Karlsruhe Pflanzen als Heilmittel

Ostergestecke und ein buntes Blumenmeer im Gewächshaus.
Ostergestecke und ein buntes Blumenmeer im Gewächshaus.

60 Menschen mit einer psychischen Erkrankung arbeiten in der HWK Gärtnerei. Zehn Betreuer sorgen dafür, dass es ihnen und den Pflanzen gut geht. Denn der Frühling kommt und die Blumen, Pflanzen und Gestecke in den Gewächshäusern sind zunehmend nachgefragt.

Bei den Gärtnereien starteten die Vorbereitungen für den Frühling schon im Herbst. Was jetzt aus der Erde sprießt, ist die Arbeit und Pflege von vielen Wochen. Die HWK Gärtnerei in Grötzingen hat mit mehreren Gewächshäusern eine große Auswahl an Pflanzen. Zudem arbeiten hier 60 Menschen, die psychisch erkrankt sind, unter Bedingungen, die das Arbeiten für sie wieder möglich macht. Zehn Betreuer stehen ihnen dabei zur Seite. Vor Ostern, Richtung 1. April, ist Saisonbeginn für den Balkon.

Kräuter und Osterkranz

Gärtnermeisterin Andrea Langewitz: „Wir haben schon gut zu tun“, besonders samstags gehe es rund. Es gibt Gemüsepflanzen und Biokräuter. Vor Ostern hat die Abteilung Floristik alle Hände voll zu tun, um Kränze, Ostergebinde und Geschenkkörbe herzustellen. Auch für die fünf Märkte, die die Gärtnerei anfährt. Im Eingangsbereich leuchten in orange und hellgrün die Ostergestecke der HWK Mitarbeiter. Dahinter ein Meer aus Frühblühern, Primeln, Stiefmütterchen, Geranien - das meiste aus eigenem Anbau. Für die Mitarbeiter gibt es verschiedene Gruppen: Gemüseanbau, Zierpflanzen, Landschaftspflege oder Floristik. „Wechsel innerhalb der Bereiche sind möglich, aber selten“, erzählt Monika Brands, eine der Leiterinnen der Betriebsstätte und verantwortlich für den Bereich Rehabilitation.

In der Floristik bei Maria Kappler arbeiten zwölf Beschäftigte an Sträußen und floralen Gebinden. Markus Wenda ist seit 25 Jahren dabei. In der Floristik packt er an, was die Saison ihm aufträgt. Dazu gehört Tulpenzwiebeln putzen und bündeln und im Sommer geht es auf den Acker zum Ernten von Bartnelken oder Gladiolen. Welche Jahreszeit ihm am besten gefällt? „Der Frühling, wenn es wieder losgeht mit Pflanzen“, erzählt er. Und natürlich seien seine Pflanz-Tipps inzwischen auch in der Nachbarschaft gefragt. Neben ihm steht Viola Müller, die ebenfalls schon eine kleine Ewigkeit bei der HWK arbeitet, nämlich seit 2011. Müller zaubert zarte Kränze und Sträuße, hilft gerne auch auf dem Markt und in der Kantine aus, erzählt sie.

Ein kurzer Blick durch die Werkstatt lässt die Osterzeit erraten, denn Hasen, Eier und Küken liegen auf den Arbeitstischen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben beim Gestalten freie Hand. „Ich habe ein Auge drauf, dass es in einem zeitlichen Rahmen bleibt“, erzählt Kappler, die seit 19 Jahren in der HWK Gärtnerei beschäftigt ist. Manche nehmen sich viel Zeit in ihrer Ausarbeitung, das sei auch ok. „Wir nehmen viel Rücksicht auf die Befindlichkeiten“, sagt Kappler. Ihre Kollegin Andrea Langewitz ergänzt: „Ich würde nichts mehr anderes machen wollen.“ Jeder Tag sei anders, man müsse sich auf die Angestellten einstellen, denn trotz der angepassten Atmosphäre sei es „immer noch Arbeit.“

Seelische Gesundheit

Und diese müsse auch nicht bei der HWK enden. Je nach Erkrankung sei eine Wiedereingliederung eines der Ziele. Bis dahin werden die Mitarbeiter begleitet, es gibt einen sozialen Dienst und auch sonst steht die seelische Gesundheit im Vordergrund. Viele hätten vorher etwas ganz anderes gemacht. Der Arbeitsalltag, wie die Gesellschaft ihn fordere, könnten sie nicht mehr leisten. Auch, erzählt Andrea Sauermost aus der Unternehmenskommunikation der HWK auf Nachfrage, würden es immer mehr Menschen werden, die psychisch den normalen Arbeitsalltag nicht mehr bewältigen könnten. Manchmal, zum Beispiel bei einer Depression, brauche ein Mitarbeiter seelische Unterstützung. Und viel Rücksichtnahme. Das Arbeiten mit Pflanzen sei daher eine dankbare Aufgabe. Man ist viel draußen, es ist abwechslungsreich und gäbe immer mal wieder Neues. Aktuell ist das die Grötzinger Staudenkiste, in der Kunden Pflanzen kaufen können, die bereits passend zueinander im Verkaufsbeet stehen.

Eine Kundin ist Elisabeth Anger, die ihren Wagen durch das Gewächshaus der Frühblüher schiebt. „Nein, ich suche nichts Spezielles“, erzählt sie. „Ich mag es ganz bunt.“ Sie komme seit Jahren in die Gärtnerei. Die Durlacherin schätzt die persönliche Beratung, die man hier erhalte. Ein älteres Ehepaar hat seinen Wagen mit vielen Marmeladengläsern gefüllt. Die stehen, mit vielen anderen selbst gemachte Geschenkartikeln, ebenfalls in dem Gewächshaus. Jetzt zu Ostern lohne sich der Besuch besonders, sagen sie.

Maria Kappler.
Maria Kappler.
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