Kaiserslautern Selbstironischer Fastnachter
Mittwochabend. Dramatische Sekunden in der Mehrzweckhalle Fischbach. Ein blauer Fastnachter bedroht die anwesende Pressevertreterin mit einer Pistole: Jetzt müsse die ganze Wahrheit in die Zeitung. Es knallt. Alles lacht. Was war geschehen?
Eigentlich nichts Ungewöhnliches. Nur, dass Georg Herzog, der Karnevalvereinspräsident, abtritt. Wir sind im Chawwerusch-Theaterstück „Der Präsident – eine Legende tritt ab“. Immerhin nach 44 Jahren und massenhaften Engagements auf ganzer Linie. Doch nun ist Schluss. Nun endlich bekommt er den wohlverdienten Goldenen Löwen mit Diamanten, den Orden, der ihm noch fehlt. Während Herzog sich in der Garderobe schminkt und als roter Teufel kostümiert, lässt er die Jahre Revue passieren. Von Anfang an. Damals als sein Talent entdeckt wurde. Ach ja – diese tollen Jahre, Erfolge, Freunde, der Vorsitz im Elferrat und dann die Präsidentschaft, als niemand sonst wollte. Doch nun ist es auch mal gut. Heute Abend also seine letzte Büttenrede. Eine Stimme aus dem Off erinnert an verbleibende Zeiten: erst 30, dann 20, dann zehn Minuten „bis zum Auftritt“. Und jetzt „Herr Herzog, auf die Bühne bitte!“. Er öffnet die Tür, dreht sich kurz um und meint als Schauspieler Thomas Kölsch, der in dem Stück Herzog spielt: „Bis alles rum is, machen eer mol schää Pause!“. Heiterkeit macht sich im Saal breit. Das Lachen steckt noch in den Kehlen; denn Kölsch bringt kernige Worte, Sprüche, Szenen exakt auf den Punkt. Klasse! Immerhin „isch Fasenacht ä ernschti Sach!“ Nach der Pause lautes Getöse. Ein aufbrausender Präsident reißt die Garderobentür auf. „En Tusch, de Narrhallamarsch und raus! Keen Händedruck, kee Blümel, noch net emol en Zinnteller wenigstens.“ Hochrot bebt er in Empörung pur: „Wer hat denn alles gemacht!“ Und nun das. Eine Off-Stimme meldet sich, erinnert an „Fehler“. Nun ja, dies oder das war wohl nicht so gut. Doch was ist das? Eine Pistole? Wie kommt die hierher? Herzog, zutiefst beleidigt, glaubt zu verstehen. Es knallt. Mehrmals. Das Geschoss trifft mitten auf die Stirn. Die Legende – sie ist tot. Stille bis im Off ertönt: „Herr Herzog, bitte zur Ordensverleihung.“ Stille im Saal. Sekunden später – schallendes Lachen und Klatschen. So mancher verstand und sah da auf der Bühne das eigene, ziemlich scharfkantig umrissene Spiegelbild, das sich mit der Geschichte auf die Bühne geschlichen hat. Denn wer kennt es nicht, das heimliche Warten auf Lobeshymnen. Und diese finden sich traditions- und fastnachtsbewusst als Orden wieder. Doch trotz Selbstmord ging Herzog alias Kölsch an diesem Abend nicht leer aus: der Kulturverein verlieh ihm Orden für den Gaumen als Dank für die anregend amüsante Farce mit Wiedererkennungsmerkmalen.