Kaiserslautern Stimmung bis zur letzten Sekunde

Ein Mann, eine Stimme, ein grandioses Konzert: Eben noch auf der Berliner Fanmeile mit Jogis Jungs den Weltmeistertitel gefeiert, schon beehrte Andreas Bourani seine Fans in Kaiserslautern und eröffnete am Freitagabend das zweitägige Lichterfest in Trippstadt. Mit musikalischen Perlen von den Alben „Staub und Fantasie“ und „Hey“ nahm der Singer-Songwriter das Publikum direkt für sich ein.

Eine halbe Stunde dauerte der Umbau auf der Bühne, nachdem die Lokalmatadoren von Season Four ihr großartiges Vorprogramm beendet hatten. In den Augen des gespannt wartenden Publikums waren es aber gefühlt eher sechs Stunden. Besser könnte es für Andreas Bourani derzeit nicht laufen: Der gebürtige Augsburger mit ägyptischen Wurzeln ist die Neuentdeckung der deutschen Musikszene. Goldstatus für seine erste Single „Nur in meinem Kopf“, Platz acht in den Album-Charts für den neuesten Silberling „Hey“ und dazu mit „Auf uns“ ein Lied, das in die Riege der Hymnen deutschen Fußball-Nation aufgenommen wurde. Seit Monaten führt es die Single-Charts an. Bourani hat bewiesen, dass er als Vollblutmusiker nicht im One-Hit-Wonder-Sog verschwinden will. Bouranis Erfolgsrezept: Tiefgang statt melodischer Ausschweifungen, lyrische Botschaften von Hoffnung statt Verzweiflung und zurückhaltender Authentizität statt übertriebener Bühnenpräsenz. Lieblos zusammengereimte Plattitüden und schnell produzierte Radio-Dauerläufer gibt es bei ihm nicht. Er stellt seine Hörer mit jeder Komposition vor eine Herausforderung: Sie müssen nachdenken, mitdenken, teilweise sogar anders denken, um den Kern jeder Aussage zu begreifen. Loslassen, aber auch Zusammenhalten sind Themen, die sich durch nahezu all seine Werke ziehen. Hin und wieder schrammt er ganz dicht am Kitsch vorbei. So verhält es sich etwa mit dem Song „Zusammen untergegangen“, einer typische Ode an die „gemeinsam sind wir stark“-Mentalität. Dagegen zelebriert die wehmütige und schwerfällige Trennungs-Ballade „Auf anderen Wegen“ das Loslassen. Bouranis Gesang legt sich dabei wie Nebel über die tiefen Täler der Gefühlslandschaft und lässt sogar die Konturen eines kitschigen Schmachtfetzens zeitweise verschwimmen. Auch der Titeltrack „Hey“ ruft zum Loslassen auf, allerdings nicht von geliebten Menschen, sondern von den eigenen Versagensängsten. Ein Weckruf, der zur Selbstreflexion ermutigt, um sich von äußeren Zwängen zu befreien. Musikalisch in bedächtigem Tempo umgesetzt, gab der Song auch dem schunkelnden Publikum vor der Bühne Zeit. Deutlich temperamentvoller ging es bei „Ultraleicht“ und „Nimm meine Hand“ zur Sache, die sich beide in lyrische Höhen schwangen, durch Bouranis Stimme aber nie ganz an Bodenhaftung verloren. Dass der Musiker in seinem Schaffen keine Grenzen kennt, demonstrierte er bereits im Anfangsstadium seiner Karriere, allen voran durch die Kollaboration mit der Band Unheilig. Es klingt im ersten Moment nach einer schrägen Vereinigung, hat doch Bouranis luftig leichter Pop so gar nichts mit dem düsteren Elektro-Rock des Grafen zu tun. Doch bei genauerem Hinhören offenbaren sich einige Gemeinsamkeiten: Beide Musiker setzen auf ehrliche Emotionen, einen Hauch Melancholie und ein hohes Maß an Pathos. Entstanden ist der ebenmäßige Titel „So wie wir waren“, den Bourani an diesem Abend zwar im Alleingang, aber nicht mit weniger Ausdruckskraft zum Besten gab. Bei der emotionalen Berg-und Talfahrt durfte „Auf uns“ als Soundtrack zum vierten Weltmeistertitel der deutschen Nationalmannschaft natürlich nicht fehlen. Noch einmal lebte die Euphorie vom 13. Juli auf und der Song, der ursprünglich als Hommage an Leben und Freundschaft gedacht war, wurde ausgiebig gefeiert. Das Publikum dankte mit Stimmung bis zur letzten Sekunde.

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