Kaiserslautern Verteiltes Land bringt Wohlstand für viele

91-89256145.jpg

Landstuhl. Um nach dem Dreißigjährigen Krieg die Landwirtschaft wieder zu fördern, schufen die Herren von Sickingen im Jahr 1700 sogenannte Losgüter. Das waren große Parzellen und Flurstücke in der Gemarkung, die von den Bauern der Gemeinde bewirtschaftet werden konnten. Diese Losmannschaften, eine rechtliche Besonderheit der Agrarwirtschaft, bestanden auf der Sickingerhöhe zum Teil noch bis ins 19. Jahrhundert.

Der Dreißigjährige Krieg war vorbei, aber es dauerte noch eine Weile, bis die Sickinger ihr hiesiges Gebiet wieder in Besitz nehmen konnten. Die Freiherren Sickingen zu Sickingen und Sickingen zu Hohenburg teilten ihre Herrschaft unter sich in das Großgericht und das Kleingericht auf. Sie unternahmen zudem etwas für die Bevölkerung, indem sie in den Dörfern sogenannte Losgüter einrichteten. 1699 kamen die beiden Freiherrn von Sickingen in Landstuhl zu einem „Congreß“ zusammen, um mit ihren Amtmännern über die Lage zu beraten. Während der Kriegswirren waren viele ihrer Untertanen geflohen oder umgekommen, die Häuser und Höfe zerstört oder zerfallen, die Felder und Wälder ungenutzt oder verwildert. Man beschloss daher, die „Caduc-Güter“, das herrenlose Land, das an die Sickinger zurückgefallen war, an die verbliebenen oder zugewanderten Bauern zu verteilen. Dies diente dazu, die hiesige Landwirtschaft zu fördern, den Bauern zu besseren Erträgen zu verhelfen und ebenso der Herrschaft einige Einkünfte zu sichern. Bei der neuen Regelung wurde die Gemarkung nach der Zahl der ansässigen Bauern in Güterlose aufgeteilt, die jedoch im Gesamteigentum der Losgemeinschaft verblieben. Dem einzelnen Bauern gehörte neben dem Haus und Hof auch der Ertrag des Feldes und Waldes, für den er allerdings den Zehnten an die Herrschaft abzuliefern hatte. Mit der Aufteilung in Lose sollte auch erreicht werden, dass jeder Bauer in die Nutzung von jeder Art Boden der Gemarkung kam. Ein Losgut beinhaltete daher ein Stück Land über Berg und Tal sowie ein Teil Wald. Beim Land wurde zwischen Dungfeld und Außenfeld unterschieden. Dungfelder waren jene Grundstücke, die in der Nähe des Dorfes lagen und somit leicht zu bewirtschaften waren. Das Außenfeld befand sich in weiterer Entfernung vom Dorf und wurde vielfach als Wilderung oder Ödland bezeichnet. Die Vergabe oder der Verkauf der Losgüter im Rahmen der „Renovation“, der Erneuerung und des Wiederaufbaus der Sickinger Herrschaft, begann im Jahr 1700. Am 13. März verkauften die Freiherren an die Siedler von Bann 14 Losgüter von je 164 Morgen zu einem Preis von 60 Gulden. Die Gesamtfläche der Gemarkung mit 2296 Morgen ging damit in das Eigentum der neu gebildeten Losmannschaft über. Auf Queidersbach entfielen zwölf Lose von je 240 Morgen zu 70 Gulden. In Linden wurde das Land in ein Mühlengut und acht Losgüter zu je 178 Morgen aufgeteilt. In Oberarnbach war die Gemarkung in Lose zu je 100 Morgen eingeteilt. In Kindsbach konnten bei der Verteilung der Losgüter nicht alle vergeben werden, weil dort die Wiederbesiedlung noch zu gering war. Eine Besonderheit nahmen dabei die Dörfer Gerhardsbrunn und Obernheim ein, weil sie die Losgüter am längsten beibehielten. Die Gemarkung von Gerhardsbrunn umfasste 1741 insgesamt 22½ Los, wobei ein Los etwa 29 heutigen Ar entsprach. Die Größe eines Hofes schwankte zunächst zwischen eineinviertel bis dreieinviertel Los, glich sich aber später durch Teilungen aus, so dass sie dann bei 17 Höfen zwischen eineinviertel und eineinhalb Los lag. In Gerhardsbrunn wurde das Losgüterrecht erst 1844 aufgegeben. In Obernheim betrugen die sickingischen Losgüter 1650 Morgen, die schließlich erst ab 1809 an die Bauern verkauft wurden. Nach dem Amtsrelationsbuch, das der Amtmann Frebus im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts in Landstuhl führte, waren für ein Losgut jährlich folgende Abgaben an die Herrschaft zu entrichten: „2 Gulden Schafftgeld, 4 Gulden Frohngeld, 12 Kreuzer für ein Fastnachtshuhn, 2 Malter Rauchhafer“. Dazu kam noch das Einbringen von Heu und Grummet und zwei Fahrten mit Wildbret nach Freiburg, wo der Freiherr von Sickingen-Hohenburg seinen Amtssitz hatte. Die von den Sickingern seinerzeit eingeführte Losgütergemeinschaft brachte die darniederliegende Landwirtschaft in der Region wieder in Schwung und verhalf den einheimischen Bauern zu einem gewissen Wohlstand. Die Losgüter lösten die mittelalterliche Gewannwirtschaft ab und waren vorteilhafter, weil sie die verstreuten Besitztümer in größeren Einheiten zusammenfassten. Mit den bäuerlichen Genossenschaften wurde eine Agrarverfassung eingeführt, die noch bis ins 19. Jahrhundert die Landwirtschaft der Sickingerhöhe prägte. Die Serie „Historische Augenblicke“, an denen in der Region Besonderes passiert ist, stellen wir in loser Folge übers Jahr verteilt im „Marktplatz regional“ vor.

x