Kaiserslautern Visitation der Evangelischen Landeskirche: Liebevolles Hingucken, wo es klemmt

Die Visitation ist ein„Heimspiel“ für Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst.
Die Visitation ist ein»Heimspiel« für Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst.

Eine Kommission der Evangelischen Kirche der Pfalz unter dem Vorsitz von Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst besucht seit Freitag den Kirchenbezirk Kaiserslautern. Noch bis einschließlich Montag informiert sich die Delegation im Rahmen ihrer sogenannten Visitation über Herausforderungen, denen sich der Kirchenbezirk mit seinen rund 32.300 Gemeindemitgliedern in 19 Pfarrämtern in Stadt und Landkreis stellt.

Nach einem Besuch der Firma Wipotec und der Sitzung des Bezirkskirchenrats in der Kita „Auf dem Seß“ waren am Freitagabend Vertreter des Kirchenbezirks und anderer christlicher Kirchen, dazu Abordnungen von Bildungseinrichtungen sowie Politiker aus Stadt und Landkreis, zu einem Abend der Begegnung rund um die Stiftskirche eingeladen.

Niemand könne für sich allein Christ sein, auch nicht die Kirche, zitierte die Kirchenpräsidentin aus der Präambel der Visitationsordnung: „Wir sind Gemeinschaft“. In einer Gemeinschaft achte man aufeinander, nehme sich wahr und sei aufmerksam. Dazu gehöre auch das liebevolle Hingucken auf Stellen, an denen es klemmt.

Kirche meint nicht nur das Gebäude in der Stadt

Dass mit Kirche nicht allein das Gebäude in der Mitte der Stadt gemeint sein könne, sondern vor allen Dingen die Menschen, die sich für sie engagieren, verdeutlichte Dorothee Wüst mit einem emotionalen persönlichen Bekenntnis zu Kaiserslautern. Die Stadt mit ihrer Natur, ihrem 1. FCK, den Menschen aus vielen Ländern in den Bildungseinrichtungen und nicht zuletzt einer Kulturszene, die für alle etwas biete: Für die Kirchenpräsidentin, die seit 30 Jahren in und um Kaiserslautern lebt, ein „Heimspiel“.

„Wir wollen Menschen unter Menschen, mit Menschen und für Menschen sein“, betonte Wüst. Für die Begegnungen bei Häppchen und Getränken an den dekorierten Stehtischen im Hof der Stiftskirche wünschte sie für alle „Offenheit im Austausch und das gute Gefühl, eben nicht allein zu sein“.

Zusammenarbeit von Kirche und Verwaltung reflektieren

Mit Bezug auf die im Lukas-Evangelium überlieferten Begegnung von Maria mit ihrer Cousine Elisabeth ermunterte Dekan Steffen Kühn vom Dekanat Kaiserslautern der Katholischen Kirche zum Glauben als Fundament der christlichen Familie, die sich gegenseitig wertschätze und über die Bürokratie hinweg zur geistlichen Begegnung hinausstrahle in die Welt.

Als Repräsentant des Landkreises stellte Landrat Ralf Leßmeister die Frage, ob eine Visitation der geeignete Anlass sein könne, über die Zusammenarbeit von kirchlichen Institutionen und kommunalen Verwaltungen zu reflektieren. In einer Zeit von Krieg und globaler Klimakatastrophe regte er an, bei Fragen von Normen und Werten gemeinsam um Orientierung zu ringen.

Endlich wieder volles Haus in der Stiftskirche

Die städtische Beigeordnete Anja Pfeiffer hob in ihrem Grußwort die Bedeutung der Kirche als Bewahrer der Werte, als moralische Instanz und als Partner der Stadt mit enormem sozialen Engagement hervor. Ob in Kitas, im Schulunterricht oder im Einsatz für Hochbetagte: Ohne die Kirche könne die Stadt ihren gesellschaftlichen Auftrag nicht wahrnehmen, so Pfeiffer. Als Sinnstifter der Gesellschaft und Ort des Friedens werde Kirche auch im 21. Jahrhundert gebraucht.

Nach drei Monaten, zwar mit offenen Türen aber ohne Gottesdienst in der Stiftskirche, freute sich Dekan Richard Hackländer am Freitag über ein volles Haus. Die Kirchengemeinde werde kleiner, bemerkte er in seinem Schlusswort. Daher wolle und müsse die Gemeindearbeit mit weniger Mitgliedern neu strukturiert werden. Klimaverhältnisse und geänderte Bedürfnisse forderten, im Auftrag Gottes auf die Menschen zuzugehen: „Nur dann können wir Kirche sein.“

x