik der Kirche zu leiden, in der alles sofort verhallt und keine Resonanz oder Reflektion dem Sänger hilft. Die Sopranistin Nathalie de Montmollin ist kurzfristig aus Berlin gekommen – als Ersatz für die an den Folgen eines Verkehrsunfalls laborierende Nina-Maria Fischer. Sie wirkt indes nicht im Geringsten wie ein Ersatz, singt leuchtend klar, elegant, kraftvoll und harmoniert in den Terzetten mit ihren Kollegen so hervorragend, als hätte man lange geprobt. Überhaupt gehören die Solisten-Ensemblestellen zu den erfreulichsten Momenten der Aufführung. Die Stimmen der drei greifen klanglich überaus angenehm ineinander. Namentlich die Passagen im dritten Teil, in denen Adam und Eva – Sopran und Bass – dem Schöpfer danken, erfreuen, weil sie so freudig, leuchtend und lebhaft-beschwingt gesungen werden. Viel Gutes ist vom Chor zu sagen. Er singt – trotz kurzer Probenzeit – sicher und klangmächtig. Die Chorfugen beeindrucken durch Klarheit der Stimmführung und monumentale Wucht. Schwungvoll jubelt „Die Himmel erzählen“. Besonders schön wirkt jener Chor am Ende, in dem Chorstellen ohne Orchester, in spannungsvollem Piano gesungen, mit dem ganzen Apparat kontrastieren. Und so ist der reiche Applaus zweifellos verdient.

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