Kaiserslautern Tonnenschwere Texte

Es ist Maxims letzter Tourtag, und weil so viele ihn hören wollen, wird sein Konzert kurzerhand vom Cotton Club ins Kasino verlegt. Während die Vorband eher wehmütige Klänge anstimmt, kommt der 31-Jährige hochmotiviert auf die Bühne. „Heute hauen wir noch mal so richtig rein“, sagt er und fackelt nicht lange.

Schon dröhnt der Bass, schon pulsiert das Schlagzeug, als der Sohn einer französischen Mutter und eines deutschen Vaters mit rauchiger James-Morrison-Stimme schonungslos ehrliche Texte intoniert. Nach sieben Jahren der Erfolglosigkeit sei er nun dankbar, endlich Musiker sein zu dürfen. Und das spüre ich mit jeder Faser. Maxim singt sich die Seele aus dem Leib, gibt sich völlig hin und geht komplett darin auf. Die Musik von Maxim geht ins Ohr, packende Hooks und einprägsame Beats laden durchaus zum Tanzen ein. Zugegeben: Wahnsinnig innovativ sind die Melodien nicht, aber das Rad muss ja nicht ständig neu erfunden werden. Musikalisch setzt der junge Künstler ganz klar auf Altbewährtes, auf dahinfließende Nummern, die nicht schlecht sind, aber den Hörer auch nicht vom Hocker reißen. Was aber auch nicht weiter schlimm ist, denn viel lieber lasse ich mir die Worte, die Maxim da mit markanter Stimme singt, durch den Kopf gehen. Die Nummern des Künstlers sind nämlich viel zu schade zum „einfach nur Hören“. Und dafür sind sie mit Sicherheit auch nicht gedacht. Stattdessen kommen die Textzeilen tiefgründig und voller Poesie daher. Eine echte Rarität in unserer schnelllebigen Konsumgesellschaft, in der es Bands aus der Retorte mit stupiden Texten und drei Akkorden immer wieder an die Spitze der Charts schaffen. Nein, die Texte von Maxim sind anders, genau wie er selbst. Sie passen zu ihm, dem einstigen Waldorfschüler, dem Studienabbrecher, der sich immer wieder neu erfindet. Sie sind voller Facetten und offenbaren sich dem Hörer oft erst auf den zweiten Blick. Neben „Soldaten“, seinem bisher erfolgreichsten Lied, in dem er die Trennung von seiner Freundin verarbeitet, ist es auch seine aktuelle Single „Haus aus Schrott“, die nicht mehr loslässt. Kommt die Melodie noch federleicht, offenbart sich der Text als tonnenschweres Gebilde, in dem der Hörer umherwandert wie in einem Labyrinth. An jeder Ecke lauert Erkenntnis, folgt ein neuer Aha-Effekt, und nicht selten bleibt die Frage, wie ein Mensch seine Gefühle so dermaßen komplex in Worte fassen kann. Neben dem Titel „Wut“, in dem Maxim äußerst selbstkritisch seine wachsende Gleichgültigkeit anprangert, begeistert auch die Nummer „Staub“ mit coolem Sound und einem Text, der unter die Haut geht. Mit seinen Liedern malt Maxim Bilder, holt mich ab, nimmt meine Hand und zeigt nicht nur sein aufgeräumtes, vorzeigbares Ich, sondern ganz viel von den chaotischen, verstaubten, dunklen Ecken, die viele von uns so gerne verstecken. Ganz tief in ihn rein dürfen wir an diesem Abend schauen, wir, die ihm unbekannt sind und bleiben. Im Gegensatz dazu habe ich nach dem Konzert den Eindruck, einen wirklich einzigartigen Menschen und Musiker kennengelernt zu haben. Und das, muss ich sagen, ist ein wirklich gutes Gefühl.

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