Gästebuch Wilfried N’Sonde liest im Rittersberg-Gymnasium aus seinem Buch „Bittersüß“

Wilfried N`Sondé lebte viele Jahre in Berlin.
Wilfried N`Sondé lebte viele Jahre in Berlin.

„Woher kommst du?“ Diese Frage hat Wilfried N’Sondé zig mal gehört. „Zu oft“, meint er und winkt ab. Von dieser Frage und von dem, was sie mit Menschen macht, handelt sein Buch „Aigre-Doux“, „Bittersüß“. Als Gewinner des „Prix des lycéens allemands 2021“ las er daraus am Dienstag, 15. März, im Rittersberg-Gymnasium vor Schüler.

In München war N’Sondé schon gewesen und am Vortag hat er vier Lesungen abgehalten. Von Kaiserslautern aus geht es für ihn direkt weiter nach Mannheim, dann Frankfurt/Main, Leipzig, Berlin und noch weiter. Dass er mit seinem Buch eine solche Beachtung erreichen würde, damit hatte er nicht gerechnet. „Dieser Preis ist für mich ein Traum. Ich werde diese Erfahrung nicht vergessen.“

Ihm gegenüber sitzen während der Lesung rund 35 Oberstufenschüler des Rittersberg-Gymnasiums und des St.-Franziskus-Gymnasiums – und damit ein Teil der Juroren. Im Französischunterricht haben sie drei Romane behandelt und dann ihren Favoriten für den „Preis der deutschen Oberstufenschüler 2021“ daraus gewählt, der im Mai 2021 auf der Leipziger Buchmesse an N’Sondé überreicht wurde. Der Preis ist eine Initiative des Instituts français Deutschland in Zusammenarbeit mit dem Verlag Ernst Klett Sprachen.

Im Kongo geboren, in Paris aufgewachsen

N’Sondé ist 1968 in Brazzaville im Kongo geboren. Er wächst in Paris auf, studiert Politikwissenschaften, verlässt dann aber 1991 die französische Hauptstadt und lebt 24 Jahre lang in Berlin, bevor er nach Paris zurückkehrt und nach Lyon zieht, wo er heute lebt. Und immer wieder hat ihn diese Frage „Wo kommst du her?“ begleitet. Auch sein heute 20 Jahre alter Sohn, der in Berlin geboren ist, und auch der Protagonist haben diese Frage immer wieder gehört. Ihr Gegenüber ist aber mit dieser Antwort nicht zufrieden, glaubt nicht und hakt nach: „Woher kommst du wirklich?“

N’Sondé hat Verständnis für diese Frage, er sagt aber auch: „Dass diese Antwort nicht akzeptiert wird, ist brutal. Sie nimmt uns unsere Identität. Es geht doch darum, dass wir uns von Vorurteilen befreien und sagen können: ,Das bin ich’. Kein anderer kann mir sagen, wer ich bin.“

In seinem Roman, der weder anklagt noch verurteilt, entwickelt sich ein Monolog, in dem klar wird, dass der Protagonist leidet, weil er sich wegen seiner Wurzeln nicht verstanden und ausgeschlossen fühlt. „Eine Persönlichkeit ist komplex. Was sagt da die Hautfarbe aus?“, stellt der Autor eine rein rhetorische Frage. Ihm geht es darum, Gemeinsamkeiten trotz der Unterschiede zu finden, sei es bezüglich Herkunftsland, Religion, Kultur oder Geschlecht. Nach seinen Erfahrungen nehmen Menschen Unterschiede als ein Problem wahr und reagieren mit Angst oder Abwehr.Für ihn gibt es Rassismus nur, weil es das Wort gibt. Viel treffender ist seiner Ansicht nach das Wort Fremdenfeindlichkeit. „Darum geht es“, betont er.

Plädoyer für Toleranz und Vielfalt

Mit seinem Buch, der Lesung und der sich anschließenden Diskussion mit den Schülern hält er ein Plädoyer für Toleranz und Vielfalt und dafür, die eigene Identität zu finden. „Ich träume von einer Gesellschaft, in der diese Unterschiede keine Rolle mehr spielen“, sagt er im Verlauf der Diskussion – und: „Da, wo ich mich wohlfühle, ist meine Heimat. Basta!“

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