Rastatt Fischadler: Erstmals Nachwuchs im Südwesten

Fischadler in ihrem Horst.
Fischadler in ihrem Horst.

Nach 115 Jahren Pause gab es jetzt in der badischen Oberrheinebene die erste nachweislich erfolgreiche Brut der beeindruckenden Greifvögel im Südwesten.

Es ist eine ornithologische Sensation: Nach 115 Jahren Pause gab es jetzt in der badischen Oberrheinebene die erste nachweislich erfolgreiche Brut bei Fischadlern, einer besonders beeindruckenden Greifvogelart. Das erste Ei lag, wie der NABU-Landesverband jetzt mitteilt, am 15. April im Nest der Fischadlereltern. 38 Tage lang mussten die Vogelfans im Land dann bangen, dass die Brut auch erfolgreich schlüpft. Das ist vor etwa drei Tagen geschehen. Der genaue Ort des Geschehens wird bewusst nicht veröffentlicht, zum Schutz der jungen Eltern und des Nachwuchses.

Und es könnte nach einem Happy End aussehen für die Fischadler-Familie im Landkreis Rastatt. Für die jungen Fischadlereltern – das Männchen ist laut NABU neun Jahre alt und aus Sachsen-Anhalt in den Südwesten gezogen, so zeigt es die Beringung, beim Weibchen ist ihre Herkunft bisher noch unbekannt – ist es bereits das dritte Brutjahr in Folge. Wobei die Vorjahre wenig glücklich ausgingen: am ersten Brutplatz des Paares im Elsass wurden gleich beide Bruten in den Jahren 2021 und 2022 komplett von einem Habicht oder Uhu geräubert.

Vor 5 Tagen geschlüpft: Ein Fischadler-Küken.
Vor 5 Tagen geschlüpft: Ein Fischadler-Küken.

Fisch an Nachwuchs verteilt

Dem Leiter des Vogelschutzzentrums Mössingen (Landkreis Reutlingen), Daniel Schmidt-Rothmund, stockte nach eigenen Angaben im April der Atem: als gleich drei Vogeleier mit rötlich-braunen Flecken im gepolsterten Horst der Fischadler nahe bei Rastatts Rheinauen lagen. Von der erfolgreichen Brut hatte er sich jetzt vor Ort selbst überzeugt. „Das Männchen hat dem am Nestrand stehenden Weibchen einen Fisch gebracht, den das Weibchen an den Nachwuchs verteilt hat, das erkennt man eindeutig an den charakteristischen Kopfbewegungen“, berichtet der Leiter des NABU-Vogelschutzzentrums. „Danach ist die frischgebackene Vogelmutter wieder nah an ihre Küken herangerückt und hat die Flügel ganz typisch etwas hängen lassen, um für Schatten zu sorgen.“ Schmidt-Rothmund hatte das Geschehen das aus rund 300 Metern Entfernung vom Boden aus durch ein Spektiv beobachtet, um die Vogelfamilie mit den erst wenige Tage alten Jungvögeln keinesfalls zu stören.

Fischadler-Eier im Nest.
Fischadler-Eier im Nest.

Tränen der Freude

Die erste nachweislich erfolgreiche Brut der Greifvogelart seit mehr als 115 Jahren in Baden-Württemberg gilt als eine Sensation, die dem 59-jährigen Ornithologen Tränen der Freude in die Augen treibt. Seit 33 Jahren arbeitete der Leiter des NABU-Vogelschutzzentrums Mössingen auf diesen Tag hin. Für Schmidt-Rothmund ist die Wiederansiedlung der Fischadler im Südwesten so etwas wie ein Herzensthema und Lebenswerk, das viel Zeit, Energie, Geduld und nicht zuletzt Geld erfordert. Dank einem großen Netz aus Ehrenamtlichen sowie vogelbegeisterten Spenderinnen und Spendern hatte er im Land mehr als 30 Plattformen auf hohen Bäumen installiert, Nistmaterial hochgeschafft und die Standorte regelmäßig besucht. In der Nähe von Rastatt nun mit einem glücklichen Ausgang – und einem voraussichtlichen Happy End.

Früher erbarmungslos gejagt

Der Fischadler ist ein reiner Pescetarier. Oberflächennah lebende Fische wie die Brachse erbeutet er aus der Luft. Als vermeintlicher Nahrungskonkurrent des Menschen wurde der Greifvogel erbarmungslos abgeschossen, seine Gelege wurden geplündert und Horstbäume gefällt, bis zur Ausrottung 1907 im Südwesten. Noch im 19. Jahrhundert war der Fischadler in Baden-Württemberg entlang von Donau, Rhein, Neckar und an Kocher und Jagst beheimatet. Bekannt ist das vor allem, weil aus dem 19. Jahrhundert Jagdstatistiken mit langen Abschusslisten vorliegen. Auch Eiersammlungen in Museen belegen das.

Info

baden-wuerttemberg.nabu.de/news/2023/mai/33309.html

x