Kaiserslautern Von Liebesfreud’ und Liebesleid

Ausgeklügelte dramaturgische Konzeption: Konzert des klassischen Chors der TU Kaiserslautern unter der Leitung von Ulrike Seiter
Ausgeklügelte dramaturgische Konzeption: Konzert des klassischen Chors der TU Kaiserslautern unter der Leitung von Ulrike Seiter-Bröhl und Lesung von Pfalztheater-Schauspieler Manuel Klein.

Das Semesterabschlusskonzert des Klassischen Chors der Technischen Universität basierte am Sonntag im Audimax mit musikalisch-poetischen Stimmungsbildern der Romantik auf einer ausgeklügelten programmdramaturgischen Konzeption. Und die setzte der gemischte Konzertchor unter der vertretungsweisen Chorleitung von Ulrike Seiter-Bröhl konsequent und stringent um.

Vorab kamen die ursprünglichen Duette aus der Sammlung „Klänge aus Mähren“ von Antonin Dvorak zu einer entstehungsgeschichtlich und interpretatorisch bemerkenswerten Aufführung: Leos Janácek wählte aus den 13 Duetten in den 1870er Jahren sechs aus, um sie als Zyklus herauszugegeben und als vierstimmigen Chorsatz einzurichten. Und dies unter Beibehaltung der originalen Klavierbegleitung Dvoraks. Die zugrundeliegenden Texte mährischer Volkspoesie stammen von Frantisek Susil und behandeln das thematische Spannungsfeld zwischen Liebesfreud’ und -leid. Durch eine klangliche Homogenität und schwelgerische Expressivität offenbarten sie eine wunderbare Einheit und als – willkürlicher, nachträglicher Zyklus – eine thematische Geschlossenheit. Seelenzustände nach Trennung oder Verlassenheit und verschlüsselte Botschaften in Allegorien und Metaphern münden schließlich mit dem letzten Chorsatz „Zuversicht“ in eine positive Grundstimmung. Dieses Spannungsfeld vermittelte der bestens disponierte Chor mit seiner stimmlichen Reinkultur nachhaltig, interpretierte deutlich vom Text, seiner Prosodie und inneren Spannung her und alles wirkte akribisch ausgearbeitet. Der von Janácek übernommene Klavierpart oblag dem Pianisten Michael Helmling, mehrfacher Preisträger bei „Jugend musiziert“, der nach seiner Promotion als Mathematiker am Fraunhofer Institut tätig ist. Neben seiner exzellenten Klavierbegleitung singt er auch sonst selbst im klassischen Konzertchor mit. Nach der optimistisch ausklingenden Zuversicht des ersten Zyklus handelt der zweite von Johannes Brahms eher von den Schattenseiten der Liebe, mit Misstrauen, Enttäuschung und Verzicht. Die „Neuen Liebeslieder“ werfen finstere Schatten der Nacht, künden von Liebeskranken und auch die dramatisch bewegte Musik findet offenbar keine Lösung, keinen harmonischen Ausklang, ist vielmehr geprägt von Dramatik und Dialektik; wobei auch hier der Chor den Nerv der textlichen Aussage gut traf. In der besonders heiklen Problematik der sehr trockenen, vieles verschluckenden Akustik tun sich Vokalisten schwerer als Orchester und die Uni-Bigband. Manche Stimmlagen wie die hohen Sopranstimmen kamen überdeutlich zum Tragen, die Mittelstimmen verblassten dagegen. Auch wurde der Verschmelzungsgrad der hörbar gut geschulten Stimmen so beeinträchtigt. Durch die füllende und den Text ausdeutende Klavierbegleitung zu vier Händen (neben Helmling musizierte hier Yukiko Nishino) wurde allerdings der Gesamteindruck erheblich verbessert. Was bei den chorischen Beiträgen sich schon abzeichnete, wirkte sich im solistischen Vortrag des eigentlichen, jetzt pausierenden Chorleiters Berthold Kliewer noch problematischer aus: Kliewers Stimmlage im Bassbariton war nicht immer hinsichtlich Textdeutlichkeit gut verständlich, die Stimme wirkte etwas blass, ohne Glanz, was auch der nicht tragenden Akustik geschuldet war. Dagegen konnte Kliewer aber in der wiegenden Melodik der drei Balladen von Carl Loewe überzeugen, die Stimmgebung wirkte geschmeidig, gelöst und beseelt, traf die Diktion genau. Kliewer wirkte dabei niemals statisch, sondern drückte in seinem ganzen Habitus die Texte von Johann Vogl, Ludwig Uhland und Goethe aus. Auch hier faszinierte die Leichtigkeit und Sicherheit des Klavierparts von Helmling, der bei hohem spieltechnischen Schwierigkeitsgrad bis in kleinste motivische Details durch die absolute grifftechnische Präzision und Bravour gefiel. Ein weiterer Spannungsbogen wurde durch die Rezitation von Gedichten von Ludwig Tieck und Ludwig Uhland aufgebaut. Hierfür konnte mit Manuel Klein ein sehr eindringlich bis emphatisch deklamierender Protagonist gewonnen werden. Nach seiner Schauspielausbildung an der bayerischen Theaterakademie folgten Engagements in Ingolstadt, Oldenburg, Linz und am Pfalztheater, wo er derzeit in der Komödie „Mord auf Schloss Haversham“ zu erleben ist. Trotz klarer Artikulation und Aussprache und durchsetzt mit atmenden Zäsuren sowie ausdrucksstarker Gestik und Mimik litt auch sein Vortrag unter der geschilderten Situation, die möglicherweise durch eine entsprechende Beschallungsanlage zu verbessern wäre.

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