Kaiserslautern Unauffällig, zurückhaltend, erfolgreich

Pflegen das Understatement: Klaus Strohauer (vorn), Tochter Finja und Neffe Andreas Strohauer. Das Unternehmen, das seinen Sitz
Pflegen das Understatement: Klaus Strohauer (vorn), Tochter Finja und Neffe Andreas Strohauer. Das Unternehmen, das seinen Sitz heute in der Von-Miller-Straße 12 in Einsiedlerhof hat, gehört zu den ältesten der Stadt. Der Firmenchef sitzt auf einem Stahltisch mit Holzplatte, wie ihn die Strohauer GmbH für Bäckereien herstellt.

Wer nicht genau hinschaut, der wird das Büro- und Fabrikgebäude glatt übersehen. Zwischen Coca Cola und Corning wirkt dieses Unternehmen in der Von-Miller-Straße 12 auf dem Einsiedlerhof fast winzig. Als mich mein Stammtischbruder Peter Krummel, Seniorchef von Lauterns bekannter Konditorei, ansprach, ob ich nicht mal „den Strohauer“ in der Serie „Lauter alte Lauterer“ vorstellen könne, sah er mich rätselnd. „Strohauer? Nie gehört.“ Nun, die beginnende Recherche ergab einen erstaunlichen Einblick: Die Strohauer GmbH existiert seit 1881 und gehört zusammen mit Schuster&Sohn (gegründet 1871) zu den ältesten Unternehmen in der Stadt.

Mein Gesprächspartner, der mich eingehend über diese Firma und deren Historie informierte, heißt Klaus Strohauer. Ein völlig unprätentiös auftretender Mann, dem anzusehen ist, dass er eher in der Werkstatt anpacken will als am Schreibtisch zu sitzen. Und einer, der in klarem „Laudrerisch“ kein Blatt vor den Mund nimmt. Drumherum reden ist nicht seine Sache. Was die Strohauer von Beginn an auszeichnet, ist das Erkennen einer Nische, eines Angebots, das sie als Alleinstellungsmerkmal für sich beanspruchen dürfen: Backmulden aus Stahlblech für Teigwaren. Dass sich das besonders für Bäckereien und Restaurants gefertigte Produkt im Laufe der Jahrzehnte derart modifizieren und mit einer mannigfaltigen Palette anreichern würde, hätte sich Justus Strohauer 1881 wohl nicht träumen lassen, als er sich als Schlosser in der Humboldstraße niederließ. Am Anfang fertigte er „alles, was ein Schlosser und Schmied eben so macht“, skizziert sein Ur-Ur-Enkel das Arbeitsfeld des Altvorderen. Doch eine Idee erwies sich als richtungsweisend. Die Backmulde eben. Das Geschäft florierte, die Aufträge überschwemmten die inzwischen kleine Firma, in der Mitarbeiter eingestellt wurden, und sich Justus’ Sohn Franz als kreativer Tüftler einbrachte. Der Zweite Weltkrieg unterbrach die erste Erfolgsgeschichte, die Werkstatt wurde bei einem Bombenangriff zerstört. Franz, der nach Aussage seines Enkels Klaus als ein „Sonnyboy“ galt, starb 1943 an einer Lungenentzündung. Doch der einfallsreiche Handwerker und tüchtige Geschäftsmann hatte in seinen Söhnen Adolf und Karl, wie er Schlossermeister, würdige Nachfolger. Als sie in den 1950er Jahren auf einer Messe von Händlern angesprochen wurden, die Hersteller für Arbeitstische suchten, setzten die Strohauer deren Wunsch in die Realität um. Die Arbeitsteilung im Betrieb war klar: Adolf erwies sich als der ideenreiche Organisator, Karl übernahm den Part des Praktikers. Längst platzte das ständig wachsende Unternehmen vom Platzangebot aus allen Nähten. Die Folge: Ein neues Firmengebäude entstand am Blechhammerweg 32. Die Basis für alle hergestellten Produkte: Edelstahl. Die Kunden: Vornehmlich Bäckereien, später Großbäckereien und Restaurants. Klaus über seinen Vater: „Er hat immer gesagt: Das ist die Zukunft.“ Auch wenn Herstellung und Material sehr kostenintensiv waren. Freilich verlief die Zusammenarbeit zwischen den Brüdern nicht immer harmonisch. Dazu waren sie zu unterschiedlich. Da der Adolf, der eigentliche Motor, ständig auf Ideensuche und neuen Absatzmöglichkeiten, dort Karl, der Schaffer, der in der Werkstatt lieber allein tüftelte. Der Familienrat beschloss daher, Karl auszubezahlen und Adolf die Geschicke des Unternehmens allein zu überlassen. Die Entwicklung der Firma erlitt dadurch keinen Knick. Ständig ging die Zahl der Produkte nach oben, in den 70er Jahren beschäftigte Strohauer zeitweise fast 60 Mitarbeiter. 1981 starb der Firmenchef. Er hatte vorgesorgt: Werner, der Schlossermeister, übernahm, kurze Zeit später trat sein Bruder Klaus, er lernte Maschinenbauer, in das weiterhin florierende Unternehmen ein. Der jüngere Strohauer auf die Frage, ob er denn nicht einen anderen Berufswunsch gehabt habe: „Nach der Mittleren Reife stand fest, hat jedenfalls der Vater bestimmt, du wirst was Besseres: Maschinenbauer.“ Und bei diesen Worten grinst Klaus vielsagend: „Ich bin geboor wor fer däs!“ Das Bruderpaar harmonierte, der Laden brummte. Im Bereich Arbeitstische und Bäckerei-Ausstattung war der Familienbetrieb längst Marktführer deutschlandweit. Und wieder wurde expandiert: Dieses Mal entstanden in der Von-Miller-Straße Firmengebäude; der erste Bauabschnitt 1995, der zweite 1999. In jenem Jahr musste Werner aus gesundheitlichen Gründen passen. Strohauer produziert bis heute vornehmlich Sonderanfertigungen. Das Angebot ist riesig. Arbeitstische aller Art, Vielzweckwagen, Transportgeräte, Frosterwagen, Steh- und Wandpult, Spinde, Regale, und, und, und. Auf mehreren Seiten wird im Internet angeboten, was alles hergestellt wird. Längst sind die Produkte in vielen europäischen Ländern gefragt. Bis nach Island liefert das Understatement-Unternehmen mit seinen 40 Mitarbeitern, darunter acht Auszubildende für Metallbau und Konstruktionstechnik. „Das Geschäft läuft derzeit super. Wahnsinn“, sagt Klaus Strohauer etwas stolz. Er verhehlt allerdings nicht zwei Komponenten: Zum einen die Händlerverträge mit „Bäko“ und „Fachback“, die einen kontinuierlichen Absatz garantieren, und eine zuverlässige und kenntnisreiche Belegschaft. Strohauer: „Mer brauchd äfach gude Leid. Unn die hämmer.“ Inzwischen arbeiten Andreas Strohauer (41), der Sohn von Werner, und von Beruf Betriebswirt (FH), und Klaus’ Tochter Finja (26), Kauffrau, mit im Betrieb. Angelika Strohauer, die Angetraute des Chefs, hilft zuweilen in der Buchhaltung mit aus und vervollständigt die Familiengilde, deren Oberhaupt Marga Strohauer mit 93 die Entwicklung der Firma wohl mit staunenden Augen verfolgt. Das Unternehmen lässt Klaus Strohauer kaum Zeit für Hobbys und große Urlaube. Im vergangenen Jahr gab’s eine Ausnahme: Zum 60. ging’s vier Wochen nach Australien. Der jährliche „Luxus“ besteht aus mal zwei Wochen Urlaub mit dem Wohnmobil nach Spanien oder Italien. Und aus „Ausritten“ auf seinem geliebten Motorrad mit Freunden: Auf einer BMW, Baujahr 1984. Eine neue, schicke, schnelle, nein, die würde zu dem bodenständigen Klaus Strohauer ohnehin nicht passen.

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