Kaiserslautern „Wir wissen nie, ob es uns im nächsten Jahr noch gibt“

Diesmal sind es zehn Konzerte an neun Orten. Zwischen Herxheim und Bad Dürkheim treten wieder internationale Jazzensembles an historischen Schauplätzen auf, das Programm bietet zeitgenössischen Jazz in vielen Spielarten. Das Festival Palatia Jazz startet in sein 19. Jahr, hat es aber immer schwerer, bei schrumpfendem Etat Stars wie Branford Marsalis oder Manu Katche auf die Bühne zu holen.

„Wir wissen nie, ob es uns im nächsten Jahr noch gibt“, sagt Festivalleiterin Yvonne Moissl. Sie klingt bei diesem Satz nicht extrem besorgt, sie hat sich an die Situation gewöhnt. Kurz vor Weihnachten hat ihr diesmal einer der Hauptsponsoren abgesagt, ein anderer Sponsor, ein Autohersteller, will künftig statt Kultur lieber Sport unterstützen. Für Yvonne Moissl sind dies normale Vorgänge, die sie schon öfter erlebt hat. Neu ist allerdings, dass sich für abspringende Geldgeber kaum noch neue finden lassen. „Die Sponsorensuche wird immer schwieriger“, hat die Festivalmacherin festgestellt, die auch Präsidentin der Deutschen Jazzförderation ist. „Besonders wer konsequent zeitgenössischen Jazz bringen will, bekommt Probleme bei den Förderern.“ Die Situation der Jazzfestivals in Deutschland ist unterschiedlich, manche, wie Enjoy Jazz, das im Herbst in Heidelberg, Mannheim und Ludwigshafen stattfindet, können sich auf ihre Sponsoren und öffentlichen Geldgeber verlassen, von denen sie über viele Jahre hinweg unterstützt werden. Enjoy Jazz konnte sich weiterentwickeln und hat inzwischen einen Etat deutlich über einer Millionen Euro zur Verfügung. Bei Palatia Jazz dagegen sind die Fördermittel weniger geworden, der Etat sank von rund 500.000 Euro auf nunmehr 380.000 Euro. Die Erhöhung der GEMA-Gebühren brachte weitere Probleme. „Wir mussten reagieren und ein paar betriebswirtschaftlich Kniffe anwenden“, sagt Yvonne Moissl, „wir haben uns klein gespart“. Die Zahl der Konzerte wurde von zuletzt zwölf auf zehn reduziert, kleinere Spielstätten in Deidesheim und Annweiler, wo die Kosten hoch und die Zuschauerzahlen niedrig waren, sind weggefallen. Dafür gibt es nun überwiegend Doppelkonzert mit zwei Bands an einem Abend. Beim Personal wurde ebenfalls eingespart, und eine neue, teurere Preiskategorie für die Plätze ganz vorn eingeführt. „Das wurde zum Glück von unseren Besuchern akzeptiert“, freut sich Moissl, sieht bei der Preisgestaltung aber Grenzen: „Wir können die Karten nicht für 80 Euro verkaufen.“ Die Akzeptanz beim Publikum stimmt jedenfalls, 40 Prozent nehmen sogar eine Anreise von mehr als 200 Kilometer in Kauf, hat eine Umfrage ergeben. 8000 Besucher waren es 2014, jetzt sind bereits 3000 Tickets verkauft. Neben dem Eröffnungskonzert am kommenden Samstag in der Speyerer Gedächtniskirche sind vor allem das Gastspiel von Schlagzeuger Manu Katche eine Woche später in Germersheim und die beiden Konzerte Ende Juli auf der Klosterruine Limburg bei Bad Dürkheim mit dem Tingvall Trio und dem amerikanischen Saxophonisten Branford Marsalis gefragt. Diese Musiker haben alle schon mindestens einmal bei Palatia Jazz gespielt, bei der Programmgestaltung setzt Yvonne Moissl auf Kontinuität, bringt aber auch neue, junge Musiker in die Pfalz. Erstmals dabei ist der armenische Pianist Tigran Hamasyan, der die Folklore seiner Heimat auf durchaus eingängige Weise mit Jazz, Rock und elektronischer Musik verbindet. Mit seinem Trio spielt er in Neustadt im Park der Villa Böhm. Erstmals beim Festival auftreten wird auch die britische Sängerin, Pianistin und Gitarristin Julia Biel, eine der aktuell spannendsten Stimmen zwischen Jazz und Indiepop. Man kann sie im intimen Rahmen des Ältesten Hauses in Haßloch erleben. Natürlich hat Yvonne Moissl ihre Festivallieblinge. Das ist Phronesis aus London, bestehend aus dem dänischen Kontrabassisten Jasper Hoiby, dem schwedischen Schlagzeuger Anton Eger und dem britischen Pianisten Ivo Neame, ein grooviges Jazztrio mit beachtlichen Livequalitäten. Auf der Limburg treten sie vor dem Tingvall Trio auf. Einen Tag später trifft man im Vorprogramm des Branford Marsalis Quartetts auf den schwedischen Schlagzeuger Emil Brandqvist, den wollte die Festivalleiterin unbedingt ein zweites Mal einladen. Und dann ist da der tunesische Oud-Spieler Anouar Brahem, der mit einem großartigen Ensemble auf die Villa Ludwigshöhe kommt. Bassklarinettist Klaus Gesing, Pianist François Couturier und Perkussionist Björn Meyer sind seine Begleiter. Das Quartett wird sein neues Album vorstellen, Musik zwischen Ost und West. „Ein bisschen schwermütig und wunderbar emotional“, schwärmt Yvonne Moissl.

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