Karlsruhe Große Veränderungen, aber kein Untergang

Dem digitalen Wandel in Gesellschaft und Industrie werden in den kommenden Jahren massenhaft Arbeitsplätze zum Opfer fallen. Darüber sind sich fast alle Zukunftsforscher einig. Gestritten wird lediglich darüber, ob in gleichem Umfang neue Arbeitsplätze entstehen. In einer neuen Veranstaltungsreihe ging es um die Download-Kultur und ihre Folgen.

Gestartet wurde die Reihe jetzt gemeinsam vom Zentrum für Angewandte Kulturwissenschaft (ZAK) am KIT und der Baden-Württemberg Stiftung in den Räumen der IHK Karlsruhe. „Die Veränderung betrifft uns alle“ sagt ZAK-Direktorin Caroline Y. Robertson-von Trotha, die die Informationsflut im Internet mit einem Dammbruch vergleicht und die auf die damit verbundenen Risiken verweist. „An Informationen fehlt es nicht, diese richtig einzuschätzen ist das Problem.“ Auch Fernsehmoderator Markus Brock warf einen Blick auf den immer schneller werdenden digitalen Wandel. Das Internet drohe Nachrichtensendungen und Zeitungen überflüssig zu machen und Streamingdienste haben der traditionellen Musikindustrie mehr und mehr das Wasser abgegraben, nennt er zwei populäre Beispiele. „Vor zehn Jahren waren YouTube und Skype für uns doch noch Raumschiff Enterprise.“ „Die Geräte werden immer klüger“, sieht auch Hans Jörg Stotz, bei SAP für Strategie und Innovation zuständig, die Entwicklung erst an ihrem Anfang. „Jede Maschine rechnet heute schneller, als es die Hochleistungscomputer bei der Mondlandung taten.“ Über das Internet der Dinge würden immer mehr Daten zwischen Maschinen ausgetauscht, mit gravierende Folgen für den Produktionsprozess. Bestellung, Herstellung und Versand von Produkten werde so zunehmend automatisiert. „Open Science“, der freie Zugang zu wissenschaftlicher Literatur und frei verfügbare Datenbanken, werde die Innovation noch zusätzlich beflügeln und auch im Alltag würden Datenbanken und Datenaustausch immer wichtiger. Wobei sich durchaus die Frage stelle, wem die Daten „gehören“: dem Hersteller, dem Besitzer oder einer Leasingfirma. Ungelöst ist auch noch, was Algorithmen mit den Daten machen und wie die Schutzrechten des Einzelnen gewahrt werden können. Für Sascha Friesike, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Würzburg, ist es auch deshalb so wichtig, dass Menschen mit den neuen Technologien richtig umgehen können. Wieso etwas auswendig lernen, das man in Sekunden per Smartphone nachschlagen kann? Doch noch immer gilt „Bulimie-Lernen“, das Auswendiglernen von Wissen, das nach einer Prüfung sofort wieder vergessen wird, als die sicherste Methode, um seine Abschlüsse zu schaffen. Dabei sei es viel wichtiger, Kreativität zu fördern und den kritische Umgang mit Informationen zu erlernen. Stotz fordert insbesondere vom Mittelstand, sich auf den Wandel vorzubereiten. „Man darf sich nicht zurück lehnen und zuschauen, was da gerade passiert.“ Dass sich die Arbeitswelt massiv ändern wird, sei klar, in welche Richtung es gehe, allerdings nicht. Zwar gebe es über die Hälfte der US-amerikanischen Top-500-Firmen des Jahres 2000 heute nicht mehr, „doch wir haben fast nichts davon bemerkt.“ Friesike warnt vor Untergangstimmung, denn stets würden neue Firmen die Lücken mit ihren neuen Ideen füllen. Wenn man auf den Wandel vorbereitet ist und den Wettkampf annimmt, dann sei er eine riesige Chance. |win

x