Donnersbergkreis Ein musikalischer „Wohlfühlabend“

Vollzog am Samstagabend die Ära der musikbegeisterten Fürstin Caroline von Nassau-Weilburg in der vollbesetzten Stadthalle in Ki
Vollzog am Samstagabend die Ära der musikbegeisterten Fürstin Caroline von Nassau-Weilburg in der vollbesetzten Stadthalle in Kirchheimbolanden nach: das Kurpfälzische Kammerorchester unter der Leitung von Hans Oskar Koch.

«Kirchheimbolanden.»„Mozart und die Hofmusik in Kirchheimbolanden“ – sicher eines der erfreulichsten Kapitel der 650-jährigen Stadtgeschichte. Zum Jubiläumskonzert in der vollbesetzten Stadthalle gastierte das in der Tradition der Mannheimer Schule stehende Kurpfälzische Kammerorchester. Dirigent und Moderator war Hans Oskar Koch. Ein musikalischer „Wohlfühlabend“ auf höchstem Niveau, ein Schwelgen in klassischen Wohlklängen.

Konzertant nachvollzogen wurde die Ära der musikbegeisterten Fürstin Caroline von Nassau-Weilburg, gebürtige Prinzessin von Oranien, die in der „Kleinen Residenz“ von 1770 bis 1792 eine international beachtete Hofmusik zum Blühen brachte – bis französische Revolutionstruppen die feudalen Lustbarkeiten beendeten. Bis heute vor Ort gefeierter Höhepunkt ist der Besuch von Wolfgang Amadeus Mozart vom 23. bis 29. Januar 1778 in Begleitung seiner Freundin Aloysia Weber und ihres Vaters. Es war ein Abstecher aus seinem Aufenthalt in Mannheim auf der Reise nach Paris und auf der Suche nach einer Anstellung. Ein Jugendwerk des gerade mal 16-Jährigen, die dreisätzige Sinfonia in C-Dur KV 162, war Auftakt des Konzerts: temperamentvoll, transparent, nur so sprühend vor Talent. Und einmal mehr riss die Qualität der opulent besetzten „Kurpfälzer“ mit: ihre Spielfreude, ihre Inspiration, der geschliffene, seidige Streicherklang, die Homogenität mit den Bläsern – je zwei Flöten, Oboen, Klarinetten, Fagotte und Hörner. Vergleichbar der seinerzeitigen „Harmoniemusik“ in Kirchheimbolanden. Die Bläser bezahlte Fürst Carl August, alle anderen Musiker entlohnte die Fürstin aus eigener Schatulle. Nachweisbar fürstlich, auch wenn Mozart sich bei Vater Leopold über ihre angebliche Knauserigkeit beschwerte. Zu Unrecht: Mit 77 Gulden war er durchaus großzügig entlohnt, so wie alle anderen namhaften Durchreisenden – der fest angestellte Hoforganist beispielsweise kam im Jahr auf 280 Gulden. Eloquent und mit großem Hintergrundwissen streifte Hans Oskar Koch die damalige Musikszene. Europaweit geschätztes Zentrum und Vorbild war der Mannheimer Hof, dessen Orchester der Böhme Johann Stamitz um 1750 neu formierte. Selbst in Paris sprach man vom „goût de Mannheim“ mit diesem besonderen Crescendo (Steigern der Lautstärke), der „Rakete“ (dynamisch sich steigernde Akkorde nach oben), dem Mannheimer (Violinen-)Seufzer. Weithin vernachlässigte Namen wurden vorgestellt – etwa Ernst Eichner (1740 - 1777), zunächst Konzertmeister am Zweibrücker Hof. Von ihm erklang das Adagio aus dem D-Dur- Konzert für Fagott, von dem Solisten Franz-Jürgen Dörsam arios und in bewundernswert warmem, rundem Ton nachempfunden. Ein Jahr lang (1772/73) war der Deidesheimer Conrad Breunig (1741 - 1816) Konzertmeister in Kirchheimbolanden und verkaufte der Fürstin danach noch viele Kompositionen. Rundum gefällig, als beschwingtes, höfisches Divertimento hörte sich sein „Menuetto“ aus der Sinfonia G-Dur an, gefolgt von einem immer feuriger auftrumpfenden Presto-Satz. Und ganz besonders reizvoll wirkte der Klarinetten-Dialog im B-Dur-Konzert von Carl Stamitz (1745-1801) im getragenen „Andante moderato“, interpretiert von Karl Schlechta und Heinrich Hölzli: Hörgenuss pur! Johann Theodor Greiner (1740 - 1797) schrieb die sich anschließende Sinfonia in G-Dur – der Allegro-Satz daraus bestach mit seinem vehementen Streicher-Einsatz und den hell dazu kontrastierenden Flöten, und nicht zuletzt mit seiner dichten Kontrapunktik. Koch führte den Taktstock souverän mit schlüssig eleganten Gesten. Rokoko-Charme, verspielt, galant und kunstvoll komponiert, bestimmte die fürstliche Abendunterhaltung, und Musiker aus aller Welt waren zu Gast oder bewarben sich um eine Anstellung in Kibo. So auch Antonio Rosetti alias Anton Rösler (1750 - 1792), Kontrabassist, erfolgreich auch in Paris – hier verewigt mit einem feinsinnigen „Andante allegretto“ aus der Sinfonia pastoralis in D-Dur. Ab 1782, über acht Jahre lang, prägte Giuseppe Demachi (1732 - nach 1791) als Kapellmeister die Nordpfälzer Hofmusik. Sein „Menuetto“ (damals der wichtigste Tanz) aus der Es-Dur Sinfonie lebt insbesondere von dem Klangkontrast zwischen Violinen und Hörnern. Herausragend schön, mit vielen filigranen Finessen, perlenden Läufen und spannungsreicher Dynamik: der schnelle Satz aus dem C-Dur Klavierkonzert des Abbé Georg Josef Vogler (1749 -1814), Hofkaplan und Vizekapellmeister in Mannheim. Der Pianist Rudolf Meister brillierte mit virtuoser Leichtigkeit und ebenso viel Emotionalität im melancholischen Mittelteil. Bereits Nähe zur Romantik wies Voglers Ballettmusik „Le rendez-vous de chasse“ mit ihrem lebhaften Farbenspiel der Bläserstimmen auf. (Seine prominentesten Schüler: Carl Maria von Weber und Giacomo Meyerbeer.) Fulminantes Finale war die Sinfonia C-Dur von Johann Christian Stumpff (1737 - 1801) aus Mainz (später Paris), der von 1785 bis 1790 zuständig für die Kirchheimbolander Bläser war. Ein ideen- und stimmungsreiches Werk: Den frischen, schnellen Kopfsatz löst ein tieftrauriges Andante ab, das volkstümliche Menuett lässt eine Drehleier mittanzen, und im Presto bricht ein Saitengewitter von elementarer Urgewalt auf. Nach dem stürmischen Schlussbeifall für diesen so fundierten wie konzertanten „klitzekleinen Einblick“ in die damalige lokale Musikkultur gab Koch noch einen „Deidesheimer Rieslingsekt“ von Breunig aus – spritzig und anregend. Schlusswort des Maestros: „Achten Sie darauf, dass die Tradition weiter hochgehalten wird!“ Stadtbürgermeister Klaus Hartmüller revanchierte sich bei den Musikern mit „Kiboer Schlossgarten“. Zu Beginn des Konzertes, krönender Abschluss von 23 verschiedensten Jubiläums-Veranstaltungen, dankte er den engagierten Helfern im Hintergrund: Sabine Reibe im Rathaus und dem Stadthallen-Team Kathrin Stephan, Katja Meitzler, Olga Junemann und Reimund Münch. Im Übrigen erinnerte Hartmüller an die vor zehn Jahren aufgenommene gleichnamige CD mit den Kurpfälzern.

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