Donnersbergkreis Der Ruhm vergangener Zeiten

In Weichmeiers Kopf drehte sich alles, als er aus dem „Kilkenny“ auf die Schloßstraße trat. Ausnahmsweise lag das allerdings nicht an Highland Park oder MacBischop. Und auch nicht an dem grässlichen Belvedere Vodka, den Heinz Torf dem eingefleischten Whisky-Trinker versucht hatte, schmackhaft zu machen. Nein, vielmehr kreisten die Gedanken des Ex-Polizisten um die Fotos und Beobachtungen seines alten Freundes. Was um alles in der Welt fanden diese merkwürdigen „Touristen“ (Weichmeier war längst zur Überzeugung gelangt, dass sie das natürlich nicht waren) an der Paulskirche, oder – besser gesagt – der Mozartorgel? Torf hatte absolut recht: Das Verhalten der Männer war merkwürdig, mehr noch, besorgniserregend. Offenbar interessierten sie sich deutlich intensiver als der übliche Residenz-Besucher für die Stummorgel, auf der das weltbekannte Wunderkind 1778 in Kirchheimbolanden ein paar Minuten lang geklimpert hatte. Weichmeier seufzte. Irgendwie ließ ihn Mozart einfach nicht los. Vor gut einem Jahr war es ihm gelungen, nach wochenlangen intensivsten Nachforschungen in den Überresten der Rotunde im Terrassengarten ein bis dato unbekanntes Werk Mozarts wiederzuentdecken. Das „Verborgene Lied“ war die Sensation schlechthin gewesen. Seraphin Feuer hatte das Stück in der Stadthalle uraufgeführt, und er, der ehemalige Kleinstadtpolizist, wurde endlich so gewürdigt, wie es ihm gebührte. Allerdings lag das auch schon wieder Monate zurück. Nach einigem Aufsehen und Medienrummel war doch sehr schnell wieder Ruhe eingekehrt in der Kleinen Residenz. Interessierten sich am Anfang noch das Frankfurter Sonntagsblatt und die Süddeutschen Nachrichten für ihn und seine Geschichte, reichte es nach vierzehn Tagen nur noch für eine „Donnersberger Begegnung“ im Lokalblatt von Rabea Litt. Weichmeier musste unvermittelt grinsen – und ergänzte in Gedanken „ihrem Ex-Lokalblatt“ – schließlich war die Litt ja nun a.D., in Rente, genau wie er, der ehemalige Hauptkommissar. Weichmeier war mittlerweile einige Meter die Schloßstraße in Richtung Mozartstraße gelaufen. Es dämmerte bereits, und er nahm sich vor, erst am nächsten Morgen in der Paulskirche vorbeizugehen. Den roten Leuchtpunkt, der geräuschlos über den Asphalt tanzte, bemerkte er zunächst gar nicht. Auch die beiden Männer, die in einiger Entfernung verborgen hinter Mülltonnen standen und in seine Richtung blickten, sah Weichmeier nicht. Der rote Lichtpunkt wanderte über geparkte Wagen, Straßenschilder und Hausfassaden. Dann hielt der Punkt, den ein roter Laser aus der Entfernung herüberschickte, inne. Er hatte sein Ziel offenbar gefunden: Auf der Brust von Walter Weichmeier – der, noch immer in Gedanken versunken die Straße entlang ging. (Illustration: Herrmann) Fortsetzung folgt Nehmen die Ermittlungen von Walter Weichmeier schon jetzt eine dramatische Wendung? Mehr lesen Sie in der morgigen Folge unseres Adventskrimis und alle Teile auf www.rheinpfalz.de/adventskrimi.

x