Donnersbergkreis „Fake“ in Zeiten der Revolution

Mit viel Talent und Pathos überzeugten die Weierhof-Schüler bei dem anspruchsvollen Stück.
Mit viel Talent und Pathos überzeugten die Weierhof-Schüler bei dem anspruchsvollen Stück.

«Weierhof.»Die Aufführung der Theater-AG des Gymnasiums Weierhof hatte am vergangenen Montag Premiere in der Aula – am Tag darauf gab es die Wiederholung. Der Einakter „Der Grüne Kakadu“ von Arthur Schnitzler, eine Groteske über Schein und Wirklichkeit, stand auf dem Spielplan. Unter der Regie von Elisabeth Hecker-Bretschneider – Lehrerin für Deutsch, Englisch und Ethik – setzten die Schüler das Stück auf der Bühne bravourös in Szene.

Das Stück des Wiener Bühnenautoren Arthur Schnitzler spielt in dem fiktiven Pariser Kellerlokal „Der Grüne Kakadu“ – eher eine Spelunke – am Abend des 14. Juli 1789, also der Tag, an dem mit dem Sturm auf die Bastille die Französische Revolution losbricht. Im Lokal gönnen sich Adlige einen angenehmen Nervenkitzel, indem sie sich von einer Gruppe Schauspieler Verbrecher und Dirnen vorgaukeln lassen. Prospère, der Wirt, ist ein ehemaliger Theaterdirektor, der seine früheren Angestellten die Kriminellen spielen lässt, die voreinander mit ihren vermeintlichen Gewalttaten prahlen. Spiel und Realität vermischen sich, und es wird immer schwieriger zu unterscheiden, was real und was „fake“ ist. Beim Öffnen des Vorhangs fällt sofort das riesige Bild im Hintergrund ins Auge: Die Bastille, früher eine Stadttorburg und später als Gefängnis genutzt, beherrscht bedrohlich den gesamten Bühnenhintergrund. Im vorderen Bereich befindet sich das Inventar des Kellerlokals, eine Theke, Tische und Stühle. Prospère (sehr eindrucksvoll Maxim Nepper) bekommt Besuch von dem Philosophen Grasset (Paraderolle für Giorgio-Jozef Varipapa), der seinem Begleiter Lebrêt (Hannah Burkhard), einem Schneider, von den üblichen Vorgängen in dem Lokal erzählt. Außerdem ist er überzeugt davon, dass das in Aufruhr befindliche Volk in Kürze die verhasste Aristokratie stürzen wird. Weitere Personen treten auf: zunächst ein Kommissär (Lorena Clever), der eine eventuell „regierungsfeindliche Orgie“ überwachen will, aber von Prospère mit den Worten „Alles nur Komödie“ beruhigt wird. Danach ein echter Verbrecher, der „schreiende Bimsstein“, der seine Tante ermordet hat und vom Wirt in seine Gruppe aufgenommen wird. Diese wird ergänzt durch zwei weitere Protagonisten: Scaevola (Yannik Köhler) und Jules (Lea Pecher). Schließlich erscheint mit Henri (Eliah Funk) der laut Prospère beste Schauspieler. Er hat vor kurzem Léocadie, die bekannteste Hure von Paris, geheiratet und will mit ihr die Vergangenheit hinter sich lassen, indem er sich heute Abend nach seinem letzten Auftritt mit ihr „aufs Land“ zurückziehen will. Zwei Vertreter der adligen „Gegenseite“ betreten die Bühne: Francois Vicomte von Nogeant (Yves Heidenreich), begleitet von dem kindlich wirkenden Albin Chevalier de la Tremouille (Laurin Klippel), der zum ersten Mal in Paris weilt und sich von dem Vicomte in die „Halbwelt“ einführen lässt. Mit Michette (Sarah Schreiber) sowie Flipotte (Emily Wieser) folgen ihnen zwei Dirnen, die ziemlich scharf auf Henri und den kurz auftretenden Herzog Emile von Cadignan (Christoph Leber) sind. Völlig überraschend stürzt noch Charles Henri Sanson (Linus Kullmann), der Henker von Paris, in die Szene, der wegen des Mobs auf der Straße von Todesangst gezeichnet, die Kneipe durch einen Hinterausgang verlassen darf. Mit der Parole „Tod allen Mächtigen“ von Scaevola endet der erste Teil. Zu Beginn des zweiten Teils wird die Gruppe der Adligen noch durch vier Personen, die alle eine gewisse Arroganz an den Tag legen, ergänzt: der Marquis von Lansac (Helena Keidel), der später von einer Dirne als „Schwein“ bezeichnet wird, seine Gattin Severine, die Marquise von Lansac (Patricia von Eury), und Severines Nichte, die Comtesse (Emmanuela Schröder), die ständig in Heulkrämpfe ausbricht. Der vierte ist der Dichter Rollin (Felix Nepper), der wohl ein Verhältnis mit der Marquise hat. Der Radau von der Straße wird von den Adligen abgetan: „Paris ist im Fieber; das wird vergehen.“ Balthasar (Jona la Cava) spielt einen Zuhälter, der seine Dirne Georgette (Leonie Kirsch) mit einem Messer bedroht; Etienne (Celine Pauly) und Maurice (Jana Wolf) treten als Taschendiebe bei einer Hochzeit auf, und Henri outet sich als Mörder des Herzogs von Cadignan, mit dem ihn seine Frau betrogen hat. Vom einen auf den anderen Moment wird aus dem Spiel schaurige Realität, als der vermeintlich ermordete Herzog Emile auftaucht und von Henri nun tatsächlich mit einem Messer auf der Bühne erstochen wird. Nachdem sich die Prognose des Philosophen Grasset vom Anfang des Stücks mittlerweile wohl als Realität darstellt und er auf einem Tisch stehend eindrucksvoll deklamiert: „Es lebe die Freiheit!“, machen sich die Adligen ziemlich schnell durch den Hinterausgang aus dem Staub. Sie fallen damit nicht den sechs Wutbürgern in die Hände, die in der letzten Szene mit dem Ruf „Die Bastille ist gefallen!“ in den Grünen Kakadu stürmen. Danach verharren alle Protagonisten in einem erstarrten Bühnenbild, während von fern nochmals die Melodie der Marseillaise zu hören ist. Viel Applaus gab es für die Schülerinnen und Schüler der Theater-AG. Elisabeth Hecker-Bretschneider leitet die AG erst seit Beginn dieses Schuljahres; nach einem halben Jahr Probenarbeit war sie zu Recht mit der Aufführung sehr zufrieden und betonte, dass sich das Ganze zu einem schönen Gemeinschaftsprojekt entwickelt hatte.

x