Donnersbergkreis Frust in Marnheim: Einziger Supermarkt schließt

In zwei Wochen sollen sich die Türen hier zum letzten Mal öffnen: der „Treff 3000“ in Marnheim.
In zwei Wochen sollen sich die Türen hier zum letzten Mal öffnen: der »Treff 3000« in Marnheim.

Mittwochnachmittag, der Parkplatz des „Treff 3000“-Discounters: Eine Gruppe Marnheimer Bürger hat sich hier versammelt. Sie sind frustriert und verärgert – über eine Nachricht, die seit dieser Woche die Runde macht. In rund zwei Wochen, am 6. Juli, soll der einzige Supermarkt im Ort schließen.

Für die Marnheimer ist es eine Botschaft, die sie so offenbar nicht erwartet hatten. Das wird in den Gesprächen schnell klar. Zehn Bürger haben sich an diesem Nachmittag vor dem Eingang des örtlichen Supermarktes versammelt. Männer und Frauen, junge wie alte, auch der erste Beigeordnete Klaus Zelt sowie der künftige Bürgermeister Tim Mühlbach sind darunter. „Ich war geschockt“, sagt Annemarie Danner. Und Beigeordneter Zelt findet: „Das ist eine Schande!“ In rund zwei Wochen soll mit „Treff 3000“ der einzige Supermarkt im Ort schließen. Noch gibt es keine Plakate, die darauf hinweisen, die Nachricht ist offenbar zu frisch. Lediglich aus Gesprächen mit Beschäftigten hätten sie davon erfahren, erzählen die Männer und Frauen. Eine junge Frau mit Einkaufswagen hört die Diskussion, bleibt ungläubig stehen. „Wir gehen hier immer einkaufen. Das bisschen, was man noch im Ort hat, das geht nun auch noch verloren“, sagt sie.

Entschluss fällt 2018

Immer wieder öffnet und schließt sich die Supermarkttür, Kunden kommen und gehen. Sie stammen, erzählt Beigeordneter Zelt, nicht nur aus Marnheim, auch aus Albisheim, Bolanden, Dreisen. „Jeder fährt raus und hat den Wagen voll“, sagt Zelt und deutet auf ein Paar, das gerade mit prall gefülltem Einkaufswagen auf sein Auto zusteuert. Abgesehen von einer Frischfleischtheke habe der Markt fast alles angeboten. Die Discounter-Kette „Treff 3000“ gehört zu Edeka Südwest. Bereits 2018, teilt ein Pressesprecher aus der Zentrale in Offenburg auf RHEINPFALZ-Anfrage mit, habe Edeka Südwest „die strategische Entscheidung getroffen, sich auf die Kernkompetenz Vollsortiment zu konzentrieren und die Discounter-Marke beziehungsweise Vertriebsschiene Treff 3000 nicht weiterzuführen“. Etwa 80 Märkte – die Hälfte der „Treff 3000“-Filialen – seien im vergangenen Sommer an die Edeka-Tochter Netto abgegeben worden. „Rund 40 Märkte wurden beziehungsweise werden umgebaut und mit einem neuen Nahversorgerkonzept, teils betrieben von selbstständigen Kaufleuten des Verbunds, oder einem neuen Drogeriemarkt-Konzept wiedereröffnet“, heißt es in der Mitteilung. Für den Marnheimer Markt aber bestehe dieser Plan nicht. „Märkte, die sich zum Beispiel in Bezug auf die betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen für keine dieser Möglichkeiten eignen, darunter der Markt in Marnheim, werden ab Anfang Juli nicht weiterbetrieben.“ Letzter Verkaufstag, bestätigt der Sprecher, sei wohl der 6. Juli.

Nachricht überrascht selbst die Gemeinde

Die Nachricht der Schließung – die Gruppe Marnheimer Bürger hat sie überrascht. Selbst die Gemeinde, sagen Beigeordneter Zelt und der künftige Bürgermeister Tim Mühlbach, habe erst vor wenigen Tagen von den Schließungsplänen mitbekommen – wenn auch nie auf offiziellem Wege. Als er von einer beabsichtigten Schließung gehört habe, sagt Mühlbach, habe er am Montag versucht, jemanden in der Zentrale zu erreichen. Noch immer warte er auf einen Rückruf. Danner, Zelt, Mühlbach und ihre Mitstreiter machen sich Sorgen. Einen Bäcker oder Metzger gibt es nicht im Ort. Die dem Markt angeschlossene Bäckereikette K&U hat bereits am Mittwoch zum letzten Mal Backwaren geliefert. „Da oben ist das Neubaugebiet“, sagt etwa Klaus Decker und zeigt auf die gegenüberliegende Seite des Marktes. „Wie kann ich denn Interessenten für ein Neubaugebiet finden, wenn ich keinen Supermarkt mehr im Ort habe?“ Danner und Mühlbach machen sich derweil Gedanken um die älteren Mitbürger. „Der Markt ist auch ein wichtiger Ort zur Kommunikation“, sagt Danner. Seine 92-jährige Nachbarin, fügt Mühlbach an, gehe hier zweimal pro Woche einkaufen – der Markt sei eben so gut zu erreichen.

Beigeordneter: Keine Druckmittel

Auch um die Mitarbeiter sorgt sich die Gruppe: „Das ist eine Unverschämtheit. Ein Teil der Beschäftigten ist auch schon älter. Für die wird es schwierig, etwas Neues zu finden.“ Die Filialleitung verweist auf die Zentrale in Offenburg. Die teilt mit, die Mitarbeiter seien am Dienstag informiert worden. Edeka wolle ihnen helfen, Arbeit in anderen Märkten des Verbunds zu finden. „Sollte dies nicht möglich sein, sollen sozialverträgliche Lösungen gefunden werden.“ Über die genaue Anzahl der Beschäftigten im Marnheimer Markt machte das Unternehmen keine Angaben, es seien „durchschnittlich acht Mitarbeiter“ in einem Markt beschäftigt. Zu einer Nachnutzung des Markts will Edeka derzeit keine Auskunft geben. Beigeordneter Zelt betrachtet die Situation nüchtern: „Wir haben kein Druckmittel, um die zu bremsen. Wenn das hier weg ist, kommt nix mehr.“ Dennoch, sagen er und Mühlbach, wolle sich die Gemeinde um den Einkaufsmarkt bemühen. Auch Danner will noch nicht aufgeben: „Wer ist denn der Eigentümer des Gebäudes? Vielleicht kann man ja gemeinsam daran arbeiten, dass hier etwas nachkommt.“

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