Donnersbergkreis Anspruchsvoll und gut

Sein präzises, meisterliches Spiel gefiel: Johannes Pflüger.
Sein präzises, meisterliches Spiel gefiel: Johannes Pflüger.

«KIRCHHEIMBOLANDEN.»Ein recht anspruchsvolles Programm mit eher selten gehörter Orgelmusik, das er glänzend bewältigte, brachte der aus Kaiserslautern stammende Organist Johannes Pflüger am Sonntag in die Kirchheimbolander Paulskirche. Zum zweiten Konzert des Orgelsommers war ein stattliches, vielleicht 100 Köpfe zählendes, bemerkenswert aufmerksames Publikum gekommen, das sich am Ende hochzufrieden zeigte.

Johannes Pflüger, Jahrgang 1983, hat seinen Weg zum hauptberuflichen Kirchenmusiker – er ist heute Kreiskantor des Evangelischen Kirchenkreises Bonn – als Orgelschüler des Kirchheimbolander Bezirkskantors Martin Reitzig begonnen, weswegen er von diesem mit besonderer Freude willkommen geheißen wurde. Pflüger zeigte sich als technisch äußerst versierter, mit großem Überblick gestaltender Interpret, der den unterschiedlichen Stilen der zeitlich weit auseinanderliegenden Werke gerecht wurde. „Tradition und Erneuerung“ hatte er sein Programm überschrieben. Der Beginn: Nicolas de Grigny, im ausgehenden 17. Jahrhundert Organist in Paris und Reims. In mehreren Sätzen hat er den altkirchlichen Pfingsthymnus Veni Creator Spiritus („Komm, Schöpfer Geist, kehr bei uns ein“) kunstreich ausgestaltet. Der Eingangssatz war vielleicht etwas zu dicht registriert, das im Tenor liegende Thema zu wenig herausgestellt – die folgenden Sätze gerieten wunderschön, besonders das fein und ungemein wohlklingend realisierte Duo. Pflüger spielt auch in der Alten Musik vorzugsweise ein rasch fließendes Legato, das die Töne eng zusammenbindet und eher sparsam akzentuiert – aber doch so viel, dass sein Vortrag nie langweilig wirkt. Eine klangliche Freude, dank der schönen Register der Stummorgel, waren das Recit de Cromorne (Krummhorn) und der Dialogue sur le Grand Jeux, klangsatt und warm, kraftvoll, aber nicht plärrend. Francisco Correa de Arauxo lebte hundert Jahre vor Johann Sebastian Bach und war Erneuerer und Anreger der spanischen Orgelmusik. Sein Segundo Tiento de medio registro, eine in der Form freie, toccatenhafte Komposition im siebten (Kirchen-)Ton, führte den Hörer in eher fremde Klangwelten. Höhepunkt des Konzerts war Johann Sebastian Bachs Präludium und Fuge D-Dur, ein für Hände wie Füße technisch sehr anspruchsvolles Werk, das Johannes Pflüger mit mühelos erscheinender Geläufigkeit und Präzision architektonisch ganz klar und verständlich realisierte. Die Fuge leuchtete wie ein Kristall, das in satte Zungenstimmen-Klangfarben getauchte Pedalsolo am Ende sorgte für einen höchst beeindruckenden Abschluss. Als Wolfgang Amadé Mozart, sechs Jahre nach Bachs Tod geboren, auf dessen komplizierte Kompositionsweise mit mehreren gleichberechtigten Stimmen stieß, forderte ihn dies heraus, sich Bachs Kunst anzueignen und sie in den Stil seiner Zeit zu integrieren. Dass ihm dies Mühe machte, beweist eine ganze Reihe von Manuskripten, die Mozart unvollendet liegen ließ. Wolfgang Bauer hat schon vor Jahren an der Kirchheimbolander Mozartorgel etliche dieser Kompositionen eingespielt; Pflüger brachte, erneut vorzüglich, drei Sätze der unvollendeten Suite in C-Dur KV 399. Die Ouverture enthält eine Fuge, die mehr nach Bach als nach Mozart klingt. Zuvor war die Toccata settima von Michelangelo Rossi, dem berühmtesten Schüler Frescobaldis, zu hören. Beeindruckendes Finale: „Variationen über das französische Volkslied Vive Henry Quatre“ von Johann Gottlieb Töpfer, der im 19. Jahrhundert in Weimar zum Kreis um Franz Liszt gehörte. Mit großer Gebärde setzt Pflüger mächtige, fette, farbsatte Akkorde, um dann das Thema mit dem zur Orgel von Anfang an gehörende, selten benutzte Glockenspiel einzuführen, das Orgelbauer Johann Michael Stumm 1745 als Zugabe stiftete. Dunkle Farben, über denen die Liedmelodie leuchtet, hochvirtuose Umspielungen der Melodie, geradezu mysteriöse Klangeffekte der Vox humana oder Vox angelica folgen. Sogar das Pedal umspielt das Thema, welches Pflüger immer deutlich leuchten lässt, rasant – ein Fest des Klangs bis zum brausenden Schlussplenum, welches – ein Charakteristikum vornehmer Barockorgeln – die Ohren füllt, aber nicht durch übermäßige Lautstärke quält. Sehr herzlicher Applaus – und als feine Zugabe eine Bearbeitung des Kirchenlieds „Hilf, Herr meines Lebens“.

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